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Weshalb Elterntaxis am Freitag in der Region Döbeln gern gesehen sind

Aufgrund des ganztägigen Streiks bei Regiobus fällt auch der Schülerverkehr komplett aus. So gehen die Schulen in der Region Döbeln mit der Situation um.

Von Cathrin Reichelt
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Wer am Freitag an einer Haltestelle auf einen Bus hofft, wartet vergeblich. Denn vom Streik im öffentlichen Personennahverkehr ist auch Regiobus Mittelsachsen betroffen. Die Schulen setzen auf die sonst eher verpönten Elterntaxis.
Wer am Freitag an einer Haltestelle auf einen Bus hofft, wartet vergeblich. Denn vom Streik im öffentlichen Personennahverkehr ist auch Regiobus Mittelsachsen betroffen. Die Schulen setzen auf die sonst eher verpönten Elterntaxis. © SZ/DIetmar Thomas

Region Döbeln. Die Fahrzeuge von Regiobus bleiben am Freitag im Depot, Haltestellen sind verwaist. Die Mitarbeiter des mittelsächsischen Unternehmens beteiligen sich am Streik des öffentlichen Nahverkehrs, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hat.

Besonders hart trifft es die Region Döbeln, in der keine Subunternehmen eingesetzt sind, die den Ausfall der Fahrten zumindest etwas kompensieren könnten.

Schüler ohne Alternative

Während viele Arbeitnehmer auf das eigene Fahrzeug umsteigen oder Fahrgemeinschaften bilden können, gibt es für Schüler kaum eine Alternative, um selbst in die Schule zu gelangen.

Aber eine Umfrage dieser Zeitung zeigt: Nach den Erfahrungen während des Bauernprotests sehen die Bildungseinrichtungen die Situation gelassen und sind vorbereitet.

Aufgrund der kurzfristigen Ankündigung weisen die meisten Schulen auf ihrer Internetseite oder über Lernsax auf den Busstreik hin.

„Wir sind mit den Eltern aber auch per E-Mail in Kontakt“, sagt eine Mitarbeiterin der Grundschule Döbeln Ost. Ohnehin tangiere sie der Streik weniger, da die meisten Kinder den Schulweg zu Fuß zurücklegen.

Direkt mit den Schülern wurden die Auswirkungen des Streiks am Donnerstagmorgen in der Freien Landschule Döbeln besprochen.

„Einige Eltern werden Fahrgemeinschaften bilden“, ist sich Susann Gasse, Vorsitzende des Trägervereins und Leiterin der Schule, sicher. Mädchen und Jungen, die die Schule aber nicht erreichen können, sollten Arbeitsblätter für die Themenbereiche, die sie gerade bearbeiten, mit nach Hause nehmen und dort weiterarbeiten.

Praxistag der Landschule betroffen

Schade findet es Susann Gasse, dass der Streik gerade an einem Freitag stattfindet. „Das ist unser Projekttag“, sagt sie. Geplant sei, dass die Fünftklässler für den Umweltschutz in der Stadt Döbeln Müll sammeln und die Sechstklässler die Kleine Galerie besuchen.

Für die Siebtklässler steht ein Praxisschnuppertag an. „Es ist besonders bitter, dass diesen praxisbezogenen Tag nun nicht alle nutzen können“, meint die Schulleiterin.

„Einen solchen Tag kann man nur bedingt steuern. Von unserer Seite aus besteht da keine Hektik“, sagt Michael Höhme, Leiter des Döbelner Lessing-Gymnasiums. Er schätzt, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Gymnasiasten mit dem Bus zur Schule kommen.

Dabei gebe es prinzipiell eine Faustregel: Kommt nach 20 Minuten Warten an der Haltestelle kein Bus, sollte der Schüler nach Hause zurückkehren und nach einer anderen Möglichkeit für den Schulweg suchen.

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Die Erfahrung des letzten Streiks zeige, dass nur sehr wenige Schüler keine solche Möglichkeit finden oder haben. „Und dann geht die Welt auch nicht unter“, so Höhme. Die Schüler würden mit ausreichend Aufgaben versorgt, die sie auch zu Hause erledigen könnten.

Er habe Verständnis, dass Menschen ihren Unmut auf die Straße bringen. „Aber das hat immer Folgen für andere“, meint Michael Höhme. Und Schule sei ein besonders sensibler Bereich. „Wir brauchen eigentlich jeden Schultag.“

Annett Lorenz-Ziegenbalg, Leiterin der Waldheimer Grundschule, geht davon aus, dass die Eltern Fahrgemeinschaften bilden und jene, deren Kinder nicht zum Unterricht erscheinen können, auch entschuldigt werden.

Sie bekämen über Lernsax Aufgaben, vorzugsweise in Mathematik, Deutsch und Sachkunde.

Ähnlich handhabt es die Sigesmund-Reschke-Grundschule Leisnig. „Bei den vorangegangenen Streiks haben wir gute Erfahrungen gemacht“, so Schulleiterin Therese Bretschneider. Da hätten sich Eltern „dörferweise“ organisiert.

Streik ist ein legitimes Mittel

Falls es der eine oder andere Schüler nicht in die Oberschule Waldheim schafft, „üben wir uns in Nachsicht“, meint Schulleiter Jan Genscher. Aber er erwartet auch, dass die Eltern ihre Kinder entschuldigen.

„Streik ist ein legitimes Mittel. Und eventuell sind auch Eltern von Schülern dabei, die davon profitieren“, so Genscher.

Anders als bei den Bauernprotesten hat diesmal das Berufsschulzentrum Döbeln entschieden. „Damals haben wir Homeschooling gemacht. Das wiederholen wir nicht“, erklärt Schulleiterin Katrin Neumann.

Jeder Schüler sei selbst für seinen Schulweg verantwortlich. Wer nicht erscheint, sei entschuldigt, müsse sich aber eigenständig darum kümmern, den versäumten Stoff nachzuholen.