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Warnstreik bei Regiobus Mittelsachsen: Finanzielle Schere klafft immer weiter auseinander

Die Mitarbeiter der Firma fordern mehr Geld. Bleiben die Arbeitgeber bei ihrem derzeitigen Angebot, könnte ein längerer Ausstand folgen.

Von Cathrin Reichelt
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Bei Regiobus in Döbeln sind am Freitag alle Busse im Depot geblieben. Vor dem Werktor haben die Beschäftigten für einen neuen Tarifvertrag gestreikt.
Bei Regiobus in Döbeln sind am Freitag alle Busse im Depot geblieben. Vor dem Werktor haben die Beschäftigten für einen neuen Tarifvertrag gestreikt. © SZ/DIetmar Thomas

Döbeln/Mittweida. Sie waren gut vorbereitet, um den Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt stundenlang zu trotzen. Rund 40 Mitarbeiter des Döbelner Betriebshofes von Regiobus sind dem Streikaufruf von Verdi am Freitag gefolgt.

Die Hallentore des Depots blieben geschlossen. Vor dem Betriebsgelände loderte ein Feuer, über dem in einem großen Topf Bockwürste erwärmt wurden. Auch für heiße Getränke war gesorgt.

Aber, wer auf der S 32 von oder zur B 169 am Abzweig zu Regiobus vorbeifuhr, bemerkte den Ausstand der Mitarbeiter kaum. Nur eine Fahne und ein am rund 200 Meter entfernten Zaun befestigtes Plakat machte bildlich auf den Warnstreik aufmerksam.

Der habe gegen 3 Uhr in der Nacht begonnen und werde den gesamten Tag über dauern, erklärte ein Mitglied des Betriebsrates und der Tarifkommission. Gleiches gilt für die Regiobus-Zentrale in Mittweida, wo sich weniger als 20 Mitarbeiter an dem Ausstand beteiligt haben.

Störungen nach Streikende möglich

Während in Döbeln alle Räder still stehen, weil in der Region prinzipiell keine Subunternehmen eingesetzt werden, sind im Gebiet von Freiberg und Mittweida etwa 60 Busse unterwegs, „überwiegend von Auftragsunternehmen“, erklärt Henning Schmidt, Fachbereichsleiter Verkehr, auf Nachfrage.

Eine konkrete Zeit, wann der Streik beendet sein wird, ist nicht bekannt. Aber auch danach könne es „in einer Übergangsphase noch zu weiteren Störungen kommen, bis alle Verkehrsangebote wieder nach Regelfahrplan verkehren“, informiert Regiobus auf seiner Internetseite.

Vor vier Jahren haben die Mitarbeiter von Regiobus zum letzten Mal mit einem Streik Verbesserungen durchgesetzt. Daraus resultiert unter anderem eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich, die seit 1. Januar dieses Jahres gilt.

Diesmal gehe es vor allem um die Vergütung der Angestellten der Nahverkehrsunternehmen, sagt Verdi-Verhandlungsführer Sven Vogel. Die Gehaltsschere zwischen den Beschäftigten des Landkreises als Aufgabenträger und den Mitarbeitern von Nahverkehrsunternehmen klaffe immer weiter auseinander.

Derzeit bestehe ein Unterschied von rund 600 Euro, so Vogel. Daraus resultierend habe er schon Reaktionen erlebt, wie: „Da fahre ich lieber Gülle, verdiene mehr und habe keine Verantwortung für Fahrgäste.“

Arbeitgeber-Angebot untragbar

Zwei Verhandlungsrunden habe es bereits gegeben. Das Ergebnis bezeichnet Vogel nicht nur als vollkommen unzureichend. „Eine Laufzeit des Tarifvertrages von 28 Monaten ist untragbar“, meint er.

Konkret würden die Arbeitgeber eine Erhöhung der Vergütung um fünf Prozent ab Oktober dieses Jahres anbieten. Jeweils drei Prozent Erhöhung sollen zum Januar 2025 und September 2025 folgen. Zudem solle bis Juni 2024 in zwei Schritten eine Inflationsprämie in Höhe von 2.000 Euro gezahlt werden.

Für die Erhöhung der Ausbildungsvergütung liege kein Angebot vor. Auch in Bezug auf die Anwendung des Tarifvertrages auf geringfügig Beschäftigte, zum Beispiel Rentner, sei keine Einigung erzielt worden.

Mindestens 15 Busfahrer fehlen

„Den Unternehmen rennen die Leute weg und es kommen keine neuen“, sagt Vogel. Fehlendes Personal bestätigt auch Henning Schmidt. „Wir benötigen mindestens 15 weitere Busfahrer, um die bestehenden Notfahrpläne zurückzusetzen“, erklärt der Fachbereichsleiter von Regiobus.

Die Anschaffung von Fahrzeugen werden gefördert, die Personalkosten nicht, kritisiert Sven Vogel. Der Freistaat Sachsen fordere den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

„Aber wir werden zu tun haben, den jetzigen Stand zu halten“, meint der Verdi-Verhandlungsführer. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 23. Februar geplant. Davor sei ein weiterer Ausstand möglich. Verliefen die Gespräche erneut ergebnislos, werde die Tarifkommission entscheiden, ob und in welchem Umfang weiter gestreikt wird.