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Arbeitskampf: Erste Mitarbeiter verlassen Regiobus Döbeln

Zum dritten Mal unterstreicht ein Streik die Forderung nach mehr Geld. Alle Busse bleiben im Depot – bis auf einen.

Von Cathrin Reichelt
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Zum dritten Mal innerhalb von vier Wochen streiken die Mitarbeiter von Regiobus für eine bessere Vergütung.
Zum dritten Mal innerhalb von vier Wochen streiken die Mitarbeiter von Regiobus für eine bessere Vergütung. © SZ/DIetmar Thomas

Region Döbeln. Es ist Jahrzehnte her, dass die Mitarbeiter von Regiobus mit einem Streik so massiv Druck aufgebaut haben, wie derzeit. Es sei kurz nach der Wende gewesen und das Busdepot noch an der Fichtestraße, erinnern sich ältere Mitarbeiter. Damals habe der Ausstand fünf Tage am Stück gedauert.

Auch diesmal werden es letztendlich fünf Tage sein, an denen die Busse still stehen – allerdings innerhalb von vier Wochen. Am Donnerstag um 3 Uhr hat der dritte Streik begonnen, der bis zum Freitag um Mitternacht dauern soll.

Eine Ausnahme gibt es jedoch. Ein Bus wurde bereits am Mittwochabend aus dem Depot gebracht und hat anderswo „übernachtet“. Er ist der Einzige, der unterwegs ist: am Morgen auf der Linie 750 nach Freiberg und zurück sowie in der Mittagszeit je einmal im Stadtverkehr Döbeln auf der Linie A und B.

Forderung: 22 Prozent mehr Lohn

Die Mitarbeiter von Regiobus haben sich erneut vor dem Tor der Döbelner Betriebsstätte versammelt, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Sie hoffen unter anderem auf eine Erhöhung der monatlichen Vergütung um 22 Prozent oder mindestens 750 Euro.

„Das klingt vielleicht viel. Aber wir fragen uns, weshalb die Mitarbeiter in anderen Verkehrsunternehmen diese Erhöhung erhalten haben und wir nicht“, sagt ein Mitglied des Betriebsrates und der Tarifkommission.

Seit mindestens einem halben Jahr hätten die Mitarbeiter der Leipziger, Chemnitzer und Grimmaer Verkehrsbetriebe in der Lohntüte, was Verdi jetzt unter anderem für die Angestellten bei Regiobus fordert. „Die anderen Unternehmen gehen bald in die nächste Verhandlungsrunde. Dann stehen wir wieder hintenan“, so der Betriebsrat.

Es sei selbstverständlich, dass die Busse pünktlich sind, aber wie die Busfahrer arbeiten, wüssten nur die wenigsten, meint einer der Fahrer. „Von der 38,5-Stunden-Woche, die wir seit Beginn des Jahres haben, merken wir nichts“, sagt er.

Schuld seien die geteilten Dienste: Morgens eine Schicht, danach einige Stunden frei, um am Nachmittag erneut einige Stunden zu arbeiten, auch an zwei Wochenenden pro Monat.

Zum Linienverkehr komme der Gelegenheitsverkehr. „Das sind zum Beispiel die Busschule für die Erstklässler, Kinder zum Schulschwimmen oder ins Ferienlager zu fahren“, konkretisiert der Fahrer. Er macht auch auf die große Verantwortung der Busfahrer aufmerksam. Jene, die im Schülerverkehr unterwegs sind, transportierten teilweise mehr als 100 Kinder und Jugendliche.

Keine Zeit für die Familie

Bei Regiobus gebe es inzwischen viele Quereinsteiger – Lkw-Fahrer, Bäcker, Fleischer, die sich als Busfahrer bessere Arbeitsbedingungen erhofft hatten. Inzwischen kehre sich die Situation jedoch um. Der erste Mitarbeiter habe gekündigt. Er wechsle in den öffentlichen Dienst.

Weitere würden über diesen Schritt nachdenken. Denn der Job des Busfahrers sei wenig familienfreundlich. „Auch ich habe wichtige Zeiten meines Kindes nicht miterlebt“, sagt der Betriebsrat.

Der Ausstand habe aber auch eine positive Seite, sind sich der Betriebsrat und der Busfahrer einig. „Der Streik hat uns zusammengeschweißt“, meint der Fahrer. Sonst würden sich die Kollegen nur sehr selten sehen. Jetzt hätten sie die Möglichkeit, sich auszutauschen, Probleme zu diskutieren und auch Lösungen zu finden.

Ähnlich wie bei den vorangegangenen Streiktagen haben die Mitarbeiter von Regiobus vorgesorgt. In einem Metallkorb lodert ein Feuer. Ein Grill steht für die Roster zum Mittag bereit. Eine Keksdose macht die Runde. Es gibt heiße Getränke. Und die Zahl der Gartenstühle hat zugenommen.

Die Fahrgäste haben sich offensichtlich auf den Streik eingestellt. Die Haltestellen sind verwaist. Ansonsten nutzen an einem Wochentag durchschnittlich 35.600 Fahrgäste die Linien von Regiobus in Mittelsachsen.