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Dresden macht am Wiener Platz Tempo

Im beschleunigten Verfahren soll der neue Bebauungsplan für die Ostseite durchgepeitscht werden. Auch ein Hochhaus ist dort vorgesehen. 

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Beim Bebauungsplan hat sich die Stadtverwaltung am Entwurf des Hamburger Architektenbüros BOF orientiert.
Beim Bebauungsplan hat sich die Stadtverwaltung am Entwurf des Hamburger Architektenbüros BOF orientiert. © Visualisierung: BOF Architekten

Die Namen sind klangvoll: Sidonien Hof, Wiener Hof und St. Petersburger Hof. Gemeint sind drei neue Quartiere, die dem östlichen Wiener Platz endlich wieder ein Gesicht geben sollen. Bisher prägten eine Wiese, das alte Siemenshaus mit seinem Walmdach und die heruntergekommene, ehemalige Bahndirektion das Bild mitten in Dresdens Zentrum.

Der neue Bebauungsplan für das Areal, der bis zum 18. Januar öffentlich im World Trade Center ausliegt, sieht außerdem ein 14-geschossiges Hochhaus direkt neben dem Bahndamm vor – als Pendant zur Prager Spitze. Mit 50 Metern soll es zwar etwas niedriger werden als die Studentenwohnheime ringsherum. Dennoch erlangt der Bebauungsplan möglicherweise Rechtskraft, noch bevor die Verwaltung ein Hochhaus-Leitbild für Dresden entwickelt hat. Ein solches fordern Linke, Grüne und SPD im Stadtrat. Auch die Gesellschaft Historischer Neumarkt hatte zuletzt die vielen Hochhaus-Pläne für Dresden bemängelt und eine Debatte darüber gefordert. An das Hochhaus schließt sich noch ein niedrigerer Riegel parallel zum Bahndamm an.

Auf der Fläche stehen derzeit zwei alte, ungenutzte Häuser. Ansonsten gibt es nur viel Wiese. 
Auf der Fläche stehen derzeit zwei alte, ungenutzte Häuser. Ansonsten gibt es nur viel Wiese.  © René Meinig

Die drei Quartiere mit ihren geschützten Innenhöfen sollen in den Obergeschossen Büros und Wohnungen beherbergen. Unten sind Läden und Restaurants vorgesehen. Im Hochhaus-Riegel sollen ausschließlich Büros und Gewerbetreibende einziehen. Außerdem wird dort ein zweigeschossiges, oberirdisches Parkhaus integriert. Rund 120 Pkw hätten Platz. Die drei Quartiere erhalten eine Tiefgarage. Für das Siemenshaus und die alte Bahndirektion stellt sich die Verwaltung eine Sanierung vor, sie bleiben damit erhalten.

Der Bebauungsplan diene der Wiedernutzbarmachung von Flächen und der Innenentwicklung, demzufolge werde er im beschleunigten Verfahren aufgestellt, so die Stadtverwaltung. Das heißt, dass unter anderem auf einen Umweltbericht verzichtet wird. Eine artenschutzrechtliche Untersuchung habe aber stattgefunden. Diese ergab, dass die Fläche ein Lebensraum für einige Tiere ist. Dazu gehören 16 Vogelarten sowie drei Fledermausarten. Das sind der Große Abendsegler, die Zwergfledermaus und die Mückenfledermaus. Als Ausgleich sind mindestens 40 Nistkästen, zehn Halbhöhlen, 20 Fledermausgroßquartiere und 20 Fledermausquartiersteine vorgesehen. Der Verlust der Wiesen könne teilweise durch Tiefgaragen- und Dachbegrünung ausgeglichen werden, heißt es. Außerdem entsteht eine doppelte Baumreihe an der Wiener Straße im Gegenzug dafür, dass zehn Platanen gefällt werden.

Das gesamte Gebiet war einst Teil der historischen Platzrandbebauung des Wiener Platzes, der vom Hauptbahnhof aus den Auftakt und südlichen Eingang zur Dresdner Innenstadt bildete. Historische Karten von 1870 zeigen eine offene Villenbebauung. Zwischen 1900 und 1912 wich diese an der Prager Straße einer geschlossenen Blockrandbebauung. Während der Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges wurde das Areal, ähnlich wie die gesamte Seevorstadt, bis auf wenige Ausnahmen zerstört. Nach der Enttrümmerung war der gesamte Stadtteil eine große Brachfläche. Erst in den 1960er-Jahren wurden offene Wohnblöcke in Ziegelbauweise errichtet und ein großzügiges Straßennetz errichtet. Zudem entstanden von 1960 bis 1968 im östlichen Teil der Seevorstadt mehrere Hochhäuser. Zwischen 1965 und 1978 wurde die Prager Straße als Verbindungsachse zwischen Altstadt und Hauptbahnhof neu konzipiert und schrittweise errichtet. In dieser Zeit wurde auch die heutige St. Petersburger Straße als Teil der wichtigen Nord-Süd-Verbindung teilweise umverlegt und autogerecht ausgebaut.

Wann der Plan zum neuen Wiener Platz Ost umgesetzt wird, ist unklar. Dafür müssten Investoren gefunden werden.