Dresden
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Die letzte Schiffswerft von Dresden

Lange Zeit war die Schiffswerft in Dresden-Laubegast die einzige Werft an der Oberelbe. Vor 125 Jahren wurde sie im Sommer 1898 eröffnet.

Von Ralf Hübner
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Nach 1989 nahm die Zahl der Aufträge langsam ab. Das Fahrgastschiff Sachsenwald wurde im April 2004 in der Laubegaster Schiffswerft um fünf Meter verlängert.
Nach 1989 nahm die Zahl der Aufträge langsam ab. Das Fahrgastschiff Sachsenwald wurde im April 2004 in der Laubegaster Schiffswerft um fünf Meter verlängert. © Ronald Bonß

Nachdem in Blasewitz die Loschwitzer Brücke fertiggestellt worden war, das "Blaue Wunder", musste die dortige Schiffswerft weichen. Seit 1855 hatte die Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrt dort Schiffe gebaut. Doch Blasewitz wurde mit der neuen Brücke immer mehr zu einem begehrten Villenvorort. Die Bewohner fühlten sich vom Lärm und Schmutz des Betriebes gestört. Es hagelte Beschwerden. Blasewitz war für die Werft wohl auch etwas zu eng und zu teuer geworden, und so wurde in Laubegast auf dem Gelände der ehemaligen Schneidemühle des Holzhändlers August Oswald Spalteholz ein neuer Platz gefunden. Bis zum Umzug waren in Blasewitz 43 Raddampfer und vier Dampffähren vom Stapel gelaufen. Zudem entstanden dort das erste Fahrgastschiff mit elektrischer Lichtanlage, der Dampfer "Tetschen", und der erste Dampfer mit Oberdeck, der Dampfer "Bodenbach".

Der neue Standort in Laubegast maß 36.000 Quadratmeter. Die Gebäude des ehemaligen Sägewerkes wurden als Büro und Lager genutzt. Eine Dampfmaschine erzeugte eigene Energie. Der Schornstein war 25 Meter hoch. Eine 85 Meter lange Transmissionswelle führte durch die Werkhalle, mit der Maschinen und der Elektrogenerator angetrieben wurden. Es gab eine Schmiede und einen hölzernen Bockkran, mit dem bis 14 Tonnen schwere Dampfkessel aus den Schiffen gehoben oder eingesetzt werden konnten.

Mit zehn Karussell-Erdwinden, die von 80 Männern bedient werden mussten, wurden die Schiffe an Land gezogen. Nach 1922 stieg die Zahl der Beschäftigten der Laubegaster Werft auf 250 im Winter und 180 im Sommer. Die Werft firmierte als "Schiffswerft und Maschinenfabrik". 1927 wurden die alten Helgen abgebaut und eine Gleisanlage mit Slipwagen in Betrieb genommen. Die Schiffe und Fähren auf der Oberelbe, die gewartet und repariert werden mussten, sorgten für Beschäftigung.

Mit der Gründung der Elbe-Dampfschiffahrts-Gesellschaft begann 1836 die Fahrgastschifffahrt auf der Oberelbe. Zudem wurden Schiffstransporte für Industrie und Handel neben der Eisenbahn das wichtigste Verkehrsmittel. Das erste eiserne Schiff, das eine Dresdner Werft verließ, war 1837 der Raddampfer "Königin Maria", der auf einer kleinen Schiffsbauwerkstatt am Sachsenplatz gebaut wurde. 1855 wurde schließlich in Blasewitz jene Werft für Eisenschiffe gegründet und 1863 folgte der Unternehmer Otto Schlick mit einer Schiffswerft und Maschinenbauanstalt in der Neustadt , dem ersten Unternehmen in der Stadt, das komplette Dampfschiffe einschließlich Maschinen und Kessel herstellte. 1878 kam in Übigau eine weitere Werft hinzu, die sich später zur größten der Dresdner Werften entwickelte.

Der Seitenraddampfer "Auguste Victoria" war das erste Schiff, das 1899 die Laubegaster Werft verließ. Ihm folgten bis 1929 sieben Seitenraddampfer. Die zwei letzten dieser Schiffe waren 1926 die "Dresden" und 1929 die "Leipzig", die noch heute im Einsatz sind. Die sechs anderen Dampfer mussten 1945 als Reparation für den verlorenen Krieg an die Sowjetunion abgegeben werden. Ein weiterer geplanter Schiffsneubau wurde 1938 nicht mehr ausgeführt, da die Laubegaster Werft für die Rüstungsproduktion benötigt wurde.

Nach Kriegsende wurde die Werft schließlich komplett demontiert. Die noch etwa 20 Beschäftigten standen vor einem totalen Neubeginn. Mit aus den Trümmern geborgenen und geliehenen Maschinen und drei gesunkenen Personendampfern, die nach der Bergung repariert wurden, sowie der Produktion von Dingen des täglichen Bedarfs wie Leiterwagen, Matratzenrahmen oder Schuhsohlen aus Holz wurde der Neustart gewagt.

Ein Auftrag führte in die Insolvenz

Nach und nach wuchs die Belegschaft wieder auf 100 Mitarbeiter, verstärkt von ehemaligen Mitarbeitern der Werften aus Stettin und Danzig. Es gab wieder eine Lehrlingsausbildung im Holz-, Stahl- und Maschinenbau. Im neuen VEB Schiffswerft Laubegast, wie das Unternehmen jetzt hieß, wurde 1952 mit dem Bau des Küstenmotorschiffes "Timmendorf" begonnen. Diesem folgte der Neubau von weiteren 80 Schiffen, meist Motorfähren und technischen Fahrzeugen für den Wasserbau. Hinzu kam der Bau von Flachwasser- und Tiefwassertonnen für den Seehydrographischen Dienst der DDR.

Nach 1989 gingen die Aufträge zurück. Doch immerhin verließen zwischen 1991 und 1998 noch zwölf Dampfer und drei Autofähren die Werft. Ein Großauftrag für Fähren in Kenia führte das Unternehmen in die Insolvenz. 2013 folgte die Schließung. Die späteren Eigentümer gaben den Schiffbau auf. Ein Teil des früheren Werkes dient heute der Sächsischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft als Reparaturwerkstatt.