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Dresdner entscheiden über Verkehrsplan mit

Dresden muss das Klima besser schützen. Dabei spielt Verkehr eine wichtige Rolle. Dafür soll ein neuer Plan her, an dem die Dresdner mitarbeiten können.

Von Andreas Weller
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Wie soll sich Dresdens Verkehr entwickeln? Dazu sind nun auch die Dresdner gefragt.
Wie soll sich Dresdens Verkehr entwickeln? Dazu sind nun auch die Dresdner gefragt. © René Meinig

Dresden. Dresden verfehlt bisher die Klimaschutzziele, zu denen auch die Stadt laut des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 verpflichtet ist. Ein wesentlicher Faktor für die Umweltverschmutzung ist der Verkehr. Deshalb wird nun ein neuer Mobilitätsplan entwickelt.

1950 gab es den ersten Verkehrsplan für Dresden. Für den aktuellen ist Frank Fiedler vom Stadtplanungsamt der Projektleiter. Anders als bisher soll der Plan mit echter Beteiligung der Dresdner entwickelt werden.

Damit startet das Projekt auch. 1.000 Dresdner bekommen in diesen Tagen Post von der Stadt, können sich bewerben und einen Platz in einer Runde bekommen, die sich Mobilitätsdialog nennt.

Weshalb wird so ein Plan gebraucht?

Der aktuelle Verkehrsentwicklungsplan für Dresden ist von 2014. "Damit wurde 2009 begonnen, seitdem haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert", erklärt Verkehrs- und Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Das Klimaschutzabkommen gibt vor, dass alle Kommunen bis 2050 klimaneutral sein müssen. "Der Handlungsdruck ist deutlich sichtbar", so Kühn. "Dresden hat die Ziele bisher verfehlt."

Der Verkehr hat einen wesentlichen Anteil am Ausstoß von Treibhausgasen. "Verkehr ist unser klimapolitisches Sorgenkind", sagt Kühn. Aber durch die Entwicklungen seit 2014 sehe er gute Chancen. Digitalisierung, automatisiertes Fahren, Miet- und Leihangebote, damit Dresdner multimobil durch die Stadt kommen, die Entscheidung, in der Gläsernen Manufaktur E-Autos statt des Phaeton zu bauen, E-Busse bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) - all das habe es 2014 so noch nicht gegeben.

"Wir brauchen eine Ausbau- und Investitionsstrategie", fordert der Bürgermeister. "Der öffentliche Personennahverkehr kann ein Problemlöser für den Klimaschutz sein." Zudem sehen die Dresdner den Verkehr als eines der größten Problem in der Stadt, das hat die Kommunale Bürgerumfrage ergeben. Dazu kommt, dass der Anteil an Radfahrern steigt und die Stadt mittlerweile eigene Rad- und Fußverkehrskonzepte hat, damit noch weniger Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden.

Sollen Autos verdrängt werden?

Das wird nicht so klar gesagt, da der Mobilitätsplan erst noch entsteht. Aber es ist klares Ziel, andere Verkehrsarten zu fördern, damit bleibt weniger Platz für Autos. So soll sich der Anteil der Wege, die mit den DVB zurückgelegt werden, von derzeit rund 20 Prozent (Stand 2018) auf 30 Prozent erhöhen. So hat es auch der Stadtrat beschlossen. Aktuell verteilt sich der Verkehr in Dresden zu 36 Prozent auf Kraftfahrzeuge, 26 Prozent der Wege werden zu Fuß zurückgelegt, 20 Prozent mit den DVB und 18 Prozent auf dem Rad.

"Wenn sich der DVB-Anteil auf 30 Prozent erhöht, Radfahrer und Fußgänger etwa gleich bleiben, bleiben weniger Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden", so Projektleiter Fiedler. Zudem solle auch mit dem Mobilitätsplan entschieden werden, wie öffentliche Flächen künftig aufgeteilt werden. Die Dresdner wünschen sich mehr Aufenthaltsqualität. Das könne vor allem erreicht werden, indem an ausgesuchten Stellen Straßen weichen, wie etwa am Neustädter Markt geplant.

Wie werden die Dresdner eingebunden?

Was konkret erreicht werden soll, regelt das Ziel der EU, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Der Weg dahin, zumindest den Verkehr betreffend, soll der Mobilitätsplan regeln. Um diesen zu erstellen, gibt es eine Projektgruppe, einen Lenkungskreis und einen wissenschaftlichen Fachbeirat, die seit Februar daran arbeiten, die Grundlagen zusammentragen.

Die Stadt hat mehrere Wissenschaftler gewonnen, die daran mitarbeiten. Unter Leitung der Verkehrswissenschaftlerin Professorin Regine Gerike von der TU Dresden sind Experten für Digitalisierung/Automatisierung, Verkehrswende, Raumplanung, Stadtplanung, Nahmobilität, Logistik und Güterverkehr sowie Verkehrssicherheit eingebunden. Letzteres auch, weil ein Ziel des Plans ist, weniger Unfälle und damit Verletzte und Tote im Dresdner Verkehr zu haben.

Entscheidend für die Dresdner wird es ab Juli dieses Jahres. Dann soll der erste Dresdner Mobilitätsdialog stattfinden. In dem Gremium treffen sich 60 Personen, um die Vorschläge der Projektgruppe zu diskutieren, Schwerpunkte zu setzen und neue einzubringen und Empfehlungen auszusprechen.

25 Dresdner Bürger werden in dieser Gruppe sitzen, diese werden aus den jetzt 1.000 zufällig Ausgewählten herausgesucht. Fiedler sagt, Ziel sei ein möglichst breites Spektrum, was Alter, Stadtteil und Mobilitätsverhalten angeht. Dazu entsenden Verbände unter anderem aus den Bereichen Verkehr, Wirtschaft und Umwelt Fachleute. Auch die DVB sollen teilnehmen, genauso wie Experten aus Wissenschaft und Verwaltung und den Stadtratsfraktionen. Für dieses Gremium sind fünf bis sechs Sitzungen geplant. Die teilnehmenden Bürger erhalten 50 Euro pro Sitzung.

Warum ist das wichtig?

"Dresden kann damit Vorreiter für nachhaltige Mobilität werden", so Bürgermeister Kühn. Professorin Gerike sieht dafür "gute Chancen". Sie sagt, in Dresden gebe es eine gute Planungskultur mit den bisherigen Verkehrsentwicklungsplänen und eine Offenheit für innovative Mobilitätsangebote - das sehe man in der Forschung, der Wirtschaft, der Wissenschaft und den vorhandenen Angeboten vor Ort. Kühn nennt es einen "Datenschatz", der bereits da sei.

Dazu sei sogar die Corona-Krise eine Chance, so Gerike. Denn trotz der Pandemie seien die Dresdner sehr mobil, viele fahren Rad und gehen zu Fuß. Einzig der Anteil am Nahverkehr habe abgenommen, weil viele von zu Hause arbeiten und wegen Infektionsgefahr Kontakt in Bussen und Bahnen meiden. "Deshalb wollen wir alles vorbereiten, dass die DVB kein Krisenverlierer werden", versichert Kühn.

Wann soll der Plan stehen?

Projektleiter Fiedler geht von zweieinhalb Jahren aus, wenn die Corona-Vorgaben noch längere Zeit Treffen verhindern, können es auch drei Jahre werden. Die Gruppe zum Mobilitätsdialog mit den 25 Dresdnern werde zunächst digital tagen.

Im kommenden Jahr werden die erarbeiteten Ziele dann öffentlich und unter den Stadträten diskutiert. Dann soll es auch eine erste Vorlage für den Stadtrat geben. Danach werden konkrete Maßnahmen als "Vorzugsszenario" erstellt. Darüber wird dann erneut diskutiert und 2023 soll der Plan vom Stadtrat beschlossen werden.

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