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Dresdner Wartehäuschen: Abriss beschlossen

Alle Versuche, die Entscheidung noch zu stoppen, scheiterten im Stadtrat. Eine Verschiebung sei zum Nachteil Dresdens, hieß es.

Von Andreas Weller
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Die Stadt schreibt ihre Werbeverträge neu aus, die Rettung der Unterstände ist damit gescheitert.
Die Stadt schreibt ihre Werbeverträge neu aus, die Rettung der Unterstände ist damit gescheitert. © (c) Christian Juppe

Dresden. Weil die Werbeverträge der Stadt Dresden mit den Firmen Ende 2022 auslaufen, müssen 800 Fahrgastunterstände an den Stationen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) abgerissen werden.

Seit Wochen wird darüber diskutiert. Im Stadtrat gab es einen neuen Vorstoß, den Abriss zu verhindern. Die endgültige Entscheidung fiel in nichtöffentlicher Sitzung.

Die große Redeschlacht war einfach vorverlegt worden. Weil die Abstimmung über die Ausschreibung der Werbeverträge und die Debatte um Details in geheimer Sitzung stattfinden musste, hatte die Linke eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt.

Damit war zumindest dieser Teil öffentlich. Linke-Stadtrat Tilo Kießling machte nochmal deutlich, dass er für eine Trennung von Werbung und Stadtmöbeln wie den Wartehäuschen ist. Beides solle in städtischer Hand, vorzugsweise von einer Tochter, verwaltet und betrieben werden. So könne die Stadt-Tochter, bis zu fünf Millionen Euro pro Jahr Gewinn durch die Werbeeinnahmen machen.

Die AfD warf den Linken vor, sie wollen eine "Verstaatlichung" der Werbung. Der FDP-Fraktionschef sagte. "Es ist zu spät für eine Debatte." Die Zeit dränge, damit es einen geordneten Übergang der Werbeverträge gebe, die Ende Dezember 2022 enden. Dann müssten neue Auftragnehmer folgen.

Auch die CDU ist gegen einen Kauf der Wartehäuschen. Für zwei Millionen Euro hat die Firma Wall - der Werbe-Firma gehören die 800 Unterstände - angeboten, sie der Stadt zu überlassen. Im Kern gehe es aber nicht um die Wartehäuschen, sagte CDU-Fraktionschef Peter Krüger. "Wir wollen mehr Wettbewerb." Deshalb müsse nun ausgeschrieben werden. Zudem seien viele der Wartehäuschen verschlissen.

"Die Bedingungen in dem Angebot wären eine faktische Verlängerung des seit 30 Jahren bestehenden Vertrages mit Wall", so Grünen-Stadtrat Torsten Schulze. Auch die Grünen haben das Angebot als nachteilig für die Stadt bezeichnet, weil Wall sich die Kosten des Abrisses sparen und damit noch Geld verdienen wolle - für alte Unterstände.

DVB-Kunden müssen wohl eine Weile im Regen stehen

"Herr Schulze, Herr Krüger, Sie lügen", brach es aus SPD-Stadträtin Kristin Sturm heraus. Die Details zu dem Kaufangebot und der Zustand der Unterstände seien bewusst falsch dargestellt. "Dazu fehlen an 640 Standorten Unterstände." Dresden bräuchte also mehr Wartehäuschen, statt diese abzureißen.

Wartehäuschen gehören zu den DVB wie Haltestellen", plädierte Freie-Wähler-Stadtrat Torsten Nitzsche für eine Übernahme. "Sie wären bei den DVB gut aufgehoben."

Die Grünen hatten im Vorfeld betont, sie wollten ab 2023 moderne Unterstände, die mit Gründächern und Photovoltaik-Anlagen ausgerüstet werden. Laut Wall sei dies "problemlos nachrüstbar". In Anderen Städten werde diese Umrüstung bereits praktiziert.

In dem nicht öffentlichen Teil zu dem Thema setzten sich die Fraktionen durch, die für die Neuausschreibung und gegen eine Übernahme durch die Stadt sind.

Damit ist das Schicksal der 800 Unterstände besiegelt. Ab Januar 2023 muss Wall diese abreißen. Das dauert nach Angaben der Firma etwa drei bis sechs Monate. Der Aufbau von neuen Unterständen braucht der Stadtverwaltung zufolge sechs Monate bis zu einem Jahr. Ob Abriss und Aufbau koordiniert miteinander ablaufen, ist noch unklar. Wall ist lediglich verpflichtet, die Häuschen zu entfernen und die Fundamente auf dem Boden zu holen. Diese Baustellen übergibt die Firma dann an die Stadt.

Im besten Fall gibt es dann eine neue Werbefirma, die den Zuschlag von der Stadt hat und übernimmt die Baustellen. Das könnte aber daran scheitern, dass bei diesen Vergaben damit zu rechnen sei, dass Konkurrenten sich bei der Vergabekammer beschweren, hat Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) bereits erläutert.

So ein Verfahren kann sich ziehen. Somit ist unklar, ob dieses zum Jahreswechsel 2022/2023 abgeschlossen ist. Klar ist allerdings: Die Dresdner werden eine Weile an den DVB-Stationen im Regen stehen und mit Baustellen leben müssen. Lediglich wie lange diese Zeit sein wird, hängt vom weiteren Verlauf ab.

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