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Welche Hürden das Karstadt-Warenhaus in Dresden jetzt nehmen muss

Das Dresdner Karstadt-Warenhaus bleibt erhalten. Leichter wird der Weiterbetrieb jedoch nicht, sagt ein Wirtschaftsexperte. Wie sich das Kaufhaus behaupten kann.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Das Dresdner Karstadt-Warenhaus an der Prager Straße gehört zu den 77 Kaufhäusern des Galeria-Konzerns, die nicht geschlossen werden.
Das Dresdner Karstadt-Warenhaus an der Prager Straße gehört zu den 77 Kaufhäusern des Galeria-Konzerns, die nicht geschlossen werden. © Marion Doering

Dresden. Das Dresdner Karstadt-Warenhaus ist vorerst gerettet. Die Filiale an der Prager Straße gehört zu den 77 Kaufhäusern des Galeria-Konzerns, die nicht geschlossen werden. "Wir können erst einmal auf Holz klopfen", sagt Lars Fiehler, Geschäftsführer für Standortpolitik und Kommunikation bei der IHK Dresden. 2021 beschäftigte Karstadt rund 350 Mitarbeiter. Die Arbeitsplätze scheinen vorerst gesichert. Ein Selbstläufer werde der Weiterbetrieb des Warenhauses allerdings nicht, so Fiehler. Wie das neue Konzept aussehen soll, welche Hürden das Warenhaus jetzt nehmen muss und wie das gelingen kann.

Wie geht es für das Dresdner Karstadt-Haus jetzt weiter?

Alle Filialen, die geöffnet bleiben, sollen neu ausgerichtet werden. Das Sortiment werde stärker auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse ausgerichtet, heißt es von Galeria. Dazu zähle eine "kundenfreundliche Verzahnung von Mobil-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten". Alle Filialen sollen außerdem umfassend modernisiert werden. Ob das auch auf das Dresdner Geschäft zutrifft, ist unklar. Dort laufen seit mehreren Monaten Umbauarbeiten. So sind bereits die Modeabteilungen neu gestaltet worden.

Welche Hürden muss das Dresdner Karstadt-Haus nehmen?

"Auf kurze Sicht hat man den Kopf aus der Schlinge gezogen", sagt Handelsexperte Fiehler. In allzu großer Sicherheit sollte man sich jedoch nicht wähnen.

Hürde 1: Kunden gewinnen: Die Kundenfrequenz früherer Jahre ist dahin. Corona hat diesen Trend beschleunigt. Kundenzahlen gibt Galeria zwar nicht preis. Die Passantenzahlen auf der Prager Straße zeichnen jedoch ein deutliches Bild. Die Zählstelle des Unternehmens Hystreet.com hat vom 1. Januar bis zum 14. März insgesamt 1,89 Millionen Fußgänger erfasst. Im selben Zeitraum 2022 waren es 1,65 Millionen Passanten, 2021 knapp 611.000. Zwischen Januar und Mitte März 2020, also noch vor Pandemiebeginn, strömten dagegen noch 2,12 Millionen Menschen über die Dresdner Einkaufsmeile.

Hürde 2: Sich von der Konkurrenz abheben: Karstadt hat jede Menge Konkurrenz. "Im Textil-Bereich ist der Druck am größten", sagt Fiehler. Gegenüber von Karstadt gibt es Peek & Cloppenburg, die Altmarkt-Galerie und die Centrum-Galerie mit ihren zahlreichen Modegeschäften sind ebenfalls nicht weit entfernt. Auch der Elbepark am Stadtrand sei ein wichtiger Anlaufpunkt. Einer, bei dem es ausreichend Parkplätze gebe, für die Kunden nicht zahlen müssten.

Im Erdgeschoss bietet das Dresdner Karstadt-Warenhaus ein großes Sortiment an Parfums und Kosmetik.
Im Erdgeschoss bietet das Dresdner Karstadt-Warenhaus ein großes Sortiment an Parfums und Kosmetik. © René Meinig

Hürde 3: Online-Handel und stationären Handel verzahnen: Eine Internetpräsenz mit Shop hat Galeria Karstadt Kaufhof bereits. Weitere Marktanteile im Online-Handel gewinnen zu wollen, sieht Fiehler aber mit einer gewissen Skepsis. "Was genau sich das Unternehmen unter einer stärkeren Verzahnung vorstellt, weiß ich auch nicht. Der Kuchen ist da bereits verteilt, was die Anbieter angeht, insbesondere im Fashion-Bereich." Zuletzt habe es nur der Otto-Konzern geschafft, spät, aber erfolgreich im Online-Handel Fuß zu fassen.

Hürde 4: Personal halten: Ausreichend Kunden zu bekommen, ist die eine Seite. Personal zu haben und zu bezahlen, die andere. "Personal ist für Karstadt eine permanente Herausforderung", erklärt Fiehler. "Es werden genügend Leute gebraucht, um die gesamten Öffnungszeiten abzudecken."

Wie können diese Hürden genommen werden?

"Im Endeffekt wird sich Karstadt über die Basics – das Einkauferlebnis, die Erreichbarkeit, die Öffnungszeiten, die Beratungsqualität, die Präsentation der Waren, die Aufenthaltsqualität mit Café und Restaurant – von der Konkurrenz im stationären und im Online-Handel abheben müssen", sagt Fiehler. "Das klingt abgedroschen, ist aber nach wie vor ein Erfolgsgarant."

Was bei Karstadt schon immer sehr gut laufe, sei der exklusive Lebensmittel- und Genussbereich im Keller. Das Haushaltswaren-Sortiment sei darüber hinaus recht breit und vielleicht auch einzigartig in diesem Umfang.

Die Erreichbarkeit mit Parkmöglichkeiten in der Tiefgarage sei gut, auch für auswärtige Konsumenten, die bis "vor die Tür" fahren könnten.

Dass in den Innenausbau investiert wird, bewertet Fiehler bereits als Anstrengung, an Attraktivität zu gewinnen und sich an veränderte Kundenbedürfnisse anzupassen, um die Kundenfrequenz zu steigern.

Wenig Einfluss hat Karstadt dagegen auf die Lebensmittel- und Energiekosten, die letztendlich über die Kaufkraft für Modeartikel, Schmuck, Parfums und Haushaltswaren entscheiden, aber auch darüber, ob sich Touristen einen Urlaub in Dresden leisten können.

Warum ist die Entscheidung für Dresden und Chemnitz und zunächst gegen Leipzig gefallen?

Drei Filialen betreibt Galeria Karstadt Kaufhof in Sachsen, jeweils eine in Dresden, Chemnitz und Leipzig. Während das Dresdner und das Chemnitzer Haus erhalten bleiben sollen, hatte der Betreiber am Montag zunächst die Schließung der Leipziger Filiale angekündigt. Für den Standort bestehe "keine positive Fortführungsperspektive", hieß es. Am Donnerstag verkündete Galeria schließlich, dass auch das Leipziger Haus erhalten bleibe.

Ohnehin sei die anfängliche Entscheidung, die Leipziger Filiale zu schließen, überraschend gekommen. Das Leipziger Warenhaus soll Fiehler zufolge die größten Gewinne unter den drei sächsischen Filialen geschrieben haben. Über die anfänglichen Motive für die Standortentscheidung könne er daher nur spekulieren. Fest stehe, dass die für den Einzelhandel relevante Kaufkraft in Leipzig (6.254 Euro pro Person im Jahr) nur unwesentlich niedriger sei als in Dresden (6.458 Euro). Die Leipziger City sei darüber hinaus gut besucht.

Was für Dresden spricht: "Dresden hat mit seinem starken Tourismus sicherlich einen Vorteil", sagt Fiehler. Auch die Nähe zur tschechischen Grenze mache sich bezahlt. "Tschechischen Konsumenten waren in den vergangenen Jahren nachweislich eine wichtige Zielgruppe für Karstadt." Außerdem werde den Dresdnern selbst ein eher konventionelleres Einkaufsverhalten nachgesagt. Dem komme Karstadt mit seinem klassischen Warenhaus-Konzept vermutlich stärker entgegen. "Der Leipziger tickt da vielleicht anders. Dort ist die Zusammensetzung der Bevölkerung anders – jünger und heterogener."

Ob Galeria die drei Standorte überhaupt gegeneinander abgewogen hat, ist unklar. Möglicherweise steckten andere Motive hinter der Entscheidung. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch, eine Weiterführung der Filialen auf der Schließliste sei möglich, "sollten sich an der aktuellen Fortführungsperspektive" signifikante Änderungen ergeben. Branchenkennern zufolge könnte Galeria auf geringere Mietzahlungen oder eine Übernahme durch andere Händler spekulieren.

Update, 16. März, 15.50 Uhr: In einer früheren Version hieß es, die Leipziger Filiale werde geschlossen. Galeria hat im Laufe des Donnerstags mitgeteilt, das Warenhaus doch weiterführen zu wollen. Der Text ist um diese neue Information aktualisiert worden.