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Als die Englische Straßenbahn Dresdnerin wurde

Straßenbahnen genießen in Dresden Kultstatus. Vor 140 Jahren warben in der Stadt noch zwei Unternehmen um Linien und Fahrgäste.

Von Ralf Hübner
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Eine Pferdestraßenbahn der Tramways Company of Germany Ltd. fährt durch Dresden. Die Gesellschaft betrieb zwischen 1879 und 1894 mehrere Linien in der Stadt.
Eine Pferdestraßenbahn der Tramways Company of Germany Ltd. fährt durch Dresden. Die Gesellschaft betrieb zwischen 1879 und 1894 mehrere Linien in der Stadt. © Sammlung Holger Naumann

Dresden. Neue Fahrzeuge machen die Straßenbahn in Dresden noch komfortabler. Immer öfter sind die neuen Wagen auf den Straßen der Stadt zu sehen. Die Fahrpreise steigen, doch zumeist halten die Fahrgäste ihrer Bahn die Treue. In die Frühzeit der Dresdner Straßenbahngeschichte reicht die Gründung der Dresdner Straßenbahn-Gesellschaft vor 140 Jahren zurück. Am3. Februar 1884 ging sie aus der Tramways Company of Germany Ltd. hervor, die bis zum 24. Februar ihren gesamten Besitz auf die neue Gesellschaft übertrug und sich dann auflöste.

Was zunächst wie eine Fußnote in der Dresdner Straßenbahngeschichte anmutet, markierte jedoch damals den wichtigen Übergang zum elektrischen Straßenbahnbetrieb. Die Tramways Company of Germany Ltd. wollte ihre Pferdebahn auf elektrischen Betrieb umstellen und hoffte mit der Umfirmierung, Ärger mit der Stadt bei der Erteilung der entsprechenden Konzessionen aus dem Wege zu gehen.

Pferdebahnen geraten an Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit

Pferdebahnen waren in Dresden seit 1872 unterwegs. Die erste Strecke führte von Blasewitz zum Pirnaischen Platz im Zentrum der damals 180.000 Einwohner zählenden Stadt. Die Linie wurde später bis nach Plauen verlängert. Von 1880 an war das Streckennetz nach und nach von der Tramways Company of Germany übernommen und systematisch erweitert worden. Ende 1883 gab es zehn Linien und Streit mit der Stadt, die unter anderem darauf drängte, dass die Tramways Company ihren Firmensitz von London an die Elbe verlegen sollte. Vergeblich. Und so erteilte die Stadt 1889 mit der Deutschen Straßenbahngesellschaft einem zweiten Unternehmen mit Dresdner Kapitalgebern eine Konzession, deren rote Wagen auf den Straßen fortan mit den gelben der Tramways Company konkurrierten.

Doch nur wenige Jahre später gerieten die Pferdebahnen zunehmend an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Sie waren der immer weiter steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr gewachsen. Deshalb suchten die Verkehrsunternehmen ab den 1880er-Jahren nach neuen Antriebsmöglichkeiten. Dabei hatte die Deutsche Straßenbahngesellschaft zunächst mit einem Gasmotor experimentiert und 1894 sogar auf einer Linie Gasmotorenwagen auf die Strecke geschickt. Doch der Motor war laut, Abgase verpesteten die Luft und es gab eine Explosion. So kam immer mehr die Elektrizität in den Blick.

Der Erfinder Werner von Siemens hatte 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung erstmals eine elektrisch betriebene Schienenbahn vorgestellt und 1881 hatte das Unternehmen Siemens & Halske in der Reichshauptstadt die erste öffentliche, elektrifizierte Straßenbahnlinie der Welt in Betrieb genommen. Ab 1892 baute es dann im Auftrag der Deutschen Straßenbahngesellschaft am Tatzberg in der Johannstadt eine mit zwei Kesseln und zwei Dampf-Dynamomaschinen ausgestattete Energiestation für eine elektrische Straßenbahn in Dresden. Eine Oberleitung wurde gezogen.

Die Strecke, die spätere Linie 18, führte vom Schloßplatz über das Terrassenufer, die Sachsenallee und die Pfotenhauerstraße zum Schillerplatz in Blasewitz und wenig später, nachdem die Loschwitzer Brücke, das Blaue Wunder, fertiggestellt war, zum Körnerplatz in Loschwitz. Als sie am 5. Juli 1893 in Betrieb ging, hatten sich neben Oberbürgermeister Paul Alfred Stübel lokale Politprominenz sowie Vertreter der Sächsisch-Böhmischen Dampfschifffahrtsgesellschaft und der Firma Siemens und Halske eingefunden. Für die 6,4 Kilometer lange Strecke benötigte die Bahn 22 Minuten. An den Haltepunkten bestaunten Scharen von Schaulustigen die elektrische Bahn.

Aus zwei privaten Gesellschaften wird eine öffentliche

Noch vor dem offiziellen Betriebsbeginn hatte am 26. Juni König Albert zu Besuch und im Wagen mit der Nummer 100 eine Probefahrt unternommen. Für den Fahrbetrieb standen zwölf Triebwagen mit je 14 Sitz- und 16 Stehplätzen bereit. Hinzu kamen neun offene Sommerwagen als Anhänger mit je 50 Plätzen. Zeitweilige Experimente mit einer unterirdischen Stromzuführung oder gar Akkumulatoren wurden später aufgegeben.

Die Energiestation ging nur ein Jahr später in den Besitz der Stadt über, die sie zum Kraftwerk Ost weiter ausbaute und mit der Energie unter anderem auch die erste elektrische Straßenbeleuchtung versorgte. Denn die Stadt hatte, als sie die Konzessionen neu vergab, zur Bedingung gemacht, dass die Straßenbahngesellschaften ihren Strom von der Stadt beziehen müssen. Die Dresdner Straßenbahn, die Nachfolgerin der Tramways Company, stellte ebenfalls auf Strom um und ab 1900 war die Straßenbahn in Dresden komplett elektrisch.

Fünf Jahre später übernahm die Stadt beide Straßenbahn-Gesellschaften und konnte nun Tarife, Linien und Strecken selbst festlegen. 1912 wurden 158 Millionen Fahrgäste gezählt, fast ein Drittel mehr als 1909. Während des Ersten Weltkrieges übernahmen zunehmend Frauen die Jobs der Männer im Schaffnerdienst und wurden später auch Fahrerinnen. Neue Straßenbahntypen wurden entwickelt, produziert und auf die Schiene gebracht. Einige der damaligen Wagen waren teilweise noch bis 1968 im Sonderverkehr im Einsatz.