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Wenn Künstler ackern

In einer Dresdner Kleingartensparte baut Olaf Holzapfel ein Denkmal des Waldes, Nana Petzet und Ulrike Mohr bepflanzen Gärten.

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Konzeptkünstler Olaf Holzapfel stapelte mit seiner Arbeit „Arena“ 2020 ein Denkmal für den Wald. Foto: David Brandt
Konzeptkünstler Olaf Holzapfel stapelte mit seiner Arbeit „Arena“ 2020 ein Denkmal für den Wald. Foto: David Brandt © David Brandt

Von Uwe Salzbrenner

Die im stumpfen Winkel miteinander verkämmten Holzstapel passen so glatt in die Kleingartensparte Flora I in Dresden-Striesen, dass man sie beinahe übersieht. Das Fichtenholz liegt seit Anfang April als Denkmal des Waldes zwischen immer heftiger blühenden Blumen in Parzelle 23. Der Konzeptkünstler Olaf Holzapfel hat sein Material extra aus einem von Borkenkäfern befallenen Bestand besorgt. Doch demonstriert er mit den Stapeln – wie anderswo mit Installationen zum Fachwerkbau oder mit Bildern aus Stroh – vor allem ein hochstehendes Handwerk, eine oft mündlich überlieferte Tradition: Aus rohen Stämmen zimmert der Fachmann Blockhäuser, indem er sie wie hier vorgeführt einschneidet, wo sie sich kreuzen. Holzapfels Gefüge ist einfach und dicht. Dass Häuser aus Holz klimaverträglicher als solche aus Beton sind, das können die Besucher sich denken. Vielleicht denken sie aber auch an Borkenkäferschäden in gemäßigten Zonen, wo Bäume Hitzestress haben?

Der schon Ende des vorigen Sommers von der Künstlerin Nana Petzet als Außenstelle des Kunsthauses Dresden angelegte Garten fällt dagegen auf inmitten der Nachbarn: graugelbe Kalksteinsplitter in Lehm, schräg aufgeschüttet an Trockenmauern in Parzelle 3. Zwischen scharfen Kanten wachsen winzig Kräuter und Gräser. Das hat anfangs schlimmer ausgesehen. Petzet hat Pflanzen ausgesucht, die im Elbhügelland Trockenheit und Wärme bevorzugen. Felsen-Fingerkraut, Rauhaariger Alant, Karthäuser-Nelke, wilder Majoran und Wiesen-Salbei werden sonst im Bosel-Garten der TU Dresden in Sörnewitz gehütet. Jetzt gibt es mitten in Dresden einen Forschungsgarten. Petzet arbeitet bei ihren Projekten zum Stadtgrün regelmäßig mit Wissenschaftlern zusammen. Am Umgang mit ihrer Parzelle wird auch offenkundig, dass Kleingärtner sich an Experimenten nicht stören. Frühmorgens jeden Tag öffnet einer der Vereinsmitglieder den Riegel am Zaun und klappt Vorder- und Rückseite des Pavillons auf. Abend für Abend gehen Klappen und Riegel wieder zu.

Neu seit April ist ebenfalls der „Gnadengarten“ am Heckenweg, den die Bildhauerin Ulrike Mohr gemeinsam mit der Gärtnerin Sabine Kroehs einrichtet. Was zuvor auf Parzelle 3 gewachsen und dann aufgegeben worden ist, hat Mohr ausgegraben. Rosenstöcke, Buchs, Farn, Lilien, ein Rest Ligusterhecke. Aus gesammelten Samen sollen künftig Mohn und Kohl wachsen, Sonnen- und Ringelblumen. An der Wegstecke, wo früher nichts Rechtes gewachsen ist, gibt es jetzt Licht, viel Licht. Gibt es Platz für Insektenhotel und Fahrradständer. Und nochmal die Erkenntnis, wie grob und unästhetisch Kunst werden kann, um ein Pflanzenmuseum vorzubereiten. Wie viel Pflege das braucht, was von selber wächst. Und wie viel Arbeitsteilung das Ganze. Auch Petzet und Mohr stellen eigentlich – Arbeit aus. Wofür sie sich lohnt und was sie einem noch vermittelt.

Die Parzellen im Dresdner Kleingärtnerverein Flora I e. V., Bergmannstraße 39, sind bis zum 1. März 2025 zu besichtigen.