Dresden. Das kann in den besten Familien vorkommen. Hans-Joachim Klaudius, Zahnarzt und Cottaer AfD-Stadtbezirksrat, hat ein Knöllchen nicht akzeptiert. Im August 2020 war städtischen Ordnungshütern aufgefallen, dass es im Rinnstein vor dem Wohnanwesen des Arztes wild wucherte.
50 Euro sollte den 61-Jährigen das kosten, netto. Doch kaum hatte er im Herbst das Bußgeld erhalten, flatterte auch noch ein weiterer Bescheid der Stadt hinterher, nun über 70 Euro. Also legte Klaudius einen Einspruch gegen das Knöllchen ein.
Ihm gehe es um die Sicht des Bürgers, sagte Klaudius nun in seinem Bußgeldverfahren am Amtsgericht Dresden. Die sei doch entscheidend, ob man ein Bußgeld akzeptiert oder sich ungerecht behandelt fühlt. Konkret habe sich Klaudius schon sehr über die Verwaltung wundern müssen.
Zwei Bescheide in einer Sache?
In der Monatsfrist, die ihm zum Begleichen des Bußgelds von brutto 52,99 Euro eingeräumt worden sei, habe er einen zweiten Bescheid erhalten. Auch darin ginge es um den Bewuchs der Rinne vor seinem Haus. „Wenn ich geblitzt werde, erhalte ich doch auch nicht zwei Bescheide“, sagte Klaudius. Er habe immerhin einen Rinnstein von 110 Metern Länge sauber zu halten.
Richter Jochen Meißner erklärte, dass es sich bei dem zweiten Bescheid um die „Androhung einer Ersatzvornahme“ gehandelt habe: „Das hat mit diesem Verfahren nichts zu tun.“ Hier gehe es um die Ordnungswidrigkeit. Ein Vergleich mit einem Diebstahl sei passender als ein Tempoverstoß. Ein Dieb werde nicht nur strafrechtlich zur Verantwortung gezogen – er habe auch Schadenersatz zu leisten.
Bei der Ersatzvornahme gehe es um die Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustands. Meißner sprach von „ganz schönen Büscheln“, die da aus dem Regenablauf gewachsen seien. „Dann danke ich für die Rechtsberatung“, sagte Klaudius und fragte, ob er das Bußgeld nicht besser auch als Spende an einen Dresdner Verein zahlen könne. „Nein“, erwiderte Meißner, „das ist in Bußgeldverfahren nicht vorgesehen.“
Klaudius zog seinen Einspruch zurück, womit er sich zumindest die halbe Verhandlungsgebühr ersparte. Ganz umsonst war diese Rechtsberatung nicht. Am Ende sagte er noch, er habe den Wildwuchs in seinem Schnittgerinne beseitigt. Aber auf der anderen Seite, zur Autobahn hin, sei ein viel größeres Biotop entstanden.