Dresden
Merken

Die feine Dresdner Schreibe: Fräulein von Feder zeigt, wie schön Schönes sein kann

Seit einem Jahr führt Angela Schülein ihr Geschäft für Schreibkultur und Besonderes, wie sie es nennt, in Dresden-Striesen. Der gute Auftakt brauchte langen Atem.

Von Nadja Laske
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Als Fräulein von Feder hat sich Angela Schülein einen Namen nicht nur in Striesen gemacht. Ihre Lust am Schreiben und dekorieren gibt sie an ihre Kundschaft weiter.
Als Fräulein von Feder hat sich Angela Schülein einen Namen nicht nur in Striesen gemacht. Ihre Lust am Schreiben und dekorieren gibt sie an ihre Kundschaft weiter. © René Meinig

Dresden. Durch die halb geöffnete Tür klingt eine Stimme freudig und aufgeregt gegen den Straßenlärm an. Angela Schülein kennt die junge Frau und winkt ihr zu, vorbei an gemusterten Geschenkpapierbögen, farbig gebundenen Notizbüchern und Vitrinen voller Füllfederhalter.

Die Nachbarin mit ihrer kleinen Tochter an der Hand steckt den Kopf herein und ruft: "Wir haben im Vorbeigehen gerochen, dass du da bist! Man riecht dein Geschäft bis auf die Straße." Angela Schülein lacht. Sie weiß genau, was gemeint ist - dieser ganz besondere Duft des Papiers.

Er und dessen Haptik bezaubern sie schon seit ihrer Kindheit. "Ich habe immer gern geschrieben und war fasziniert von allem, was man dafür benutzt." Seit einem Jahr umgibt sie sich in ihrem eigenen Striesener Laden auf der Bergmannstraße 50 mit jenen Herrlichkeiten rund um ihre große Liebe, die Schrift.

Es ist nicht das erste Geschäft, das Angela Schülein führt. Doch es ist das erste, in dem sie als Fräulein von Feder über all die raschelnden, bedruckten, geschöpften, auf Hochglanz gebrachten Bögen so sanft herrscht, wie es schöne Dinge eben verdienen.

Die historischen Vitrinen und Regale hat Angela Schülein schon weit vor Eröffnung ihres Ladens gekauft. Sie standen früher in einem Schreibwarenladen.
Die historischen Vitrinen und Regale hat Angela Schülein schon weit vor Eröffnung ihres Ladens gekauft. Sie standen früher in einem Schreibwarenladen. © René Meinig

Schreibkultur und Bezauberndes - damit beschreibt sie in nur zwei Wörtern ihr Angebot. "In meinem Laden ist alles zu finden, was zum Schreiben gehört, also Papiere und Schreibgeräte." Außerdem gehören kleine Überraschungen dazu - solche, die man sich selbst oder anderen macht: feine Seifen, hübsche Döschen, Bilderrahmen, Kerzen, Raumdüfte.

Rettung in den alten Job

Wie sehr kleine, individuelle Dinge das Herz erfreuen können, die Erinnerung daran geht ebenfalls zurück in ihre Mädchenzeit. "Wir Kinder bekamen von Verwandten aus dem Westen hin und wieder Päckchen mit Schreib- und Notizblöcken, Stiften, Karten, alles hübsch gestaltet und besonders. Daran konnte ich mich irrsinnig freuen."

Damals lebte sie im Dresdner Stadtteil Tolkewitz und später in der Lausitz. Ihre Eltern, der Vater gelernter Hochseefischer und im Binnenland als Schlosser tätig, die Mutter Finanzwirtin, waren dorthin umgezogen. Mit der Schönheit des Schreibens hatten sie nichts zu tun, doch wenn man eine gewisse Kreativität ableiten will, dann von der Freude, die ihr Vater daran hatte, in seiner Freizeit zu drechseln und Modelle zu bauen.

Papierwaren und Schreibutensilien aller Art und in besonderem Design sind bei Fräulein von Feder zu finden. Allerdings alles für Erwachsene. Produkte für Kinder würden den Rahmen sprengen.
Papierwaren und Schreibutensilien aller Art und in besonderem Design sind bei Fräulein von Feder zu finden. Allerdings alles für Erwachsene. Produkte für Kinder würden den Rahmen sprengen. © René Meinig

Selbstredend wurde Angela Schülein die Schriftführerin ihrer Klasse, liebte es, Sprüche in Poesiealben einzutragen und Tagebuch zu schreiben. Was hätte näher gelegen, als Kunst oder Grafik zu studieren? Doch sie entschied sich zunächst für ein Lehramtsstudium in Mathematik und Geografie, stieg wieder aus, sattelte um ins Hotelfach und studierte schließlich Geografie und Touristik mit Volkswirtschaftslehre.

Über viele Jahre beriet sie Touristikverbände, Vereine und Kommunen, wenn sie in ihrer Region den Fokus auf die Entwicklung zur touristischen Destination legen wollten und erstellte Tourismuskonzepte. "Das war eine sehr schöne, abwechslungsreiche Arbeit, bei der ich immer mit vielen Menschen zu tun hatte", erinnert sie sich. Über die Zeit sei sie ihr dennoch zu wenig praktisch gewesen. So sah sie sich nach etwas Lebendigerem um und landete auf der Nordseeinsel Borkum. "Da habe ich in der Kurverwaltung gearbeitet und mich schließlich entschlossen, mir den alten Traum vom eigenen Laden zu erfüllen.

Dessen Name ist auch vielen Dresdnern noch bekannt. Nicht, weil sie ihn auf Nordseeurlaub entdeckt hätten, sondern weil Angela Schülein Jahre später damit an den Körnerplatz umzog. In ihrer "Stilhandlung" verkaufte sie mediterrane Accessoires und Kleinmöbel. Das ging eine Weile gut, dann machte sich die Wirtschaftskrise bemerkbar, und es war nicht mehr so viel Geld für schöne Nebensächlichkeiten unterwegs.

Geschenkpapier mal nicht von der Rolle, sonder in Bögen und ganz individuell bedruckt geben jeder Aufmerksamkeit eine besondere Verpackung.
Geschenkpapier mal nicht von der Rolle, sonder in Bögen und ganz individuell bedruckt geben jeder Aufmerksamkeit eine besondere Verpackung. © René Meinig

"Ich habe den Laden verkauft, mich sicherheitshalber wieder auf meinen alten Beruf besonnen und als PR- und Marketingverantwortliche in der Elbresidenz Bad Schandau angefangen", erzählt sie. Nebenbei arbeitet sie freiberuflich als Touristikerin - und doch ließ sie der Gedanke an den eigenen Laden nie los. "Ich habe immer gedacht, das wäre eine Liebhaberei, die ich mir vielleicht in zehn Jahren einmal gönne."

Historische Möbel wie maßgefertigt

Es wurden 13 Jahre daraus. Das versteht Angela Schülein als Zeichen des Glücks. Weil sie ihren Traum so lange und ohne Hast träumte, blieb ihr auch genug Zeit, um die Gründung eines neuen Geschäftes von langer Hand vorzubereiten. Weil aber nicht alles planbar und manchmal einfach eine glückliche Fügung ist, stehen heute in ihrem Laden Möbelstück, die auf viel Bewunderung stoßen.

Im Internet entdeckte Angela Schülein die historische Ausstattung eines Ladens. "Die Vitrinen und Regale stammen von etwa 1890 und wurden von einem Antiquitätenhändler angeboten." Als sie sich zum Kauf entschloss, erfuhr sie, dass die Möbel jahrzehntelang in einem Pirnaer Schreibwarenladen gestanden hatten. Wie passend! Und was nicht ganz passte, wurde passend gemacht, sodass kein Teil ausrangiert werden musste und seinen ehrenvollen Platz bekam.

Ebenfalls ein Kleinod ist die alte Schulbank, mit der sie ihr Schaufenster dekoriert hat. "Mein Mann hat sie mir geschenkt, ich finde sie wunderschön", schwärmt Angela Schülein. Er unterstütze sie auch tatkräftig im Geschäft.

Gerade hat sie mit ihrem "Fräulein von Feder" den ersten Geburtstag gefeiert. Die Girlanden hängen noch an den Wänden. "Ich bin sehr zufrieden mit diesem Start." Stolz und überrascht sei sie darüber, wie gut sie hier angenommen worden ist und dass ihre Kunden aus der Umgebung, aber auch aus ganz anderen Stadtteilen zu ihr kommen." Für ein stabiles Fazit aber sei es zu früh, dafür müsse sie zwei, drei Jahren am Markt bestehen.

"Doch alles, was ich mir bisher erhofft habe, das ist in Erfüllung gegangen", sagt Angela Schülein. Von ihr aus kann man es in Schönschrift auf feinstes Papier schreiben: Der Einzelhandel soll leben. Er ist den Menschen nahe und kann so viel Freude bringen.

Nach kurzer Urlaubspause öffnet Fräulein von Feder ihr Geschäft am 1. August wieder.
www.fraeuleinvonfeder.de