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Interaktive Einblicke in die Arbeit der Dresdner Polizei

Forscher und Polizisten geben dem Kriminalmuseum der Polizeidirektion Dresden ein modernes Gesicht – und laden Besucher so zum Diskutieren ein.

Von Alexander Schneider
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Ab Januar öffnet das Museum für Polizeigeschichte in Dresden für Besucher.
Ab Januar öffnet das Museum für Polizeigeschichte in Dresden für Besucher. © SZ/Alexander Schneider

Dresden. Rolle und Auftreten der Polizei wird maßgeblich von der Gesellschaft und dem politischen System bestimmt, in dem die Beamten agieren. "Die Grundlage ist heute unser Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar", sagt Sachsens Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa. Die Frage der Menschenwürde stehe über aller Polizeiarbeit und müsse immer wieder neu hinterfragt werden. Mit wenigen Worten beschreibt Kubiessa, wie er noch als Polizeichef Dresdens 2020 etwa mit den ersten Corona-Demonstrationen zu tun hatte, und die Polizei auf diese Herausforderung eine Antwort finden musste. Heute sei der Umgang mit Antisemitismus eine große Herausforderung.

In Dresden wurde die Fingerabdruck-Kunde vorangetrieben

Ab Januar gibt es einen neuen Ort, an dem solche Fragen nicht nur polizeiintern, sondern auch öffentlich diskutiert werden können: das "Forum Polizei-Geschichte Sachsen". In den noch überschaubaren Räumen der Polizeidirektion Dresden (PD) auf der Schießgasse können Besucher einen völlig neuen, interaktiven Zugang zum Thema Polizeiarbeit erleben. Auf sie warten nicht allein interessante Einblicke wie etwa der Nutzung von Fingerabdrücken zur Identifikation von Tätern im beginnenden 20. Jahrhundert.

"Die Daktyloskopie wurde hier vorangetrieben", sagt Dresdens Polizeichef Lutz Rodig. Dresden sei die erste deutsche Stadt gewesen, in der die Daktyloskopie - die Identifizierung von Personen durch Fingerabdrücke - eingeführt wurde. Auch "dunkle Phasen" jener Zeit werden behandelt wie die Entwicklung von "Phänotypen" von Verbrechern anhand körperlicher Merkmale. Manche Menschen seien allein wegen dieser Merkmale in Schutzhaft gelandet. Rodig nennt diese Forschung einen Irrglauben, der "nie funktioniert hat".

Polizeigeschichte-Forum noch im Aufbau

Heute sei Ähnliches in Sachen DNA zu beobachten. Die Genforschung "ermöglicht Vieles, doch zum Glück setzt uns die Gesellschaft Grenzen", sagt Rodig. Da ist sie wieder, die Polizeiarbeit vor dem Hintergrund politischer und gesellschaftlicher Debatten. Schon fällt das Stichwort "Künstliche Intelligenz", noch so ein Thema, über das wohl einmal viel diskutiert werden wird. Dass dieses Forum bei seiner PD eingerichtet wurde, ist für Rodig ein großes Glück. Das Eintauchen in die Geschichte habe ihm "eine Gänsehaut" bereitet.

Dafür ist maßgeblich Korinna Lorz verantwortlich. Die Historikerin ist seit 2021 die wissenschaftliche Leiterin des Forums. Sie hat mit ihren beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen bereits die Wanderausstellung "Im Spannungsfeld Demokratie. 30 Jahre Polizei Sachsen" konzipiert.

Lorz betont den Werkstatt-Charakter des Forums. Es befinde sich noch im Aufbau, doch sei jetzt sichtbar. Man habe sich für den "ersten Aufschlag" bewusst für die Zeit des Übergangs vom Kaiserreich in die Weimarer Republik entschieden. Diese Phase sei von Verwissenschaftlichung und Spannungsverhältnissen in der Gesellschaft geprägt gewesen.

Interessenten können sich ab jetzt anmelden

Was der Blick in die Geschichte den Besuchern heute zu sagen hat – das kann zu interessanten Einblicken und spannenden Diskussionen führen. Vorerst ermöglichen Videoprojektionen, Filme, interaktive Medien und ein Raum mit analogen Exponaten einen ersten Zugang in den noch recht kleinen Räumen der PD an der Ecke Schießgasse/Rampische Straße. Virtuell erlebbar ist auch das erste Landeskriminalamt im Hause. Begutachtet werden können darüber hinaus Blutspuren, Fasern und allerlei anderes.

Grundlage für das Forum ist die Kriminalhistorische Sammlung, die in Dresden ab 1884 entstand als eine der ersten und größten ihrer Art. Sven Fischer, er war bis vor kurzem Leiter des Reviers Neustadt, hatte 2019 in seinem Studium eine Bachelor-Arbeit über die Vernachlässigung des Potenzials dieser Sammlung geschrieben und so einen Anstoß gegeben, wie der Schatz gehoben werden könnte. Heute betreut der Polizeioberrat, der jetzt in Leipzig im Stab der Bereitschaftspolizei arbeitet, das Forum in der PD als Projektleiter gemeinsam mit Hauptkommissar Wolfgang Schütze, dem Herr der Polizeisammlung.

Bei der Präsentation des Forums gab es am Freitag strahlende Gesichter. Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte: "Die Polizei einer modernen Demokratie braucht eine authentische Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte." Das sei nicht nur für angehende und aktive Polizisten wichtig, sondern auch für die Öffentlichkeit. Als Vertreter des Landtags haben die Abgeordneten Christian Hartmann (CDU) und Albrecht Pallas (SPD), selbst gelernte Polizisten, das Forum gewürdigt. Der Landtag unterstützt das Projekt finanziell, weshalb auch die Öffentlichkeit davon profitieren kann.

Ab Januar können Besucher in das Forum. Willkommen sind auch Schulklassen, Studenten oder kleinere Gruppen. Aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten müssen sich Interessenten anmelden. Maximal zwölf Menschen können zeitgleich an einer Führung teilnehmen. Anmeldungen sind ab sofort möglich.