Dresden. Martin Kayser steht mit seiner Taschenlampe in einer riesigen Halle. Dabei handelt es sich um die zweite Kammer des neuen Trinkwasser-Hochbehälters, der auf dem SachsenEnergie-Areal an der Fischhausstraße errichtet wurde.
Derzeit werden dort die letzten Arbeiten ausgeführt. Das Unternehmen investiert mehr als 13 Millionen Euro, um eine noch leistungsfähigere Trinkwasserversorgung für das rechtselbische Stadtgebiet auszubauen.
Das ist auch nötig. Wurden 2011 täglich im Durchschnitt noch 102.000 Kubikmeter Trinkwasser in Dresden verbraucht, so waren es im vergangenen Jahr bereits knapp 125.000 Kubikmeter.

Der Start: Alter Hochbehälter von 1875 abgerissen
Da sich die SachsenEnergie für die Zukunft der Trinkwasserversorgung rüstet, musste Dresdens ältester zentraler Hochbehälter den Abbruchbaggern weichen, um Platz für einen Neubau zu schaffen.
1875 fertiggestellt, bekam er in 161 Metern Höhe sein Wasser aus der Saloppe, dem ersten zentralen Wasserwerk der Stadt. Der Hochbehälter Saloppe hatte schon Schäden.
Deshalb wurde er ab März 2017 binnen eines Jahres abgerissen. Zum Schluss wurde er ohnehin nur noch genutzt, um die Mikroelektronik-Industrie im Dresdner Norden mit sogenanntem Rohwasser zu versorgen, das nicht zum Trinken aufbereitet wurde.
Dennoch werden große Teile der Dresdner Neustadt vom Fischhausgelände, dem Dreh- und Angelpunkt der rechtselbischen Wasserversorgung, weiter beliefert.
Dafür sorgt der benachbarte, fünf Meter höher liegende Hochbehälter Hosterwitz. Seit 1908 dient er als Speicher für das Wasserwerk am östlichen Stadtrand.

Der Härtetest: Keinen Millimeter Wasserverlust
Die Rohbauten der beiden, jeweils 9.400 Kubikmeter fassenden Wasserkammern waren im vergangenen Jahr fertig. Die jeweils 48 Meter langen Bauwerke haben eine stattliche Decke, die einen halben Meter stark ist. Von Mitte Juli bis Mitte August wurde die erste Kammer schrittweise mit Wasser befüllt.
Dann kam der 48-stündige Härtetest, ob das Bauwerk dicht ist. Das wurde mit einem sogenannten Stechpegel gemessen, der den Wasserstand bis zu 0, 1 Millimeter genau erfasst. Sie war komplett dicht, erklärt Projektleiter Kayser.
Von Ende Oktober bis Mitte November folgte diese Prüfung bei der zweiten Kammer. „Auch dort hatten wir überhaupt keinen messbaren Wasserverlust“, sagt er.

Jetzt sind Bagger bereits dabei, die Außenwände mit Erde zu verfüllen, sodass es künftig an und auf dem Hochbehälter grünt. Das Lebensmittel Trinkwasser muss aber auch von oben sehr gut geschützt werden.
Deshalb wurden Platten aus sogenanntem Schaumglas verlegt, die mit heißem Bitumen vergossen werden, erklärt Kayser. Bei dem Material handelt es sich um geschmolzenes, aufgeschäumtes Glas, das für solche technischen Anlagen eingesetzt wird.
Es ist wasserdicht und auch dicht gegen Wasserdampf und chemische Stoffe. Darüber werden derzeit noch die letzten der beiden Bitumen-Schweißbahnen aufgebracht. Über dieser Dämmung kommt Erde, auf der Rasen angesät wird.

Die Technik: Extra-Software für Steuerung entwickelt
Im benachbarten zentralen Technikgebäude werden derzeit ebenfalls die letzten Arbeiten ausgeführt, erklärt der Projektleiter. So montiert Polier Stephan Rein von einer Coswiger Firma beim Vor-Ort-Termin gerade eine der Sonden, die den Füllstand der Wasserkammern genau erfassen.
Anfang März sollen die letzten kleinen Leitungen und Armaturen installiert sein. Dort sind große Rohre und Armaturen mit Absperrklappen eingebaut, die einen Durchmesser von 60 Zentimetern haben, sowie die Steuer- und Regelungstechnik. Extra für die elektronische Steuerung wurde eine spezielle Software entwickelt.

Die Inbetriebnahme: Labor gibt letztlich grünes Licht
Begonnen wurde bereits damit, die Wasserkammern des neuen Hochbehälters gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Außerdem wird die gesamte Technik überprüft. „Jede einzelne Armatur, aber auch die Klappen und Pumpen werden ausgiebig getestet“, erläutert der Fachmann.
Getestet wird in dem Zuge die manuelle und automatisierte Steuerung vor Ort als auch die Übermittlung der Daten an die zentrale Leitstelle der SachsenEnergie im Wasserwerk Coschütz, die die Funktion der neuen Anlage künftig rund um die Uhr im Blick hat. Anfang April wird der neue Hochbehälter letztlich befüllt. „Erst wenn das Labor grünes Licht gibt, werden wir in Betrieb gehen“, sagt Kayser.

Das Finale: Probebetrieb unter extremen Bedingungen
Geplant ist, dass Mitte April der Probebetrieb beginnt. „Dabei wird es verschiedene Testszenarien geben“, erklärt er. Überprüft wird, ob alles noch bei niedrigem oder hohem Wasserstand in den Kammern funktioniert oder bei verschiedenen Leistungsstufen der insgesamt 15 Pumpen.
Wird der Probebetrieb wie geplant Ende Juni erfolgreich beendet, hat der alte Hochbehälter Hosterwitz ausgedient. Später müssen ab Mitte 2022 nur noch die 110 Jahre alten Trinkwasserleitungen in der Fischhausstraße ausgewechselt werden. Wegen der derzeitigen Bauarbeiten auf der Bautzner Straße ist das nicht früher möglich.

Die Vorteile: Fassungsvermögen von 125.000 Badewannen
Mit einem Fassungsvermögen von 18.800 Kubikmetern hat der neue Speicher über 3.000 Kubikmeter Volumen mehr als der alte. Das entspricht dem Fassungsvermögen von 125.000 Badewannen.
Ein enormer Vorteil ist es auch, dass der neue Hochbehälter fünf Meter tiefer liegt als der alte. Damit ist er genauso hoch wie Dresdens größter Wasserspeicher Räcknitz auf der anderen Elbseite. So wird eine bessere Verbindung zwischen dem rechts- und dem linkselbischen Trinkwassernetz möglich. Dazu gehören ein 2.400 Kilometer langes Leitungssystem sowie 31 Hochbehälter und 30 Pumpwerke.