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Flughafen Dresden: Warum schnell mehr Passagiere nötig sind

Zwei Jahre haben die Verantwortlichen noch Zeit, dann muss der Klotzscher Airport eine sichere finanzielle Basis haben. Was ansonsten aus dem Flughafen werden könnte.

Von Christoph Springer
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Wer in Klotzsche ein Flugzeug starten oder landen sehen will, kann sich nicht auf den Zufall verlassen. Er sollte den Flugplan genau kennen.
Wer in Klotzsche ein Flugzeug starten oder landen sehen will, kann sich nicht auf den Zufall verlassen. Er sollte den Flugplan genau kennen. © Archiv/Sven Ellger

Dresden. Die Bilanzzahlen sind tiefrot, sie weisen zweistellige Millionenbeträge aus. Und das seit Jahren. 2012 waren es fast 80 Millionen Euro Minus, 2020 knapp 20 Millionen. Sie stehen in den Konzernabschlüssen der Mitteldeutschen Flughafen AG, zu der auch der Dresdner Flughafen gehört. Die Aktiengesellschaft ist Eigentum des Freistaates, des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und der drei Städte, die den Flughäfen am nächsten sind: Halle, Leipzig und Dresden.

Hier lesen Sie:

  • was für die Schließung des Flughafens in Klotzsche spricht
  • welche Position Stadt und Freistaat dazu einnehmen
  • wie es mit dem Airport weitergehen soll
  • wer das letzte Wort hat

Die Länder und die Städte stehen also gerade dafür, wenn es den Flughäfen in Dresden und Leipzig schlecht geht. Und es geht den Unternehmen schlecht, das weist die Bilanz aus. Jedenfalls nicht so gut, dass die Eigentümer mit Gewinn rechnen können, schon gar nicht in den Corona-Jahren, in denen vor allem der Passagierbetrieb gelitten hat.

Für den Dresdner Flughafen nennt Uwe Schuhart, Sprecher der Flughafen AG, zwei Beispiele: "Jahresfehlbeträge" von neun Millionen Euro im Jahr 2012 und sieben Millionen Euro im Jahr 2020.

Was spricht gegen Dresden?

Auf den ersten Blick könnte man einiges finden: Angesichts der Dresdner Zahlen will der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) vor zwei Jahren bei einer Untersuchung von 14 deutschen Regionalflughäfen festgestellt haben: Der Airport in Klotzsche gehört zu denen, die verzichtbar sind. "Nach Abzug der Subventionen weisen zwölf der 14 Flughäfen anhaltend negative Jahresergebnisse auf", erklärten damals die Verantwortlichen der Studie, an der auch das "Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft" beteiligt war. Einer dieser zwölf Flughäfen ist der in Klotzsche. Gründe dafür seien "rückläufige Passagierzahlen, Überkapazitäten, Ineffizienzen im Flughafensystem und regionaler Wettbewerb".

Bewertet wurde außerdem, welche wirtschaftliche Rolle der Flughafen für Dresden und die Region um die Stadt spielt. Es war das einzige Kriterium, bei dem Dresden damals punkten konnte. Der Beitrag zur "Konnektivität" sei hoch, stellten die Verfasser der Untersuchung fest.

Welche Gründe sprechen für Dresden?

Befürworter führen vor allem ein Hauptargument für den Airport in Klotzsche an: "Unsere Flughäfen haben eine wirtschaftliche Bedeutung, nicht nur für Menschen, die verreisen wollen", stellte Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) in einer am 20. März vom Wirtschaftsministerium organisierten Gesprächsrunde fest. Logistik sei "das Blutgefäß der Wirtschaft". Ähnlich sieht das das Ministerium, das das Geld sonst eher zusammenhält: Jörg Herold, Sprecher des Finanzministeriums, das unter anderem für die Firmenbeteiligungen des Freistaats zuständig ist, sagt: "Der Flughafen Dresden ist aus Sicht des Freistaates unverzichtbar." Er sei "ein wichtiger Faktor für Unternehmensansiedlungen".

Was Rathaussprecher Kai Schulz für die Stadt sagt, klingt ähnlich: "Der Flughafen Dresden ist seit jeher Rückgrat und wichtiger Motor insbesondere für internationale Wirtschaftsbeziehungen und den Tourismus". Das gelte nicht nur für die Stadt, "sondern auch weit in die Region hinein".

Das Ministerium von Martin Dulig fügt hinzu, der Flughafen in Klotzsche sei "essenziell für die hier angesiedelte Luftfahrtindustrie, allen voran die Elbe Flugzeugwerke", und er sei "fest in Europas größtes Mikroelektronik-/IT-Cluster Silicon Saxony integriert". Dass nur Leipzig einen Flughafen haben sollte, schließt Dulig aus. "Wir haben historisch bedingt einfach zwei Flughäfen und sie haben auch ihre Berechtigung." Über diese Zahl zu diskutieren, nennt er eine "theoretische Debatte".

Diese Debatte hat unter anderem Eric Heymann angeregt. Im Oktober des vergangenen Jahres stellte der Luftfahrtexperte von Deutsche Bank Research gegenüber dem Radiosender Deutsche Welle zu den Regionalflughäfen fest: "Wie es 2024 weitergeht.., das ist vor allem auch eine politische Frage." Diese zu schließen, sei eine Möglichkeit. Man könnte aber auch durch "Gesundschrumpfen" die Fixkosten reduzieren. So könnte man "aus dem Linien- und Charterverkehr mit großen Maschinen aussteigen".

Was muss besser werden in Klotzsche?

Ein Ausstieg aus dem Linien- und Charterverkehr kommt für Dresden nicht infrage, da sind sich die Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium, im Finanzministerium und der Stadtverwaltung einig. Der Airport sei "ein zentraler Bestandteil der sächsischen Verkehrsinfrastruktur und ein elementarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge", heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Ähnlich die Position im Finanzministerium: "Der Flughafen Dresden ist aus Sicht des Freistaates unverzichtbar", erklärt Sprecher Herold. Er diene auch "ganz wesentlich den Bedürfnissen der Bewohner in seinem Einzugsbereich".

Bleiben die niedrigen Passagierzahlen: Laut Fachleuten sind mindestens drei Millionen Passagiere pro Jahr nötig, um einen Flughafen kostendeckend betreiben zu können oder sogar Gewinn zu erzielen. Dresden hat im inzwischen 21 Jahre alten "neuen Terminal" eine Kapazität von 3,5 Millionen Passagieren, bisher waren es pro Jahr aber noch nie mehr als knapp zwei Millionen.

Gibt es noch finanziellen Hilfen ab 2024?

Das Minus in der Bilanz resultiere im Wesentlichen aus "abschreibungsbedingten Jahresfehlbeträgen", sagt Schuhart, also Wertminderungen beim Eigentum der Flughafen AG.

Geld von den Aktionären gab es trotzdem. 28 Millionen Euro bekam die Aktiengesellschaft 2020 von ihren Eigentümern und dem Bund. Das war ein "Ausgleich für die Gewährleistung der vollständigen Betriebsbereitschaft der Flughäfen als systemrelevante Infrastruktur bei fast vollständig ausgefallenem Passagierverkehr", erklärt Schuhart. Also Hilfe in der Corona-Zeit. Dem standen laut dem Flughafensprecher rund 50 Millionen Einnahmeverluste durch fehlende Passagiere gegenüber. Dresdens Rathaussprecher Kai Schulz fügt hinzu, Dresden habe damals im Jahr 362.000 Euro gezahlt.

Bleibt ein Damoklesschwert, auf das die Verantwortlichen der Flughafen-Studie bereits vor zwei Jahren hingewiesen haben. Laut EU-Regeln sind ab 2024 Betriebsbeihilfen für Regionalflughäfen verboten. Damit droht Airports wie Dresden das finanzielle Zwangs-Aus, gelingt es ihnen dann nicht, selbst genug Geld zu verdienen. Die Bundesregierung versucht zwar aktuell, bei der EU-Kommission eine Verlängerung der Beihilfe-Erlaubnis zu erwirken. Entschieden ist aber noch nichts.