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Trotz Legalisierung: Pro-Cannabis-Demo zieht durch Dresden

Seit Anfang April ist der Besitz und Anbau von Cannabis legal. Warum in Dresden trotzdem Menschen für den Marijuana-Konsum auf die Straße gehen.

Von Connor Endt
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Justin Thorpe wirbt beim "Marijuana March" in Dresden für Alternativen zum Joint mit schädlichem Tabak.
Justin Thorpe wirbt beim "Marijuana March" in Dresden für Alternativen zum Joint mit schädlichem Tabak. © Christian Juppe

Dresden. Marcel Ritschel hat gute Laune. Bei Sonnenschein und bestem Wetter hievt er am Samstagnachmittag eine Lautsprecherbox auf einen Laster, der mit Cannabis-Blüten verziert ist. Um ihn herum haben sich etwa 50 Menschen versammelt, viele tragen Hüte und Basecaps mit Cannabis-Motiven. Unter den neugierigen Blicken einer älteren Reisegruppe werden die ersten Joints gedreht.

Bereits zum zehnten Mal ziehen an diesem Wochenende bundesweit Menschen beim "Global Marijuana March" durch die deutschen Großstädte. Der Deutsche Hanfverband (DHV) hat unter anderem Märsche in Berlin, Erfurt oder Halle (Saale) organisiert. Seit Anfang April gilt in Deutschland das Cannabis-Gesetz: Der Anbau und Besitz der Pflanze ist seitdem nicht mehr strafbar. Was zieht die Menschen an diesem Samstag also trotz der Legalisierung auf die Straße?

"Shops statt Cops": Demo-Teilnehmer fordern Alternative zu Social Clubs

In Dresden hat Marcel Ritschel den "Marijuana March" als Versammlung angemeldet. Ritschel ist Sprecher der DHV-Ortsgruppe Dresden und sitzt für Die Linke im Stadtbezirksbeirat der Dresdner Neustadt.

DHV-Sprecher und Politiker Marcel Ritschel bereitet den Demozug mit vor.
DHV-Sprecher und Politiker Marcel Ritschel bereitet den Demozug mit vor. © Christian Juppe

Das Motto der heutigen Demo lautet "Shops statt Cops". Zum Auftakt erklärt Ritschel, was es mit dem Slogan auf sich hat. "Wir fordern, dass man Marijuana in Läden kaufen kann", sagt er. Das seit Anfang April geltende Cannabis-Gesetz schreibt bisher vor, dass Kundinnen und Kunden Cannabis nur über sogenannte Cannabis Social-Clubs beziehen können. Dazu müssen sie Mitglied in einem der Clubs werden und Gebühren zahlen.

"Für Gelegenheitskiffer ist das zu umständlich", findet Ritschel. "Durch die ganze Bürokratie werden diese auch weiterhin auf dem Schwarzmarkt kaufen, der nicht kontrolliert und reguliert wird."

Lungenprobleme, Führerschein: Warum die Dresdner trotz der Legalisierung auf die Straße gehen

Mit guten zwanzig Minuten Verspätung setzt sich der Demozug gegen 14.30 Uhr in Bewegung. Mit dabei ist auch der gebürtige Engländer Justin Thorpe, der seit über 20 Jahren in Dresden lebt.

Thorpe arbeitet als medizinischer Assistent in der Herz- und Lungenabteilung des Helios Klinikums in Pirna. Am Samstag ist er wegen eines persönlichen Anliegens beim "Marijuana March" dabei. "Ich sehe jeden Tag die Schäden, die Tabakrauch in den Lungen meiner Patienten anrichtet", sagt er. Vielen Patienten könne man nicht mehr helfen, die Lunge sei zu stark geschädigt.

Gut 50 Menschen haben sich am Samstag der Pro-Cannabis-Demo angeschlossen.
Gut 50 Menschen haben sich am Samstag der Pro-Cannabis-Demo angeschlossen. © Christian Juppe

"Ich fühle mich verpflichtet, über Lungenkrebs und andere Krankheiten aufzuklären", sagt er. Viele Leute wüssten zwar, wie schädlich Tabakrauch ist, würden aber trotzdem weiter Zigaretten rauchen oder Tabak in ihre Joints drehen. "Dabei gibt es so viele gute Alternativen, etwa Cannabis-Brownies", sagt er.

Auch Moritz hat sich dem Marsch angeschlossen. Seinen Nachnamen oder ein Foto von sich möchte der Dresdner nicht in der Zeitung sehen. "Das Cannabis-Gesetz war ein erster wichtiger Schritt, aber es bleibt noch viel zu tun", sagt er. Er kritisiert beispielsweise den Grenzwert von 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) für den Straßenverkehr. THC ist einer der Wirkstoffe von Cannabis.

"Der Grenzwert ist viel zu niedrig", findet er. "In anderen Ländern muss man selbst bei viel höheren Konzentrationen im Blut nicht um seinen Führerschein fürchten." Tatsächlich gelten in anderen Ländern durchaus höhere THC-Grenzwerte: In Portugal etwa 6 Nanogramm, in einigen US-Bundeststaaten sind sogar bis zu 10 Nanogramm zulässig.

"Global Marijuana March" soll auch 2025 wieder in Dresden stattfinden

Kurz nach 16 Uhr kommt der Demo-Zug am Alaunpark in der Dresdner Neustadt an. Zu Zwischenfällen kommt es auf dem Weg dorthin nicht. "Wir sind absolut friedlich und wenn andere Leute ihr Bier trinken, wollen wir einfach nur eine Tüte rauchen", hatte CBD-Shop-Inhaber Alexis Flach auf Höhe des Altmarkts verkündet.

Auch im kommenden Jahr will Marcel Ritschel wieder einen "Global Marijuana March" in Dresden veranstalten. "2025 steht die Bundestagswahl an", sagt er. "Wer weiß, wer dann an die Macht kommt und das Cannabis-Gesetz vielleicht sogar wieder kippen will. Deshalb sind wir auch im kommenden Jahr wieder präsent."