Dresden bereitet sich auf neue Wetterrekorde vor

Dresden. Wer vor rund zwei Wochen nach Dresden blickte, sah vor allem eines: Schnee. Und es war bitterlich kalt, bis zu minus 15 Grad in den Nächten. Wer am vergangenen Wochenende wieder in die Landeshauptstadt geschaut hat, der konnte es vermutlich kaum glauben. Teilweise im T-Shirt und bei strahlendem Sonnenschein tummelten sich zahlreiche Dresdner zu Fuß oder auf dem Fahrrad an den Elbwiesen.
Hitze-Rekorde: Darum muss die Stadt jetzt handeln
Was gerade nach dem dunklen Lockdown-Winter ein Segen für die Seele ist, nämlich Helligkeit und Wärme, kann im Sommer schnell umschlagen. Nach 2018 und 2019 war 2020 für Dresden das drittwärmste Jahr seit 1961. Immer mal wieder macht Dresden sogar als heißeste Stadt des Landes von sich reden.
Und der Klimawandel lässt sich bisher kaum aufhalten. Die Trockenheit hat bereits jetzt massive Auswirkungen auf die Natur in Dresden, in der Dresdner Heide sterben immer mehr Bäume, Wespenplagen nehmen zu.
Doch auch für den Menschen sind die hohen Temperaturen oft kaum zu ertragen - und schaden sogar der Gesundheit. Klar ist: Politische Maßnahmen können die Hitze nur langfristig durch Klimapolitik beeinflussen.
Das Projekt "HeatResilientCity" (zu Deutsch "hitzeangepasste Stadt") untersucht deshalb stattdessen seit 2017, wie in Dresdner Gebäuden und in den Stadtvierteln besser gewohnt, gelebt und gearbeitet werden kann, wenn wieder der nächste Rekordsommer ansteht.
An diesen Haltestellen in Dresden ist es viel zu heiß
Federführend ist hier das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung am Weberplatz, aber auch die TU, die HTW und die Stadtverwaltung sind an Bord. Neu dabei: Das Dresdner Gesundheitsamt und die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft.
Bisher haben die Projektverantwortlichen vor allem untersucht, was man in Dresden machen könnte, um sich trotz Hitze im Stadtgebiet wohlzufühlen. Dafür wurde von Mai bis Juni 2020 unter anderem eine Bürgerumfrage zur Begrünung von Bus- und Bahnhaltestellen durchgeführt.

Viele der Befragten, insbesondere aus dem Stadtteil Gorbitz, schätzten ein, dass es gerade an den Haltestellen "Amalie-Dietrich-Platz" und "Julius-Vahlteich-Straße" im Sommer viel zu heiß werde.
Weil am Amalie-Dietrich-Platz oft Vandalismus vorkommt, hatten sich die Verantwortlichen bereits zuvor die Julius-Vahlteich-Straße als - bisher verglaste -Pilothaltestelle ausgesucht.
Das wünschen sich die Dresdner Bus- und Bahnnutzer
Das Ergebnis der Umfrage: 96 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dafür aus, an der und rund um die Haltestelle Bäume, Sträucher und Hecken zu pflanzen. Das Dach zu begrünen, hielten 88 Prozent der Befragten für eine gute Idee.
Allerdings gab es auch Befürchtungen. Sorgen machten sich einige Teilnehmer darum, dass die Dachbegrünung angezündet werden könnte, manche wiesen auf einen hohen Wasserverbrauch hin, andere hatten Angst, dass sich nicht um die Pflanzen gekümmert werde.
Eine Komplettbegrünung der Haltestelle stieß bei einem Viertel der Teilnehmer auf Skepsis. Vor allem Vögel und Insekten könnten so angelockt werden, die Sicht für wartende Fahrgäste und die Fahrer selbst könnte eingeschränkt sein, hieß es.
Doch die Verantwortlichen zogen ein positives Fazit. "Basierend auf den Erfahrungen mit diesem Projekt möchten wir Verschattungs- und Begrünungselemente in ein neues Standardhaltestellenkonzept aufnehmen, um die klimaschonende Gestaltung unserer Haltestellen langfristig zu etablieren", sagte Andreas Neukirch, Bereichsleiter Engineering der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), im Nachgang.
Das Dresdner Umweltamt will jetzt in Zusammenarbeit mit den DVB die Pilothaltestelle installieren. Der Baubeginn ist noch in diesem Jahr geplant. Im Anschluss an die Umsetzung soll eine Testphase folgen, heißt es in der Auswertung der Umfrage. Am Ende sollen Wirkung, Pflegeaufwand, Kosten und Bürgerakzeptanz bewertet werden.
Wissenschaftler empfehlen: So bleibt es kühl im Plattenbau
Eine weitere Maßnahmen, die in der ersten Phase des Projekts angestoßen und fast vollständig umgesetzt wurde, ist die Sanierung von drei Plattenbauten in Gorbitz, die der Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft (EWG) in Dresden gehören. In Gorbitz wohnen überdurchschnittlich viele Dresdner Senioren aus der Erstmietergeneration, die besonders unter den hohen Temperaturen im Sommer leiden.
Außerdem seien die Gebäude "repräsentative Vertreter für ortstypische Gebäude", heißt es in dem zugehörigen Bericht. Hier hatten die Wissenschaftler empfohlen, die Fenster auszutauschen, eine zusätzliche Mineralwolldämmung durchzuführen sowie Rolläden und eine Abluftanlage zu installieren, bei der das Volumen zu besonders heißen Zeiten verdoppelt wird - ein Konzept, das auch bei anderen Hochhäusern in Dresden zum Einsatz kommen könnte.
Außerdem hat die EWG in Gorbitz einen ungenutzten Bolzplatz in eine Wiese und verschiedene umweltfreundliche Blühflächen umgestaltet, die WiD wird im selben Stadtteil Fassade und Dach eines Neubaus begrünen.
So soll es beim Kampf gegen die Hitze weitergehen
In der zweiten Phase des Projekts, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für weitere zwei Jahre fördert, soll es jetzt über den Stadtteil im Dresdner Westen hinausgehen.
Man wolle nun auch Verwaltungsmitarbeiter, Angestellte in Fachverbänden, die Stadtparlamente, Gebäudeeigentümer und -verwaltungen sowie die breite Bevölkerung informieren und miteinander vernetzen, heißt es in einer Mitteilung.
Dabei soll es auch noch stärker um die Gesundheit der Dresdner gehen. "Lange Hitzeperioden im Sommer wirken sich schon heute vielerorts negativ auf das Wohlbefinden und die Gesundheit großer Bevölkerungsteile aus", so schreiben die Verantwortlichen. Ein Gesundheitsnetzwerk "Hitzeprävention" soll entstehen, auch ein Handbuch mit wichtigen Informationen ist geplant.