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Dresden: Frühlingsgefühle brechen sich Bahn

Am ersten sonnigen Wochenende herrschte Massenbegängnis an der Elbe, im Großen Garten, in Pillnitz und Heide. In Dresdens Biergärten gab es kein Halten.

Von Kay Haufe & Nadja Laske
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Krokusse blühen am Elbufer vor der Altstadt, die Menschen hielt nichts mehr zuhause.
Krokusse blühen am Elbufer vor der Altstadt, die Menschen hielt nichts mehr zuhause. © dpa-Zentralbild

Dresden. Es ist, als hätte Goethe seinen Osterspaziergang direkt für dieses Wochenende geschrieben. Das erste frühlingshafte Aufleben nach Schnee und Frost spielte sich in Dresden genau so ab, wie es der Dichter in seinem "Faust" beschrieb: Der Winter hat sich zurückgezogen, von Eis befreit sind Straßen, Wege und Elbauen. Noch sieht es trist und braun im Revier aus. Erste Frühblüher behaupten sich: Winterlinge und Krokusse, Märzenbecher und Schneeglöckchen. Bis die Natur wirklich zu grünen beginnt, wird es noch ein paar wärmende Sonnenstrahlen mehr brauchen.

Doch die Dresdner zieht es am Samstag und Sonntag ins Freie, auch wenn von einem zum nächsten Tag die Temperaturen schon wieder bis ins Einstellige gesunken sind und sich mit schneidendem Wind verbunden haben.

Spaziergänger an der Elbe. Tausende suchten das Vergnügen an den ersten Frühlingstagen. Am Johannstädter Fährgarten drängten sich die Menschen.
Spaziergänger an der Elbe. Tausende suchten das Vergnügen an den ersten Frühlingstagen. Am Johannstädter Fährgarten drängten sich die Menschen. © René Meinig

Ob im Großen Garten, in dem die Frühlingsfrischler spazieren, joggen, Rollerblades und Fahrrad fahren, oder weit im Osten der Stadt, wo sie sich an der Fähre zwischen Kleinzschachwitz und Pillnitz drängen - überall Massenbegängnis. Wie auf einer Perlenschnur liegen dazwischen die Ausflugsziele entlang der Elbe: Biergärten, deren Betreiber aufgrund von Corona zwar zu extrem eingeschränktem Angebot verdonnert sind, aber das Erlaubte maximal nutzen.

Im Schillergarten scheinen all die Bratwürste und süßen Waffeln verdrückt zu werden, die auf den ausgefallenen Weihnachtsmärkten nicht gegessen werden konnten. Wo die Sonne Grauzonen bescheint, stehen die Gäste mit Bierflaschen in fröhlicher Runde. Verschlossen darf Alkohol laut Verordnung verkauft werden, getrunken in der Öffentlichkeit eigentlich nicht. Kläger scheinen keine unterwegs zu sein. So stört sich auch niemand daran, dass deutlich mehr Sonnenbrillen Augen verdecken als Masken Mund und Nase.

Gelbe Teppiche von Abertausenden Winterlingen haben am Wochenende die Vorfreude auf die erwachende Natur geweckt.
Gelbe Teppiche von Abertausenden Winterlingen haben am Wochenende die Vorfreude auf die erwachende Natur geweckt. © René Meinig

Während sich die reifere Jugend auf ein Stößchen stehend zusammenfindet - alle Sitzplätze sind gesperrt - befördert die kleine Esila mit Schwung eine Handvoll Weißbrot in die Elbe. Unterhalb des Schillergartens lauern die Möwen und Schwäne auf ihren Snack. Zusammen mit ihrer Mutter und Freunden kommt die Fünfjährige oft zum Blauen Wunder. Dafür ist der Weg von Klotzsche nie zu weit. Mit Gummistiefeln ausgestattet, wagen sich auch ihr kleiner Bruder Semih und ihre Spielfreunde Yasincan und Ravza ganz nah an die riesigen Schwäne heran.

Gegenüber, rund um den rechtselbischen Körnergarten, herrscht ein ebensolches Getümmel. Auch dort ist der verfrühte Osterspaziergang im Gange: "Aus dem hohlen, finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor." Die vielen Wochen im Lockdown haben die Dresdner an ihre Schmerzgrenzen gebracht. Auch wenn er noch nicht beendet ist - die Furcht vor Corona verträgt sich ganz offensichtlich nicht mit herausbrechenden Frühlingsgefühlen.

Die Johannstädter Personenfähre "Johanna" hatte an ihrem ersten Wochenende nach der hochwasserbedingten Ruhepause jede Menge zu tun.
Die Johannstädter Personenfähre "Johanna" hatte an ihrem ersten Wochenende nach der hochwasserbedingten Ruhepause jede Menge zu tun. © René Meinig

Die gleichen Bilder am Johannstädter Fährgarten. Wie in Pillnitz und Kleinzschachwitz stehen Menschen in Schlangen an, um zur Neustädter Elbseite überzusetzen. Die Personenfähre "Johanna" musste zwei Wochen lang pausieren, weil der Fluss zu viel Wasser führte. Die Hochwasseralarmstufe 1 war erreicht. Das ist ab einem Pegel von vier Metern der Fall.

Am Sonntagnachmittag betrug der Wasserstand laut Landeshochwasserzentrum am Pegel Dresden 3,51 Meter. Damit war er übers Wochenende um knapp 40 Zentimeter gestiegen. Wenn die Elbe die 4,35-Meter-Marke erreicht, muss Fähre Johanna wieder den Betrieb einstellen. Davon ist sie jedoch noch ausreichend weit entfernt.

Unterhalb Johannstadts flattern bunte Drachen am Himmel. Sonne und ordentlich Wind - kein Herbststurm kann besser dafür sein. Selten war es so einfach, die Kinder zu lüften. Wochenlang hatten Eltern ihre liebe Not damit, ihre Kleinen bei miesem Wetter, ohne Kita, Schule und Freizeitangebote bei Laune zu halten. Endlich Aufatmen. Entsprechend zieht auch Leben auf den Spielplätzen ein.

Andreas Müller sorgt in seiner Gärtnerei an der Pillnitzer Landstraße für Frühlingsgefühle in allen Farben: Primeln, Stiefmütterchen, Vergissmeinnicht bringen gute Laune in die Beete.
Andreas Müller sorgt in seiner Gärtnerei an der Pillnitzer Landstraße für Frühlingsgefühle in allen Farben: Primeln, Stiefmütterchen, Vergissmeinnicht bringen gute Laune in die Beete. © René Meinig

So richtig satt Frühling hat sich in der Gärtnerei von Andreas Müller in Leuben breit gemacht. Dort gibt es Primeln, Stiefmütterchen, Hornveilchen, Vergissmeinnicht und Tausendschönchen für Garten oder Pflanzschale. Gärtner Müller darf seinen Gartenbau-Laden an der Pirnaer Landstraße öffnen, weil er die Ware selbst erzeugt. „Diese Pflanzen kann man jetzt schon in Kübel oder ins Beet setzen, sie überstehen auch einen Kälteeinbruch“, sagt er.

Mit dem ist vorerst nicht zu rechnen. Über die Woche soll sich das Wetter so sonnig halten wie am Wochenende. Auch zweistellige Temperaturen tun den wintersatten Seelen wohl.

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