Dresden. Ist Bio in der Krise? Nach einem regelrechten Boom in den Corona-Jahren verzeichnen Händler bei Bio-Lebensmitteln und anderen Naturprodukten tatsächlich etwas Zurückhaltung bei den Kunden. Das bestätigen auch Jonathan Kirchner und Barbara Rische vom Vorstand der Verbrauchergemeinschaft (VG) Dresden. Dennoch setzt die mittelgroße Genossenschaft mit rund 10.000 Mitgliedern auf Expansionskurs: In der Dresdner Neustadt eröffnet die VG ihren siebten Laden in der Stadt.

Kirchner und Rische hoffen, dass die Dresdner das Angebot annehmen. Denn es wird auch eine Art Versuch, ob zwei Läden in unmittelbarer Nähe - ein weiterer Markt befindet sich auf der Fritz-Reuter-Straße - funktionieren. "Wir haben eigentlich keinen richtigen Expansionsplan. Wir reagieren nur, wenn mehr Platz benötigt wird", sagt Kirchner. Und das ist in der Neustadt der Fall. Hatte die VG 2010 zur Eröffnung auf der Fritz-Reuter-Straße noch 4.000 Mitglieder, hat sich die Zahl seitdem mehr als verdoppelt.

Wo und wann öffnet der neue Biomarkt?

Der neue Biomarkt ist in einen Altbau in die Friedensstraße 2f eingezogen. Marktleiter Seppo Immonen kennt die Geschichte des Hauses: Vor 120 Jahren wurde es als Kohlenlager genutzt, später als Werkstatt. Im Obergeschoss gibt es sogar einen alten Festsaal - diese Räume sollen als Büros genutzt werden.

Auf 800 Quadratmetern im Erdgeschoss bietet die VG nun Bioprodukte aller Art, von Lebensmitteln über Naturkosmetik bis hin zu Mittagsgerichten, die natürlich auch rein Bio sind. Bislang ist das Essensangebot in der Mittagszeit im Viertel überschaubar, deshalb fiel die Entscheidung, ein Bistro in den neuen Standort zu integrieren.

Der neue Markt wird an diesem Donnerstag ab 9 Uhr geöffnet sein. An den Wochentagen können die Kunden von 9 Uhr bis 20 Uhr einkaufen, am Samstag von 9 Uhr bis 14 Uhr.

Wie sieht das Angebot aus?

Das Besondere an den VG-Läden: Die meisten Produkte werden in einem Umkreis von 150 Kilometern um Dresden hergestellt oder verarbeitet. Rund 90 Betriebe aus der Region beliefern die Märkte täglich mit frischem Obst und Gemüse sowie Backwaren und Molkereiprodukten. Von rund 20 Betrieben bezieht der neue Standort in der Friedensstraße seine Waren. Insgesamt 15.000 Produkte sind in den Regalen, Kühltheken und Abfüllbehältern des sogenannten Vollsortimenters zu finden.

Denn auch der plastikfreie Einkauf wird bei der VG großgeschrieben. Die Kunden können sich in mitgebrachte oder geliehene Behältnisse lose Waren abfüllen. Zudem werden viele Produkte in Mehrweg-Verpackungen angeboten, darunter Konserven, Brotaufstriche und Gewürze.

Rund 700.000 Euro waren nötig, um den neuen Laden herzurichten und mit Waren zu bestücken. Das Geld stellten übrigens VG-Mitglieder über Darlehen zur Verfügung, die zwischen 500 und 20.000 Euro betrugen. "Die Bereitschaft, uns bei der Erweiterung zu unterstützen, ist sehr groß", sagt Barbara Rische. Das Konzept kommt bei den Dresdnern offenbar gut an.

Wie funktioniert die Dresdner Verbrauchergemeinschaft?

Das Prinzip der 1991 in Dresden gegründeten Gemeinschaft ist einfach: Wer bei der Verbrauchergemeinschaft Mitglied ist, bezahlt für die Waren in allen Dresdner Filialen der VG weniger. Dafür wird pro Monat ein Beitrag in Höhe von 15 Euro für einen Erwachsenen fällig. Zudem müssen einmalig 20 Euro pro Mitglied gezahlt werden, für Genossenschaftsanteile. Für Kinder - egal, wie viele zur Familie gehören - fallen weitere 7,50 Euro monatlich an. Ein Erwachsener bezahlt für sich und seine Kinder 22,50 Euro pro Monat, der Familienbeitrag für zwei Erwachsene und ihre Kinder beträgt 37,50 Euro.

Wer nicht Mitglied ist, bezahlt den handelsüblichen Preis. Auf den einzelnen Schildern zu den Produkten sind jeweils beide Preise aufgeführt. Ist das Schild zudem grün, kommt die Ware aus der umliegenden Region.

Dafür sparen Mitglieder im Schnitt rund ein Drittel des Verkaufspreises. Ein Beispiel: Im neuen Markt in der Friedensstraße kostet ein Kilogramm Äpfel der Sorte Gala vom Stadtgut Görlitz für Mitglieder 2,10 Euro. Der normale Kunde zahlt dafür 2,85 Euro. Bei Naturkosmetik ist die Differenz noch größer.

Wer Mitglied werden will, muss dafür in einem der sieben VG-Märkte persönlich vorbeischauen, dort ein Antragsformular ausfüllen und abgeben. Direkt danach können die Kunden zum Genossenschaftspreis einkaufen, etwa zwei Wochen nach der Anmeldung kann der Mitgliedsausweis abgeholt werden.

Wo gibt es in Dresden Märkte der VG?

An insgesamt sieben Standorten können die Dresdner nun ihre regionalen Bioprodukte über die Verbrauchergemeinschaft beziehen:

• Biomarkt Dresden-Mitte, Jahnstraße 5, Lebensmittel, Bio-Bistro, Backladen
• Naturwarenladen Dresden-Mitte, Jahnstraße 5a, Naturtextilien, Naturkosmetik, Drogeriewaren
• Biomarkt Striesen, Schandauer Straße 34, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren
• Biomarkt Johannstadt, Elisenstraße 42, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren
• Biomarkt Strehlen, Reicker Straße 38, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren, Bio-Bistro
• Biomarkt Neustadt (reiner Mitgliedermarkt), Fritz-Reuter-Straße 32, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren, Bio-Bistro
• Biomarkt Neustadt, Friedensstraße 2f, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren, Bio-Bistro
• VG Balsamico Loschwitz, Pillnitzer Landstraße 8, Lebensmittel, Naturkosmetik, Drogeriewaren