Dresden
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Dresden damals - ein Kaufhaustraum vor dem Krieg

Vor dem Krieg gab es in der Innenstadt von Dresden gleich mehrere Kaufhäuser, die mit großen Schaufenstern und Annoncen die Kunden anlockten.

Von Ralf Hübner
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Stadt der Kaufhäuser: Dresden, Prager Straße, Ecke Waisenhausstraße um 1928.
Stadt der Kaufhäuser: Dresden, Prager Straße, Ecke Waisenhausstraße um 1928. © Sammlung Holger Naumann

Es ist jedes Jahr das Gleiche: Im Schlussspurt um die Weihnachtsgeschenke erreicht das Gedränge in den Warenhäusern und Einkaufspassagen den Höhepunkt. Das war vor 115 Jahren nicht anders. Die Warenhäuser lockten in großen Zeitungsanzeigen mit Sonderangeboten und versprachen ihren Kunden, dass sie bei ihnen das passende Weihnachtsgeschenk fänden. Noch vor den Feiertagen eröffnete am 15. Dezember 1913 mitten im Weihnachtgeschäft an der Ecke von Prager und Waisenhausstraße das umgebaute Kaufhaus Esders.

Kaufhaus Esders an der Prager und Waisenhausstraße in Dresden auf einer Postkarte um 1910.
Kaufhaus Esders an der Prager und Waisenhausstraße in Dresden auf einer Postkarte um 1910. © Sammlung H. Naumann

Die Menschen strömten durch die Türen des neu eröffneten Modehauses, das elegante Damen mit großen Hutschachteln später wieder verließen, so wird es berichtet. Der markante Eckbau des Esders galt damals als das schönste und modernste Kaufhaus der Stadt. In elf Schaufenstern präsentierte das Haus modische Auslagen. Im Erdgeschoss und der ersten Etage empfing die Konfektions- und Maßabteilung die Kunden. In der zweiten, dritten und vierten Etage befanden sich die Arbeitsannahme, die Zuschneiderei sowie das Stofflager, Werkräume und Büros. Das Esders hatte rund 400 Angestellte sowie Volontäre aus vielen Ländern.

1894 hatte sich der Pariser Einzelhandelskaufmann Heinrich Esders mit einem Konfektionsgeschäft an der belebten Stelle in der Dresdner Innenstadt niedergelassen. Weil das Gebäude modernen Anforderungen nicht mehr genügte, wurde es umgebaut. Damit die Geschäfte weitergehen konnten, wurde im Altbau so lange verkauft, bis der erste Teil des neuen Hauses fertig war und provisorisch in Betrieb gehen konnte. Die Pläne für den Stahlbetonbau stammten vom Dresdner Architekten Alexander Tandler. Es war das erste Gebäude in Dresden, bei dem sowohl die tragende Konstruktion als auch der ornamentale Schmuck der Fassade in Beton ausgeführt wurden und nicht in Naturstein. Es sei als Geschäftshaus errichtet worden, "das in mehrfacher Hinsicht das Interesse der Fachwelt verdient", schrieb die Deutsche Bauzeitung. Das Esders galt als eines der schönsten Kaufhäuser Dresdens.

Und Dresden war eine Stadt der Kaufhäuser: Der Platzhirsch war das Kaufhaus Renner am Altmarkt. Johann Traugott Adolf Renner hatte im September 1854 an der Ecke von Badergasse und Altmarkt ein Tuch- und Manufakturwarengeschäft eröffnet. Später kamen weitere benachbarte Gebäude hinzu. Schließlich bestand das Kaufhaus aus zwölf miteinander verbundenen Häusern, die äußerlich jedoch unverändert geblieben waren. Das Kaufhaus war mit seinen 60 Schaufenstern und der ersten Rolltreppe in Dresden eine Attraktion. Ende der 1920er-Jahre arbeiteten hier etwa 1.200 Angestellte in mehr als 56 Fachabteilungen. Das Warensortiment ließ kaum Wünsche offen. Im Erdgeschoss wurde unter anderem Wäsche für Herren, Damen und Kinder verkauft. Auch Küchen- und Bettwäsche gab es. Dazu Bücher und Schreibwaren, Musikalien und Konfitüren, Kosmetikartikel und Bilder sowie Taschentücher. Im Stockwerk darüber fand sich eine riesige Auswahl an Stoffen und noch höher schließlich Damenbekleidung. Darüber wiederum gab es Waren aller Art: Teppiche, Möbelstoffe, Gardinen, Schlafdecken, Linoleum, Wachstuch sowie Betten, Korb- und andere Möbel, Lampen, Kinderwagen, Tapeten, Fotoartikel und Radioapparate.

Weitere große Kaufhäuser waren das Kaufhaus Herzfeld gegenüber an der Nordseite des Altmarktes, wo sich jetzt der Kulturpalast befindet. Am Pirnaischen Platz stand das Modehaus Heinrich und in der Wilsdruffer Straße das Kaufhaus der Gebrüder Alsberg. Nach einer Erweiterung in den Jahren 1928 bis 1930 verfügte es über eine Nutzfläche von rund 20.000 Quadratmetern auf sechs Stockwerken.

Das "ReKa" - Liebe trotz ungewohnter Architektur

Fast vier Jahre nach der Eröffnung des Esders wurde auf der anderen Seite der Prager Straße, etwa dort wo sich jetzt das Karstadt-Kaufhaus befindet, das "ReKa" errichtet, das Residenzkaufhaus. Die Dresdner liebten es, auch wenn dessen sachlich-schlichte Reformarchitektur mit viel Glas und Beton von manchen zunächst als "fremdartig und nicht passend" empfunden wurde. Zur Weihnachtszeit lockte es mit üppig dekorierten Schaufenstern. Wer es sich leisten konnte, kaufte hier seine Geschenke.

Auf vier Etagen, die mit dem Fahrstuhl bequem zu erreichen waren, gab es von der Stecknadel über Mode, Spielwaren bis zu elektronischen Artikeln so ziemlich alles: Sport- und Spielwaren, Bücher, Uhren, Fotoartikel, Haushaltsgeräte. In der großen Lebensmittel- und Delikatessenabteilung in der obersten Etage konnte die Hausfrau für das Festmahl einkaufen. Dort wurden unter anderem Waren aus der hauseigenen Fleischerei angeboten. In einem Bassin schwammen Fische. Zeitzeugen berichteten von viel Glanz in den hell erleuchteten 55 Verkaufabteilungen. 1925 wurde es erweitert. Es wurde schließlich das größte Kaufhaus der Stadt.

Das Esders jedoch wurde bei der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zerstört und die Ruine später abgerissen. 1998 wurde an dieser Stelle das neue „Kaufhaus Esders“ errichtet.