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Freispruch nach Vergewaltigungsvorwürfen in Dresdner Pilskneipe

Auch nach dem zweiten Sitzungstag hat sich die Situation für den Rentner nicht verschlechtert. Der meist coole 69-Jährige trägt das Urteil äußerlich mit Fassung.

Von Alexander Schneider
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Erst haben sie in einer Dresdner Kneipe zusammen angestoßen, dann soll der 69-Jährige die wesentlich jüngere Frau vergewaltigt haben. Nun endete der Prozess am Amtsgericht Dresden.
Erst haben sie in einer Dresdner Kneipe zusammen angestoßen, dann soll der 69-Jährige die wesentlich jüngere Frau vergewaltigt haben. Nun endete der Prozess am Amtsgericht Dresden. © Symbolfoto: dpa

Dresden. Was auch immer an jenem 7. Januar 2020 im Keller einer Cottaer Bierkneipe geschehen ist, strafrechtlich hat es keine Konsequenzen. Nach zwei Sitzungstagen wurde nun ein 69-jähriger Angeklagter am Amtsgericht Dresden freigesprochen, weil ihm das vorgeworfene Geschehen nicht nachzuweisen war – und einiges dafür spricht, dass es ganz anders gewesen sein könnte.

Es ging um Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Der 69-Jährige soll sich vor mehr als drei Jahren in seiner Stammkneipe an einer Frau vergangen haben, die vom Alter her seine Tochter sein könnte. Auf der Herrentoilette soll er die Geschädigte laut Anklage zum Beischlaf gezwungen haben. Die Spurenlage sah zunächst nicht gut für den Rentner aus. Am BH seines vermeintlichen Opfers sicherte die Polizei seine DNA, an seinem besten Stück wiederum fand sich ihre DNA.

Für beide genetischen Fingerabdrücke hatte der Angeklagte keine Erklärung parat, wobei nicht ganz klar wurde, ob es am Willen oder am Können seinerseits lag. Der Mann hatte zum Auftakt seiner Verhandlung einen gewöhnlichen Pilskneipen-Abend in der Vor-Corona-Zeit geschildert, wie es eben ist, wenn sich zwei Stammgäste seit Wochen wieder einmal treffen. Später am Abend sei sie nach ihm von der Toilette gekommen und habe plötzlich laut nach ihm gefragt. Sie wolle die Polizei anrufen, weil er sie soeben vergewaltigt habe.

Trotz der DNA-Spuren und der schweren Vorwürfe blieb der nicht vorbestrafte Rentner überraschend gelassen. Zweifel kamen mit der Aussage der Geschädigten auf. Sie hatte die Abläufe in ihrer Vernehmung in nichtöffentlicher Sitzung gänzlich anders geschildert als unmittelbar nach der vermeintlichen Tat und den folgenden Befragungen. Das ging so weit, dass die Richterin anmerkte, sie könne gar keine Straftat mehr erkennen. Hinzu kam, dass die Frau nicht nur erheblich alkoholisiert gewesen sein soll, sondern offenbar auch unter dem Einfluss von Psychopharmaka stand.

Frühe Zweifel

Zwar hatte auch Verteidiger Christian Janeczek die Bedenken des Gerichts geteilt, nicht aber der Staatsanwalt. Also wurden weitere Zeugen vernommen und sogar ein zweiter Sitzungstag vereinbart. Doch an den grundsätzlichen Bedenken änderte nun auch die Vernehmung des damaligen Lebensgefährten der Geschädigten nichts mehr entscheidend.

Das Schöffengericht sprach den Angeklagten frei, wie es der Verteidiger und auch der Staatsanwalt gefordert hatten: "In der Beweisaufnahme haben wir keine strafbare Handlung feststellen können, die wir Ihnen nachweisen können", sagte die Vorsitzende Richterin. Das hieße nun aber nicht, dass das Gericht der Geschädigten nicht geglaubt hätte. Klar sei, dass beide sich in der Kneipe getroffen und miteinander gesprochen hatten, auch zur selben Zeit auf Toilette waren. Der Damentrakt war wegen Reparaturen wochenlang gesperrt, für alle nur das Herren-WC blieb.

"Es hat ein Geschehen gegeben, das aber nicht strafbar gewesen sein muss", so die Richterin, "wir können nicht erklären, was passiert ist. Wir gehen aber auch nicht davon aus, dass nichts war."

Verteidiger Janeczek hatte in seinem Plädoyer angemerkt, dass es "Berührungen" gegeben habe, die von der Geschädigten geschilderten Abläufe "technisch" so nicht möglich gewesen seien. Er kritisierte, dass erst in der Hauptverhandlung bekannt wurde, dass die Geschädigte unter dem Einfluss von Psychopharmaka stand, die zusammen mit Alkohol eine massive Auswirkung entfalteten. Er war so zu verstehen: Wenn das schon im Ermittlungsverfahren klar gewesen wäre, hätte das der Geschädigten, seinem Mandanten diese öffentliche Hauptverhandlung erspart.