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Schräge Beweise im Dresdner Polizisten-Prozess um Anabolika

Ausgerechnet gegen einen Polizisten wurde lausig ermittelt. Es geht um den Import illegaler Dopingmittel. Die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldzahlung lehnt der Angeklagte entschieden ab.

Von Alexander Schneider
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Bei Kontrollen an der Autobahn 17 bei Breitenau, wie hier im Oktober 2021, hat der Zoll auch schon modernste Analysetechnik eingesetzt. In einem Fall, der zurzeit am Amtsgericht Dresden verhandelt wird, gibt es jedoch allerhand Kritik.
Bei Kontrollen an der Autobahn 17 bei Breitenau, wie hier im Oktober 2021, hat der Zoll auch schon modernste Analysetechnik eingesetzt. In einem Fall, der zurzeit am Amtsgericht Dresden verhandelt wird, gibt es jedoch allerhand Kritik. © Archivfoto: Egbert Kamprath

Dresden. Zum Geschäft einer Firma aus Prag gehört unter anderem der Versand von Postsendungen, die in einem unscheinbaren Transporter nach Deutschland gebracht und erst da an Paketzustelldienste übergeben werden. Bei einer Zollkontrolle im Mai 2020 – ein Routine-Einsatz am Rastplatz "Am Heidenholz" an der A17 aus Tschechien – entdeckten die Beamten in einem solchen Transport mehrere verdächtige Sendungen. Ein Päckchen war, ausgerechnet, mit der Adresse eines 47-jährigen Polizisten aus Dresden und einer Handynummer beschriftet. Darin befanden sich illegale Anabolika, 400 Tabletten namens Stanozolol und 100 Pillen anderen Namens.

Der Polizist wurde wegen Erwerbs und Einfuhr illegaler Dopingmittel am Amtsgericht Dresden angeklagt. Die Staatsanwaltschaft will ermittelt haben, dass der Beamte diese Präparate bestellt haben soll. Darüber hinaus habe er weitere 100 Pillen besessen, die bei einer Hausdurchsuchung Mitte 2021 bei ihm gefunden wurden.

Der Polizist, ganz offensichtlich ein trainierter Kraftsportler, hatte zum Prozessauftakt Ende 2022 ausgesagt, oft in Tschechien bestellt zu haben, auch legale Muskelaufbaupräparate für seinen Sport. Die zwei Pillen in seinem Nachtschränkchen seien wohl eine Gratis-Probe des Lieferanten gewesen, in Pandemiezeiten habe er sehr viel bestellt. Er habe recherchieren wollen, um was für ein Zeug es sich handelt, sagte der 47-Jährige. Illegale Substanzen würde er nie einnehmen. Im Übrigen bewahre er seine Proteine in der Küche auf.

Eine Verwechslung?

Der Angeklagte bestritt – und dann kamen auch noch zahlreiche Unstimmigkeiten ans Licht, man könnte auch von Pannen sprechen: Die Substanzen waren nicht untersucht worden, die Wirkstoffmengen unklar. Die Fahrerin des Transporters wurde nie vernommen. Die Handynummer auf dem Päckchen gehört jemand anderem – sodass der Angeklagte davon ausging, seine Anschrift auf der illegalen Sendung sei wohl eine Verwechslung gewesen. Der Richter setzte daher die Verhandlung aus, um Nachermittlungen zu veranlassen.

Am Dienstag nun fand ein neuer Anlauf dieser delikaten Sache statt. In einem Wirkstoffgutachten des Kreischaer Doping-Labors wurden nun andere Wirkstoffe und Mengen aufgezählt, als vom Zoll angegeben. Die Handynummer gehört einem sächsischen Handwerker – ob er aber mit der tschechischen Lieferfirma zu tun hatte, man weiß es nicht. Mehr als eine einfache Datenbankabfrage hat der Zoll seit dem letzten Prozess nicht gemacht.

Verteidiger Mark Hirschmann, der das alles erneut kritisierte, ging noch weiter. Er hält die Sicherstellung der Pillen-Sendung an der A17 für illegal, weil der Zoll weder Staatsanwalt noch Richter hinzugezogen habe.

Den Vorschlag der Staatsanwaltschaft, das Verfahren aufgrund des Zeitablaufs gegen eine eher geringe Geldauflage einzustellen, immerhin sei der Vorwurf nicht so schwerwiegend, wies der Polizist entschieden zurück: Das würden seine Kollegen als Schuldeingeständnis ansehen, selbst wenn ihm dann auch noch disziplinarrechtliche Konsequenzen erspart blieben: "Das kann ich nicht." Er habe sich nichts vorzuwerfen und er zahle auch nicht für Sachen, die er nicht getan habe.

Der Prozess wird nun also fortgesetzt, um zunächst einen Doping-Gutachter anzuhören.