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Forscherin fälschte Studien – wie geht die TU Dresden damit um?

Der Betrug geschah in einer Zeit vor der TU. Nun ist die Forscherin aber in Dresden angestellt, und die Uni hier hat den Vorfall jetzt bei sich.

Von Stephan Schön
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Personen sind aus wissenschaftlichen Studien verschwunden oder tauchen zusätzlich dort auf. Ergebnisse lassen sich genau so manipulieren.
Personen sind aus wissenschaftlichen Studien verschwunden oder tauchen zusätzlich dort auf. Ergebnisse lassen sich genau so manipulieren. © Getty Images

Das ist wirklich dumm gelaufen für die TU Dresden. Da kommt eine junge, ehrgeizige, erfolgreiche Wissenschaftlerin an die Universität, und jetzt stellt sich raus, es wurden von ihr in den Jahren davor Forschungsarbeiten gefälscht.

Drei Untersuchungen hatte die Universität Leiden zur Psychologin Lorenza C. durchgeführt. Die erste kam Ende 2019 zum Schluss, zwei Forschungen müssen zurückgezogen werden. Die zweite Untersuchung bestätigte dies.

Und nun, im Dezember 2021 sind sieben weitere von 53 untersuchten Publikationen zurückzuziehen. Acht weitere Arbeiten sollen mit einer Warnung für Nutzer versehenen werden. Ärgerlich für die TU Dresden ist, dass sie dafür nichts kann, fast nichts. "Da sich die Untersuchungsergebnisse auf die Zeit der Wissenschaftlerin an der Universität Leiden beziehen, liegen mögliche Konsequenzen primär bei der dortigen Universität", heißt es dann auch im ersten Statement der TU Dresden dazu.

Die Frage nach der Eignung

Da die Uni Leiden aber in Dresden gar nichts ausrichten kann, sieht es ganz danach aus, dass nun gar nichts passiert. Oder doch? Offenbar gibt es da noch Möglichkeiten.

Hans-Heinrich Trute, Professor für Öffentliches Recht, Medienrecht und Telekommunikationsrecht an der Universität Hamburg sieht dies anders. "Freilich sind die Möglichkeiten begrenzt, weil die Vorfälle eben nicht hier passiert sind. Aber das muss man sich doch zumindest anschauen." Und einige Konsequenzen seien durchaus möglich, sagt der Jurist weiter.

Trute kennt die TU Dresden sehr gut, und auch die Psychologie. Mehrere Jahre hatte er dort eine Untersuchungskommission zum spektakulären Fall des Professors Hans-Ulrich Wittchen geleitet. Betrug und vorsätzliche Fälschung standen am Ende fest. Wittchen ist inzwischen nicht mehr an der TU Dresden. Die Wissenschaftlerin Lorenza C. aber schon, und dies wissenschaftlich in derselben Fakultät. Angestellt ist sie indes im Universitätsklinikum. Das zeigt sich entschlossener als die TU an sich bei der Aufarbeitung. In dessen Statement heißt es: "Wir sind an einer lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe interessiert. Dazu werden wir selbst interne Untersuchungen auf den Weg bringen sowie die Aktivitäten an der TU Dresden nach Kräften unterstützen."

Was das sein könnte, das erläutert Rechtsprofessor Trute. "Die Eignung für einen bestimmten Posten ist doch davon abhängig, ob die Standards für diesen Posten erfüllt werden. Wenn ich das in mehrfacher Hinsicht nicht getan habe, stellt sich schon die Frage nach der Eignung, diesen Job auszuüben."

"Eine Rufschädigung der Universität"

Seiner Meinung nach müsste man eine sogenannte Verhaltensbedingte- oder Personenbedingte Kündigung für diese Forscherin zumindest prüfen. "Hier betrifft es letztlich den Kern ihrer Tätigkeit. Daher wäre es schon arbeitsrechtlich zu prüfen. Und notfalls muss man sich die Vorfälle halt selber noch mal anschauen."

Anders als die TU Dresden in ihrem Statement behauptete, man hätte vor der Einstellung der Forscherin nichts von dem Untersuchungsverfahren in Leiden wissen können, weil: "Dessen tatsächliche Einleitung und der Ausgang waren zu diesem Zeitpunkt offen." Der Ausgang war schon offen, der Rest ist schlicht falsch. Die Untersuchungen liefen nämlich schon über Monate davor. Man hätte es also wissen können. Und Trute fragt sich sowieso: "Ich kenne die Anstellungsbedingungen nicht, aber gegebenenfalls hätte man schon in der Probezeit Konsequenzen prüfen können." Denn im Oktober 2019 angestellt kamen bereits im Dezember des gleichen Jahres, also nur wenige Wochen nach der Anstellung, die erste Fälschungen ans Licht.

"Jetzt länger zu zögern, würde die ganze Sache für die TU und die Uniklinik nur noch unangenehmer machen", sagt Rechtswissenschaftler Trute. "Das ist natürlich eine Rufschädigung für die Universität. Schon deshalb sollte sie in ihrem eigenen Interesse handeln, um weiteren Schaden abzuwenden."

Denn ob sich das Problem für die TU in Kürze von alleine löst oder noch Jahre bleibt, hängt auch davon ab, wie lange der befristete Vertrag von Lorenza C. noch läuft.