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Dampferflotte: Konkurrenz belebt das Geschäft

Wochenlang waren sie Gegner. Jetzt müssen die Spitzenreiter im Dresdner Bieter-Poker um die Dampfschifffahrt zusammenarbeiten. Wie das gelingt.

Von Christoph Springer
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Zwei Männer und die Dampfer: Der neue Dampferchef Robert Straubhaar (links) und Werft-Geschäftsführer Sven Spielvogel.
Zwei Männer und die Dampfer: Der neue Dampferchef Robert Straubhaar (links) und Werft-Geschäftsführer Sven Spielvogel. © Marion Doering

Dresden. Beide wollten dasselbe: Eine Firma übernehmen, die Tradition hat, die beliebt ist, ohne die sich niemand Dresden vorstellen kann und will. Sie waren Konkurrenten in einem Millionenpoker, der sich über Wochen hinzog und bei dem nur einer gewinnen konnte. Beide hatten auch gute Argumente: Der Eine vor allem Erfahrung im Geschäft, der Andere ein Unternehmen, ohne das die Traditionsfirma nicht überleben kann.

Robert Straubhaar und Sven Spielvogel kannten sich bis Ende August nicht. Noch nie hatten der Immobilienunternehmer und der Schifffahrtsspezialist miteinander zu tun. Bis sie ins Rennen um die Übernahme der Sächsischen Dampfschifffahrt (SDS) eingestiegen sind. Spielvogel hatte die Werft als Pfund im Gepäck, Straubhaar seine Erfahrung als erfolgreicher Schifffahrtsmanager. Beide mussten bereit und in der Lage sein, mindestens eine mittlere, einstellige Millionensumme für die Flotte zu zahlen. Gewonnen hat am Ende nicht Spielvogel, der einer von zwei Geschäftsführern der Firma Richert & Co ist. Damit blieb es dabei, dass Werft und Flotte zwei getrennte Unternehmen sind.

Keine andere Werft in Sicht

Der Schweizer Robert Straubhaar musste nach der Insolvenz der Dampfschifffahrt, die jetzt als Weiße Flotte Sachsen GmbH firmiert, den Werftvertrag neu verhandeln. Ausgerechnet mit dem unterlegenen Bieter, der die Werft in Laubegast 2019 nicht nur übernommen hat, weil ihm als Immobilienspezialist die Top-Lage an der Elbe gut gefällt. Richert & Co. will damit auch Geld verdienen und das bekam Robert Straubhaar jetzt zu spüren. Im September sprach er von finanziellen Erwartungen der Werftbesitzer, die er keinesfalls erfüllen wolle. Doch die Flotte braucht die Anlage zwischen Elbe und Österreicher Straße. Schließlich ist die nächste Werft eine Tagesreise per Schiff entfernt - mit dem Elbestrom. Roßlau ist keine Alternative für die Dresdner Dampfer. Das wusste auch Spielvogel, schließlich hat er sich bei der Vorbereitung der Flottenübernahme auch mit den Werftkosten des Unternehmens und den Reparaturzyklen beschäftigten müssen.

Inzwischen sind die Unterschriften trocken unter dem neuen Mietvertrag. "Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit, er tritt nicht als knallharter Geschäftsmann auf", beschreibt Co-Geschäftsführer Stefan Bloch, die "rechte Hand" von Straubhaar, die Zusammenarbeit mit dem ehemals unterlegenen Bieter. Und Spielvogel sagt: "Unser Verhältnis ist ordentlich, wie es unter Kaufleuten üblich ist." Nein, Richert & Co spiele jetzt nicht "die beleidigte Leberwurst". Es sei ein professionelles Verhältnis, das jetzt auch zu einem neuen Mietvertrag geführt hat.

Sie sind aufeinander angewiesen: Die Dampfer auf die Werft und die Werft auf die Dampfer. Im Bild die Laubegaster Werft.
Sie sind aufeinander angewiesen: Die Dampfer auf die Werft und die Werft auf die Dampfer. Im Bild die Laubegaster Werft. © Archiv/Sven Ellger

In diesem Vertrag wird laut Spielvogel berücksichtigt, dass wegen Corona gerade "eine schwierige wirtschaftliche Lage" ist. Erst ab April soll die Weiße Flotte deshalb die volle Werftmiete bezahlen, bis dahin muss sie weniger Geld überweisen. Wie viel unterm Strich pro Monat fällig sind, sagt keiner der Beteiligten. Sven Spielvogel räumt ein, dass es mehr ist, als die Dampfschifffahrt vor der Insolvenz überweisen musste. Früher habe die Flotte etwa 12 Cent pro Quadratmeter für die Helling bezahlt, also für die Fläche, auf der die aus der Elbe gezogenen Schiffe auf dem Trockenen stehen. Jetzt sei der Preis etwas höher.

Auch die Maschinen, die in der Werft für die Arbeit an den Schiffen gebraucht werden, wollte die Weiße Flotte Dresden GmbH übernehmen. Doch die will Richert & Co. nicht hergeben. Sonst sei die Werft "wie ein Auto ohne Motor", sagt Spielvogel. Also muss die Dampfschifffahrt auch dafür Miete zahlen.

Drei Dampfer werden repariert

In Laubegast hat unterdessen die Reparatursaison begonnen. An drei Dampfern wird zur Zeit gearbeitet. In allen Schiffen der Flotte sollen unter anderem Teile der Küchen, der Kühlhäuser und der Theken erneuert werden, sagt Stefan Bloch. Der Dampfer Wehlen bekommt sogar eine komplett neue Küche. Das Salonschiff August der Starke braucht außerdem einen neuen Unterboden, zusätzlich muss viel gestrichen werden. An einem Anleger der Werft liegt noch der Dampfer Krippen, er wird vollständig überholt.

Sven Spielvogel bedauert, dass es Richert & Co. nicht gelungen ist, die Flotte zu übernehmen. "Das ist unternehmerisch schade", sagt der Immobilienfachmann, schließlich sei das "ein sehr emotionales Unternehmen". Aber er findet, das Ergebnis des Bieterwettstreits habe für ihn und das Immobilienunternehmen auch gute Seiten. "Mir sind Kopfschmerzen erspart geblieben und ich habe ohne die Flotte viel mehr Freizeit." Einen Teil davon will er nutzen, um zwei geplante Neubauten auf dem Werftgelände voranzubringen. Anstelle von zwei alten Hallen auf der Geländeseite neben dem benachbarten Autohaus sollen eine neue Produktionshalle und ein Verwaltungsgebäude entstehen. Im übernächsten Jahr könnte es damit losgehen.

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