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Dresdens Luft wird nicht sauberer

An der Bergstraße war die Stickstoffdioxid-Belastung 2018 so hoch wie ohne den neu aufgestellten Blitzer. Die Stadt hat aber noch einen anderen Plan.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Autos sind in Städten der Hauptgrund für eine hohe Stickstoffoxidbelastung.
Autos sind in Städten der Hauptgrund für eine hohe Stickstoffoxidbelastung. © René Meinig

Der Blitzer sollte es schaffen. Langsamer fahrende Autos pusten an der Bergstraße weniger Schadstoffe in die Luft, hofften Stadtverwaltung und Landesumweltamt, als die Raserfalle im vergangenen Jahr aufgebaut wurde. Tatsächlich hat sich nichts getan. Die Konzentration an Stickstoffdioxid lag 2018 genauso hoch wie im Jahr zuvor. Immerhin ist die Luft in anderen Stadtteilen etwas sauberer geworden.

Wie hoch genau war die Stickoxid-Belastung in Dresden?

An der Bergstraße lag der Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, teilt das Landesumweltamt mit. Kein Mikrogramm mehr ist in der Europäischen Union erlaubt. Wird der Wert überschritten, ohne dass aus Sicht der EU passende Maßnahmen ergriffen wurden, kann sie Deutschland verklagen. Das ist bereits im vergangenen Jahr passiert, weil unter anderem in Berlin und München das Limit überschritten wurde. Zwar gibt es in Dresden nur drei Messstationen. Doch die wissenschaftliche Berechnung des Landesumweltamtes würde belegen, dass der Grenzwert an Stellen wie rund um das Blaue Wunder oder an der Bautzner Straße weiterhin übertroffen werde, sagte Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) am Montag.

Immerhin ist die Luftqualität am Neustädter Bahnhof und an der Winckelmannstraße hinterm Hauptbahnhof besser. Am Neustädter Bahnhof lag die Schadstoffkonzentration bei 29 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, ein Mikrogramm weniger als 2017. Am Hauptbahnhof wurde ein Mittelwert von 19 Mikrogramm gemessen. Im Jahr davor waren es 18.

Woher kommt Stickstoffdioxid und was bewirkt es?

Hauptquelle von Stickstoffdioxid in Großstädten sind Verbrennungsmotoren, vor allem Diesel. Wird das Gas eingeatmet, treten bei gesunden Menschen keine Symptome auf, da es kaum mit der Schleimhaut der oberen Atemwege reagiert, so das Umweltbundesamt. Allerdings schädigt Stickstoffdioxid das Gewebe in den Bronchien und Lungenbläschen. Dies sei besonders bei schon geschädigten Atemwegen problematisch, da es zu Bronchienverengungen oder Entzündungen kommen kann. Unter anderem für Asthmatiker kann das gefährlich werden. „Wir sollten uns nicht in die Tasche lügen“, sagt Eva Jähnigen. Selbst sinkende Messwerte seien kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. „Die Belastung der Dresdner liegt noch deutlich über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Es gibt kein unbedenkliches Niveau.“

Gibt es einen Plan, wie die Luft an der Bergstraße verbessert werden kann?

Auf der Bergstraße, einem Autobahnzubringer, sind stadtauswärts täglich um die 14 400 Fahrzeuge unterwegs, darunter fünf Prozent Lkw, wie die letzte Verkehrszählung ergab. Stadteinwärts sind es sogar 16 000 Fahrzeuge. Damit hat die Verkehrsbelastung in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Dass die Stickstoffdioxid-Belastung nicht zurückgegangen ist, mag laut Jähnigen auch daran liegen, dass der Druck auf die Autoindustrie nicht groß genug ist. Gemeint ist unter anderem der Einbau wirksamerer Rußpartikelfilter. Ein Plan, die Schadstoffkonzentration in Dresden zu senken, war es, einen Blitzer aufzustellen. Dieser sollte dafür sorgen, dass die Autofahrer bergauf nicht zu sehr aufs Gas treten, also nicht besonders viel Stickstoffdioxid ausstoßen. Mit dieser Maßnahme hat man immerhin erreicht, dass die Verschmutzung nicht angestiegen ist.

Der neue Luftreinhalteplan, der Ende Januar vom Stadtrat beschlossen wird, sieht aber noch weitere Maßnahmen vor, damit die Grenzwerte deutlich unterschritten werden. So wird vorgeschlagen, das Tempolimit bergaufwärts auf 40 Kilometer pro Stunde zu senken. Dafür müsste auch die Ampelschaltung auf dem Fritz-Förster-Platz angepasst werden. Dieselfahrverbote sind zwar möglich, aus Sicht von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) jedoch unzumutbar für die Bewohner jener Wohngebiete, die von Dieselfahrern als Ausweichstrecken genutzt werden würden.

Wie sieht es mit Feinstaub aus? Gibt es davon weniger in der Luft?

Auch Feinstaub wird vor allem von Autos ausgestoßen. Dabei gelangen die Partikel nicht nur aus Motoren – vorrangig aus Dieselmotoren – in die Luft, sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche. Bei Menschen kann Feinstaub in die Nasenhöhle, die Bronchien und in die Lunge eindringen. Dort reizt es die Schleimhaut, führt im schlimmsten Fall zu Entzündungen. Hoher Luftdruck, Trockenheit und Windstille begünstigen, dass die Konzentration steigt. Die EU schreibt vor, dass der Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an höchstens 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. An allen Messstationen lagen die Werte 2018 darunter. An der Bergstraße wurde das Limit an zwölf Tagen überschritten (2017: 19 Tage), am Neustädter Bahnhof an acht Tagen (18 Tage) und am Hauptbahnhof an sieben (16 Tage).