Von Alexander Schneider und Thilo Alexe
Dresden. Die Polizei hat gestern für eine handfeste Überraschung gesorgt: Der am Dienstag tot vor seinem Wohnhaus aufgefundene Asylbewerber ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Der 20-jährige Khaled I. aus Eritrea wurde durch mehrere Messerstiche in Hals und Brust getötet. Noch am Vortag hatte es geheißen, eine Fremdbeteiligung an I.s Tod sei aufgrund der Spuren eher auszuschließen.
Tod eines Asylbewerbers in Dresden
Die Messerstiche wurden offenbar erst bei der Obduktion entdeckt. „Sie waren zunächst nicht erkennbar“, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es spreche viel dafür, dass der Fundort nicht mit dem Tatort übereinstimme. I. lag im Hinterhof des Plattenbaus. Es werde wegen Totschlags ermittelt.
Die Polizei stockte die Mordkommission auf 25 Beamte auf und führte zahlreiche Befragungen durch. Ziel sei es, die letzten Stunden des Toten zu rekonstruieren. Auch von der Waffe fehle jede Spur, so Haase. Das Motiv der Tat sei noch völlig offen.
Schon am Dienstag hatten sich Mitbewohner des Opfers große Sorgen gemacht. Khaled sei am Montagabend zum nahen Netto-Markt gegangen und danach nicht mehr gesehen worden. Er wohnte dort seit wenigen Monaten mit weiteren Flüchtlingen in einer Wohngemeinschaft.
Schon bevor klar war, dass der Ostafrikaner einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist, haben sich gestern mehrere Hundert Menschen, darunter Dutzende Asylbewerber aus Afrika, zu einer Mahnwache am Jorge-Gomondai-Platz versammelt. Viele kritisierten, dass sie seit Monaten immer öfter Opfer von Anfeindungen und Angriffen würden. „Wir haben Angst“ und „helft uns“, sagten sie. Dresden sei schön, doch die meisten würden die Stadt nun gerne verlassen. Sie seien erst 2014 der Verfolgung in Eritrea entkommen.
Sozialarbeiter, der Sächsische Flüchtlingsrat und weitere Initiativen machen vor Ort die Pegida-Demos für ein Klima in Dresden verantwortlich, das solche rassistischen Übergriffe begünstige. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sagte, sie sei geschockt und hoffe, dass die Tat schnell aufgeklärt wird. Spekulationen, in welche Richtung auch immer, seien fehl am Platz.
Aus der Mahnwache formierte sich eine Demo, die vor das Albertinum zog, dem Ort des Neujahrsempfangs von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) kam heraus, sprach mit den 300 Demonstranten und drückte ihnen ihr Mitgefühl aus. Köpping sagte den Asylbewerbern: „Ich möchte, dass sie wieder angstfrei in Sachsen leben können.“ Zudem bot die Ministerin ein zeitnahes Gespräch an.