Merken

Ein Chefarzt für zwei Kliniken

Oliver Stöltzing leitet künftig die Chirurgie in Riesa und Meißen. Die Elblandkliniken reagieren damit auf einen Trend.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa/Meißen. Ein wenig karg sieht es noch aus in Oliver Stöltzings neuem Büro. Er sei noch nicht dazu gekommen, sich einzurichten, sagt der neue Chef-Chirurg des Riesaer Elblandklinikums schon fast entschuldigend. Viel Zeit dafür hatte er bisher auch nicht: Erst zum 1. Juni hat Stöltzing offiziell seine neue Arbeitsstelle als Chefarzt der der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie angetreten.

Chefarzt – die gleiche Position hat der gebürtige Münchener schon seit zwei Jahren in Meißen inne. Das wird auch so bleiben: Die Posten werden zusammengelegt. Stöltzing ist damit auf einen Schlag für die Chirurgie in beiden Kliniken verantwortlich. „Bei der Vorstellung habe ich schon erst einmal geschluckt“, gibt er zu. Am Ende sei er aber zum Schluss gekommen, dass die Chancen die Risiken überwiegen.

„Es ist ein Modell, das nicht ganz alltäglich ist“, sagt der Vorstand der Elblandkliniken, Frank Ohi über das neue Personalkonstrukt an der Chirurgie. „Wir sehen aber einen Sinn dahinter.“ Ziel sei es letztlich, dass an beiden Krankenhäusern nach den gleichen Qualitätsstandards operiert werde. Auch innerhab der beiden Kliniken sei man diesem Schritt teils skeptisch begegnet, sagt Ohi. „Es gab beispielsweise die Bedenken, dass nun alle Patienten in Meißen operiert werden.“ Dabei verweist Ohi auf die Pädiatrie, die ebenfalls standortübergreifend geleitet wird. Ähnliche Bedenken hätten sich im Nachgang als unbegründet erwiesen. Auch den Vorwurf, das Klinikum wolle mit der Zusammenlegung der beiden Chefarzt-Stellen Kosten sparen, weist er von sich. „Das ist ein Trugschluss.“ Denn die neue Struktur erfordere einen stärkeren personellen Unterbau.

Die Gefäßchirurgie soll derweil zu einem eigenständigen Bereich werden. Auch hier werde überlegt, wie eine neue, standortübergreifende Struktur aussehen könnte, sagt der Verwaltungsdirektor des Riesaer Klinikums, Peter Zeidler. Letztlich reagiere das Elblandklinikum Riesa mit diesen Maßnahmen auf einen europaweiten Trend: „Die Spezialisierung nimmt zu.“ Heutzutage gebe es kaum noch einen Chefarzt, der absoluter Experte in allen Bereichen der Chirurgie sei. Es wird also mehr Personal notwendig. Kleine Krankenhäuser können sich diese Vielzahl an Spezialisten nur schwer leisten. Eine Lösung sei eben, dass die Ärzte sozusagen zwischen den Standorten Meißen und Riesa pendeln. Für die Patienten könne das auch ein Vorteil sein: Für manche Operationen habe man bislang nach Meißen gemusst, weil nur dort das spezialisierte Personal vorhanden war. „Jetzt hat dieser Patiententourismus ein Ende, der Arzt kommt zum Patienten.“

Spezialisiert ist auch Riesas neuer Chef-Chirurg. Seine Steckenpferde sind Operationen an der Leber und die Behandlung von Darmkrebs. Dass er einmal Chirurg werden würde, habe für ihn schon früh festgestanden, sagt Oliver Stöltzing. Er habe schon immer gerne in der Werkstatt des Vaters gebastelt. Irgendwie war da innerhalb der Medizin der Weg in die Chirurgie vorgezeichnet. „Ursprünglich wollte ich Unfallchirurg werden“, erzählt der Chefarzt. Das sei aber letztlich nichts für ihn gewesen. „Zu blutig“, sagt er und lächelt.

Auch als Chefarzt mit zwei Büros und zwei Sekretärinnen will Stöltzing selbst im OP-Saal stehen. Schließlich bereitet ihm die Arbeit weiterhin Freude, sagt er. „So eine Operation kann schon fünf bis sieben Stunden dauern. Wenn man dabei keinen Spaß hätte, würde man es nicht machen.“

Weil bei ihm aber die Fäden zusammenlaufen, kommt auch viel Büro-Zeit zusammen. „Optimistisch geschätzt ist das Verhältnis zwischen Papierkram und der chirurgischen Arbeit fifty-fifty“, sagt Stöltzing. „Wobei man als Chirurg ja auch nicht nur operiert.“ Hinzu kommen etwa Visiten und Patientenbesprechungen. Letztere finden am Elblandklinikum schon seit längerer Zeit digital statt. Am sogenannten „Tumor-Board“ werden die Fälle besprochen.

Die Chirurgen-Teams des jeweils anderen Krankenhauses sind digital zugeschaltet. Genau diese Vernetzung soll mit den neuen Strukturen noch enger werden, sagt Stöltzing. „Es macht nicht mehr jeder seins, sondern es wird zusammengerückt. Die Teams und Abläufe nähern sich an.“