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Meißner Elblandklinik: Kleiner Schnitt gegen Sodbrennen

Mediziner am Elblandklinikum in Meißen können Patienten nach einer neuartigen Methode behandeln – ganz ohne Tabletten.

Von Harald Daßler
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„Die Beschwerden sind weg": Prof. Dr. med. Oliver Stöltzing bei der Nachsorge-Untersuchung mit Uwe Reißig. Der Patient war im August in Meißen nach dem neuen Verfahren operiert worden.
„Die Beschwerden sind weg": Prof. Dr. med. Oliver Stöltzing bei der Nachsorge-Untersuchung mit Uwe Reißig. Der Patient war im August in Meißen nach dem neuen Verfahren operiert worden. © Claudia Hübschmann

Meißen. Unscheinbar sieht sie aus, die kleine Kette, die einer zu einem Ring zusammengeknoteten Perlenschnur gleicht. Die Perlen dieser Kette bestehen aus Titan, das einen Magnetkern ummantelt – so kann sich der Ring immer wieder zusammenziehen, wenn er beim Schlucken aufgedehnt wird. Er wirkt wie ein Ventil, und er kann ein solches ersetzen, wenn es nicht mehr richtig funktioniert.

Zum Beispiel in unserem Körper: Dort, wo die Speiseröhre in den Magen einmündet, sorgt ein Schließmuskel dafür, dass Speisen und Flüssigkeit in ihn hinein gelangen, ohne dass etwas zurückfließt. Im Idealfall wirkt dieser Muskel so, wie es sein Name ankündigt. Unmittelbar nach dem Schlucken verschließt er den Eintritt in das Verdauungsorgan. Schließt der Muskel aber nicht oder nicht vollständig, fließen Magensäure und Gallensekret in die Speiseröhre und greifen dort die Schleimhaut an.

Eine Folge ist das Sodbrennen. Das heute kaum noch verwendete Wort „Sod“ stammt aus dem Althochdeutschen und meint das „Siedende“. Damit ist das brennende Gefühl im Brust- und Rachenbereich, worüber viele der Betroffenen klagen, recht anschaulich beschrieben. Oft zeigen sich am Sodbrennen die ersten Symptome von schweren und chronischen Erkrankungen der Speiseröhre, erläutert Prof. Dr. med. Oliver Stöltzing. Der Chefarzt an der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Elblandklinikum Meißen zählt das chronische Sodbrennen und die dadurch verursachten Beschwerden zu den Volkskrankheiten.

Auf der Suche nach Alternativen

Viele der Patienten, die zu ihm kommen, schlucken Tabletten gegen das Übel, oft über Jahre hinweg. Die Arzneien, welche die Hausärzte verordnen, sind mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Die Beschwerden durch eine Operation an der Speiseröhre zu beseitigen, erwies sich bisher als nicht unproblematisch, so Oliver Stöltzing. Oft ist die Schwäche des Schließmuskels dadurch bedingt, dass innere Organe ins Rutschen kamen – etwa aufgrund von Zwerchfellbrüchen. Dann können Chirurgen die Dinge durch spezielle Nähte richten – allerdings teilweise zulasten der Elastizität des Muskels. So kann dann Luft nicht mehr aus dem Magen entweichen, wodurch Aufstoßen und Erbrechen nicht mehr möglich sind, was für den Patienten mit neuen Beschwerden verbunden sein kann, erklärt der Mediziner.

Dieser kleine Ring kann das Sodbrennen lindern.
Dieser kleine Ring kann das Sodbrennen lindern. © Claudia Hübschmann

Auf der Suche nach alternativen Möglichkeiten zur Behandlung der Volkskrankheit stieß Oliver Stöltzing in der Fachliteratur auf die Perlenkette. Das Magnetbändchen mit Ventilwirkung war in den USA entwickelt worden. Es kann mittels „Schlüssellochchirurgie“ dort platziert werden, wo die Speiseröhre in den Magen mündet. Die magnetische Anziehung der Perlen sorgt dafür, dass der Speiseröhren-Magen-Übergang nach jedem Schluckvorgang wieder verschlossen wird.

Dass dieser operative Eingriff minimalinvasiv – wie Mediziner die „Schlüssellochchirurgie“ beschreiben – durchgeführt werden kann, war für Oliver Stöltzing ein Hauptargument, mit dem er am Meißner Elblandklinikum überzeugen und erreichen konnte, dieses Verfahren auch hier anzuwenden. Der Chirurg bildete sich in mehreren Kursen weiter und nahm Kontakt zur Berliner MIC-Klinik auf, wo Ärzte schon seit Jahren mit dieser in der Fachwelt als Linx-Reflux-Managementsystem genannten Methode erfolgreich Beschwerden wie Sodbrennen oder Reflux behandeln.

Ein minimalinvasiver Eingriff

Etwa ein Jahr nahmen die Vorbereitungen an der Elblandklinik in Anspruch, berichtet Oliver Stöltzing. Gemeinsam mit zwei Oberärzten hat er in diesem Sommer die ersten Eingriffe in Meißen durchgeführt. Etwa 30 Minuten dauert eine solche Operation, unter Vollnarkose. Vier jeweils fünf bis zehn Millimeter lange Schnitte am Bauch sind erforderlich, um mit chirurgischen Instrumenten und Kamera das Linx-Magnetbändchen dorthin zu bringen, wo es seine Ventilwirkung entfalten soll – und das Problem für den Patienten im wahrsten Sinn des Wortes „an die Kette legt“.

Um diesen Punkt exakt bestimmen zu können, führen die Ärzte im Zuge der OP-Vorbereitung Säuremessungen in der Speiseröhre durch. Ebenso ermitteln sie den Schließmuskeldruck in der Speiseröhre, wie der Chirurg erläutert. Drei Tage muss der Operierte zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Im Gegensatz zu vielen anderen Patienten, die nach einer OP auf Schonkost gesetzt werden, dürfen die Linx-Träger sofort normal essen – auch um die Funktion des Ventilersatzes über der Speiseröhre überprüfen zu können.

So unscheinbar die Kette auf den ersten Blick wirkt, so deutlich ist sie auf dem Röntgenbild zu erkennen. Uwe Reißig, dessen Aufnahme der Computerbildschirm im Behandlungszimmer zeigt, ist zur Nachsorge-Untersuchung erschienen. Er war einer der ersten Patienten, die in Meißen das Linx-Magnetbändchen eingesetzt bekamen. Jahrelang hatten ihm Sodbrennen und Aufstoßen sehr zu schaffen gemacht, wie er berichtet.

Die Operation im August nennt er erfolgreich: „Die Beschwerden sind weg“, sagt der 59-Jährige. Er habe nicht gezögert, dem neuartigen Eingriff zustimmen, als Prof. Stöltzing ihm das vorschlug. „Ich habe den Ärzten vertraut“, fügt er hinzu. Die Ernährungsberatung und das Schlucktraining im Anschluss an den Klinikaufenthalt hätten ebenfalls dazu beigetragen, dass er sich heute insgesamt sehr viel wohler fühlt.

Die nächsten Operationen, bei denen Patienten in der Meißner Elblandklinik ein Linx-Magnetbändchen erhalten, sind schon für Ende November vorgesehen.