Von Mareike Huisinga
Pirna. Einen Tag nach der Explosion in der Chemiefabrik Schill & Seilacher „Struktol“ GmbH in Pirna-Neundorf steht der Pirnaer Ortsteil unter Schock. Auf den Gehwegen, am Straßenrand, in den Vorgärten liegen abgerissene Dämmstoffe, kaputte Wellbleche, Stahlschrauben. In einem Hinterhof ist ein Stück einer Turbine eingeschlagen und hat sich in die Erde gegraben. Die Schäden an den Häusern sind enorm. Risse in den Wänden, zersprungene Fensterscheiben, teilweise sind die Dachziegel aufgrund der Druckwelle abgeplatzt. An der Tür der Dorfbäckerei hängt das Schild „Heute geschlossen“. Die Bäckerei liegt zirka 200 Meter von der Chemiefabrik entfernt.
Havarie in Chemiefabrik in Pirna
Die Alarm-Sirene am Tor zwei der Chemiefabrik heult immer noch. Dahinter sieht man das völlig zerstörte Werksgebäude, in dem die Explosion passierte. Überall stehen Anwohner in Gruppen und unterhalten sich. Andere haben dafür keine Zeit, sie müssen die Schäden an ihrem Haus begutachten. Fassungslos schauen die Menschen auf die Zerstörung. Trotz aller eigenen Probleme sind ihre Gedanken bei den verletzten Fabrikarbeitern und den Angehörigen des Toten. „Die Menschen tun mir leid“, sagt Anwohnerin Yvonne Lehnert, deren Haus ebenfalls durch die Detonation beschädigt wurde.
Allerdings werden auch kritische Fragen in dem Dorf laut. Warum hat man es zugelassen, dass sich die Chemiefabrik mitten im Wohngebiet erweitern durfte? „Zwar produzierte schon zu DDR-Zeiten das Werk Agrotex in der Dorfmitte, aber es wurde dann übernommen und immer weiter ausgebaut“, erklärt ein Neundorfer. Viele im Dorf denken so. „Immer haben wir mit der Angst gelebt, und jetzt ist es passiert“, bekräftigt eine Anwohnerin. Die Kritik richtet sich auch an die Stadtverwaltung Pirna. Das Rathaus hat für heute eine Pressemitteilung angekündigt. Vermutlich werden die Verantwortlichen auf diese unbequemen Fragen Antworten geben müssen. Die Kriminalpolizei hat unterdessen ihre Untersuchungen vor Ort aufgenommen. (hui)