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Ein Dorf unter Schock

Einen Tag nach der Explosion in Pirna-Neundorf schauen die Menschen fassungslos auf die Zerstörung - und stellen kritische Fragen.

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© dpa

Von Mareike Huisinga

Pirna. Einen Tag nach der Explosion in der Chemiefabrik Schill & Seilacher „Struktol“ GmbH in Pirna-Neundorf steht der Pirnaer Ortsteil unter Schock. Auf den Gehwegen, am Straßenrand, in den Vorgärten liegen abgerissene Dämmstoffe, kaputte Wellbleche, Stahlschrauben. In einem Hinterhof ist ein Stück einer Turbine eingeschlagen und hat sich in die Erde gegraben. Die Schäden an den Häusern sind enorm. Risse in den Wänden, zersprungene Fensterscheiben, teilweise sind die Dachziegel aufgrund der Druckwelle abgeplatzt. An der Tür der Dorfbäckerei hängt das Schild „Heute geschlossen“. Die Bäckerei liegt zirka 200 Meter von der Chemiefabrik entfernt.

Havarie in Chemiefabrik in Pirna

Bei einer schweren Explosion in einer Chemiefabrik in Pirna ist am Montag ein Mensch ums Leben gekommen.
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Der Tote ist ein 34 Jahre alter Chemiker aus Böblingen
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Vier weitere Mitarbeiter wurden schwer verletzt.
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Das Unglück soll von einem Reaktor für chemische Produkte ausgegangen sein.
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Die Löscharbeiten zogen sich bis zum späten Abend hin.
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Zur Höhe des Sachschadens waren zunächst keine Schätzungen bekannt.
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Zum Zeitpunkt des Unglücks gegen 17.20 Uhr befanden sich etwa 30 Firmenmitarbeiter im Gebäude.
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Mehr als 100 Rettungskräfte waren vor Ort.
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Für den Großeinsatz wurden auch Feuerwehren aus der Region angeforder, ebenso Helfer des Deutschen Roten Kreuzes.
Für den Großeinsatz wurden auch Feuerwehren aus der Region angeforder, ebenso Helfer des Deutschen Roten Kreuzes.

Die Alarm-Sirene am Tor zwei der Chemiefabrik heult immer noch. Dahinter sieht man das völlig zerstörte Werksgebäude, in dem die Explosion passierte. Überall stehen Anwohner in Gruppen und unterhalten sich. Andere haben dafür keine Zeit, sie müssen die Schäden an ihrem Haus begutachten. Fassungslos schauen die Menschen auf die Zerstörung. Trotz aller eigenen Probleme sind ihre Gedanken bei den verletzten Fabrikarbeitern und den Angehörigen des Toten. „Die Menschen tun mir leid“, sagt Anwohnerin Yvonne Lehnert, deren Haus ebenfalls durch die Detonation beschädigt wurde.

Allerdings werden auch kritische Fragen in dem Dorf laut. Warum hat man es zugelassen, dass sich die Chemiefabrik mitten im Wohngebiet erweitern durfte? „Zwar produzierte schon zu DDR-Zeiten das Werk Agrotex in der Dorfmitte, aber es wurde dann übernommen und immer weiter ausgebaut“, erklärt ein Neundorfer. Viele im Dorf denken so. „Immer haben wir mit der Angst gelebt, und jetzt ist es passiert“, bekräftigt eine Anwohnerin. Die Kritik richtet sich auch an die Stadtverwaltung Pirna. Das Rathaus hat für heute eine Pressemitteilung angekündigt. Vermutlich werden die Verantwortlichen auf diese unbequemen Fragen Antworten geben müssen. Die Kriminalpolizei hat unterdessen ihre Untersuchungen vor Ort aufgenommen. (hui)