Dagmar Harnisch ist bester Laune. Die Hennersdorferin steht auf dem Kartoffelacker und liest die Knollen auf. „Das macht Spaß und schmeckt dann auch noch gut“, sagt sie. Pellkartoffeln sind ihr Lieblingsgericht. „Die gehen immer, mit oder ohne Schale“, sagt sie.
Das Kartoffellesen bei den Agrarbetrieben in Reinholdshain und Liebenau hat regelrechte Fans in einem weiten Umkreis. So sind Bärbel und Horst Elger aus dem Kreischaer Ortsteil Kautsch auf das Feld zwischen Dippoldiswalde und Oberfrauendorf gekommen, wo die Agrargenossenschaft Reinholdshain dieses Jahr knapp drei Hektar Kartoffeln angepflanzt hatte. „Kartoffeln stehen bei uns jeden Mittag auf dem Tisch“, sagt Bärbel Elger. Der Vater hatte noch eine Bauernwirtschaft. Damals hat die Familie eigene Kartoffeln gehabt. Jetzt geht sie auf den Acker, welche lesen. „Man braucht dann natürlich auch einen guten Lagerplatz, einen Keller oder wie bei uns einen alten Stall. Dann halten die auch bis weit ins nächste Frühjahr“, sagt Horst Elger. Diese Erfahrung hat er in den früheren Jahren gemacht. Ob es dieses Jahr auch so kommt, wird er aber erst erleben.
Denn dieses Jahr ist eine neue Sorte gewachsen. In früheren Jahren haben die Landwirte sowohl in Liebenau als auch in Reinholdshain „Quarta“ angebaut. Wegen des trockenen Sommers 2018 ist davon das Saatgut knapp geworden. Reinholdshain hat noch einen Teil Quarta gepflanzt, den Rest mit der Sorte Laura. In Liebenau ist nur Laura gewachsen. Sie hat eine rote Schale, ist eher festkochend und wird von der Züchterfirma als die „rote Königin“ unter den Kartoffeln angepriesen. Wenn die Knollen im Dreck liegen, klingt das ein wenig hochgestochen. Wenn aber die Kartoffelfreunde von ihren Rezepten erzählen, von den wohlschmeckenden Mahlzeiten, dann hört sich das durchaus königlich an.
So ist Horst Irmscher aus Dippoldiswalde mit seinem Enkel Sandro schon das zweite Mal auf dem Acker. Erst hat er die Quarta mit der gelben Schale gelesen. Jetzt ist er neugierig auf die rote Laura. Kinder, Enkel, alle bekommen etwas davon ab..
Bis nach Hessen, wo seine Tochter lebt, will Wilfried Menzer aus Reichstädt sein Leseergebnis schicken. Er war bis Sommer Vorstand der Genossenschaft Reinholdshain. Seit August ist er in Ruhestand und genießt jetzt die Kartoffellese so wie noch nie – als einfacher Kunde seines früheren Betriebs. „Endlich einmal ganz ohne Stress“, sagt er.
So herrscht ein reges Kommen und Gehen auf dem Acker. Anders als früher wird die Ernte nicht mehr gewogen, sondern die Erdfrüchte werden einheitlich in 25-Kilogramm-Säcken abgegeben für jeweils 7,50 Euro. Das Ergebnis ist nach dem trockenen Sommer überraschend gut. Rund 270 Dezitonnen sind pro Hektar gewachsen. Als gegen 15 Uhr der Regen einsetzt, haben die meisten ihren Wintervorrat eingesackt. Nächstes Jahr wird der Reinholdshainer Betrieb seine Kartoffeln in der Nähe von Oberhäslich pflanzen, und auf einem Acker nahe Liebenau werden auch wieder Kartoffeln gelegt.
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