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Draußensein ist gut für die Augen

Wie wichtig die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Sehfehlern ist, erklärt Augenoptiker und Medizinphysiker Dr. Wolfgang Wesemann.

Von Birgit Hilbig
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Eine augenärztliche Untersuchung kann sogar Spaß machen.
Eine augenärztliche Untersuchung kann sogar Spaß machen. © Foto: Adobe Stock

Wie hoch ist der Anteil der Kinder, die Probleme mit dem Sehen haben?
Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass im Alter von drei bis sechs Jahren acht Prozent der Jungen und Mädchen in Deutschland eine Brille tragen. Dieser Anteil wächst kontinuierlich bis zum frühen Erwachsenenalter: Dann sind hierzulande etwa 30 Prozent der Menschen betroffen.

Und wie ist es mit der Weitsichtigkeit?
Alle Kinder werden weitsichtig geboren und erlangen ihr volles Sehvermögen erst mit sechs bis sieben Jahren. In den meisten Fällen können die jungen und flexiblen Augen den Sehfehler noch ausgleichen. Problematisch wird es nur bei sehr starker Weitsichtigkeit oder einem gravierenden Unterschied zwischen beiden Augen. Kurzsichtigkeit entwickelt sich erst ab dem Schuleintrittsalter.

Welches sind die wichtigsten Ursachen für Kurzsichtigkeit?
Neben genetischen Faktoren spielt die Lebensweise eine ganz wichtige Rolle. Je mehr ein Mensch beispielsweise liest, schreibt oder am Bildschirm arbeitet, umso mehr stellen sich seine Augen auf die Nähe ein und werden auf Dauer kurzsichtig. Dass vom Smartphone dabei eine besondere Gefahr ausgeht, konnten neuere Untersuchungen zwar nicht belegen – fest steht aber, dass die Augen genügend Ausgleich zur „Naharbeit“ brauchen.

Wie kann man also gegensteuern?
Der Aufenthalt bei natürlichem Licht im Freien hat einen erstaunlich großen Einfluss auf die Entwicklung von Kurzsichtigkeit. Laut einer Studie werden Kinder, die nur eine Stunde am Tag draußen verbringen, doppelt so häufig kurzsichtig wie jene, die zwei und mehr Stunden „an der frischen Luft“ sind.

Wie machen sich Sehfehler bei Kindern bemerkbar?
Weil ihnen der Vergleich fehlt, bemerken Kinder ihre eigene Fehlsichtigkeit kaum. Alarmsignale für Eltern können unter anderem Augenreiben oder Blinzeln, rote oder tränende Augen sein, ebenso ein geringer Augenabstand zum (Bilder-)Buch oder Fernseher sowie Probleme beim Erkennen von Straßenschildern oder Schrift an der Tafel. Aber auch „Stubenhockerei“ kann auf Kurzsichtigkeit hindeuten – und umgekehrt die Unlust, drinnen zu spielen, auf Weitsichtigkeit. Letztere macht sich mitunter auch durch Bewegungsunsicherheit und schnelles Ermüden beim Malen oder Lesen bemerkbar.

Was sollten Eltern tun, wenn sie einen Verdacht haben?
Auf jeden Fall einen Augenarzt konsultieren, denn manche Sehfehler werden bei den üblichen Vorsorgeuntersuchungen nicht erkannt. Wenn beide Eltern Sehprobleme haben, empfiehlt sich der Besuch beim Spezialisten auch ohne konkreten Anlass – am besten im Alter zwischen zwölf und 30 Monaten.

Wie werden die Sehfehler behandelt?
Fehlsichtigkeit wird fast immer mit einer Brille behandelt – die gleichzeitig Sehstörungen wie das Schielen korrigieren kann. Beim Letzterem kommt häufig noch eine Okklusionstherapie hinzu, das heißt, jeweils ein Auge wird abgeklebt. Eine Schieloperation ist erst nach Abschluss aller anderen Behandlungen sinnvoll.

Was passiert, wenn Sehfehler unerkannt und -therapiert bleiben?
Eine Sehschwäche (Amblyopie), die nicht bis spätestens sechs Jahre therapiert wurde, wird in der Regel bleiben. Und dabei geht es nicht nur um mehr oder weniger scharfes Sehen: Bei sehr unterschiedlichen Augen beispielsweise kann das Gehirn das schwächere irreversibel „abschalten“. Ganz anders verhält es sich bei älteren Menschen, denn mit dem Sehen ist es wie mit dem Radfahren: Einmal richtig erlernt, vergisst man es nicht, und es kann auch nach langer Unterbrechung durch Brille oder Operation „aufgefrischt“ werden, solange die Netzhaut noch funktioniert.

Weitere Infos: web www.sehen.de