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So emotional war der Rostocker "Polizeiruf 110"

Melly Böwe und Katrin König sind sehr verschiedene Charaktere. Im Rostocker Fall „Diebe“ spielen sie die so richtig aus. Endlich zeigt auch König Gefühle.

Von Birgit Grimm
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Melly (Lina Beckmann) fühlt mit Mascha Kovicz (Meira Durand) und versucht ihr klarzumachen, dass nur ein Entzug die Tür öffenen kann zu einem besseren Leben für sie und ihre Tochter.
Melly (Lina Beckmann) fühlt mit Mascha Kovicz (Meira Durand) und versucht ihr klarzumachen, dass nur ein Entzug die Tür öffenen kann zu einem besseren Leben für sie und ihre Tochter. © ndr/ARD

Muss man als Kripo-Beamtin empathisch sein wie Melly Böwe? Oder kommt man schneller und besser voran, wenn man wie Katrin König gnadenlose Härte zeigt, selbst gegenüber einer verschreckten Fünfjährigen? Die kleine Holli wird von ihrer drogensüchtigen Mutter Mascha nachts in Bars mitgenommen, wo sie trickreich trunkene Männer beklaut und geduldig vor dem Klo wartet, bis die Mutter sich einen Schuss gesetzt hat.

Als die beiden dann bei einem Einbruch in ein Wohnhaus eine Leiche entdecken, können sie das freilich nicht der Polizei melden. Mascha hat mitbekommen, wer den Mord begangen hat und versucht, den Finanzberater zu erpressen. Denn sie hat einen Traum: Eines Tages will sie mit ihrer Tochter in einem eigenen Haus mit Garten wohnen. Vorerst verstecken sie sich in einer heruntergekommenen Laube. Dafür würde sie alles tun, denn sie tut es für ihre Tochter. Sie liebt ihr Kind und meint, eine gute Mutter zu sein. Das Jugendamt und die beiden Ermittlerinnen sehen das anders.

Meira Durand spielt die Drogenabhängige als einen Menschen zwischen allen Fronten. Ein Leben auf des Messers Schneide. Mehr selbst- als schuldbewusst schlägt sie sich durch. Aber ist sie clever genug, um die anderen, die auch nur klauen, erpressen zu können? Ist sie klug genug, um Melly, empathisch gespielt von Lina Beckmann, davonlaufen zu können?

Es sind die Familiendramen, und es sind die Schauspielerinnen, die diesem „Polizeiruf“ emotionalen Tiefgang geben. Auch die König kann nicht aus ihrer Haut, und es ist klasse, wie Anneke Kim Sarnau dieses Zwiespalt spielt. Zögerlich trifft sie sich mit ihrem Vater, der seit der Flucht in den Westen vor vierzig Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr hatte und jetzt offenbar Hilfe braucht. Eigenartig unbeholfene, extrem kurze Begegnungen sind das. Nur mühsam kann sie verzeihen. Doch der Alte lässt nicht locker, folgt ihr mit einem Blumenstrauß bis ins Kommissariat.

Das Duo König/Böwe agiert vom ersten gemeinsamen Einsatz an grundverschieden und verwässert diese Verschiedenheit nicht im Kompetenzgerangel. Auch sie sind Diebinnen, in gewisser Weise. Denn sie stehlen den Männern eiskalt und herzerwärmend die Show.