Angela Merkel sitzt auf der Anklagebank, Gehard Schröder ist gar nicht erst zum Prozess erschienen. Es ist das Jahr 2034 - wohlgemerkt noch vier Jahre vor dem deutschen Kohleausstieg - und ein mittlerweile angegrauter Ingo Zamperoni bringt die Zuschauer auf den neusten Stand: Die Automobilbranche hat sich von der Corona-Krise nicht erholt, ein
Wassernotstandsgesetz neun Jahre später hat die deutsche Landwirtschaft ruiniert. In anderen Teilen der Welt haben Dürre und Hochwasser sogar die Lebensgrundlage von Millionen Menschen zerstört.
Im Science-Fiction-Kammerspiel "Ökozid" klagen deshalb 31 Staaten, voran Moabit, Haiti und Bangladesch, gegen die Bundesregierung. Mit ihrer Politik soll sie gegen das Recht auf Leben der UN-Menschenrechtskonvention verstoßen haben. Die Schauspielerinnen Nina Kunzendorf und
Friederike Becht vertreten die "Klimaverlierer" vor Gericht und präsentieren die frühere Umweltministerin Merkel als Wegbereiterin dieser Entwicklung.
Blick hinter die Fassade einer verletzlichen Jugendlichen
Der Frage, ob Staaten verpflichtet sind, gegen den Klimawandel vorzugehen, widmet die ARD gleich eine ganze Themenwoche und stellt Ideen vor, wie sich diese Entwicklung noch umkehren lässt. Für Regisseur Andres Veiel ist das Urteil klar: Deutschland habe die Chance, Milliarden Tonnen von CO2 einzusparen, vorsätzlich und mutwillig vertan: "Für mich ist es absolut plausibel, dass daraus eine Klage folgt von den Ländern, die viel mehr vom Klimawandel betroffen sind als Deutschland."
Genau für so eine Welt, in der sich ein internationales Gericht mit Fragen der Klimagerechtigkeit beschäftigt, kämpft Greta Thunberg. Filmemacher Nathan Grossmann hat Thunberg dafür von Anfang an begleitet. Er zeichnet den Weg eines einsamen Mädchen vor dem Schwedischen Parlament, bis sich ein weiteres Mädchen zu ihr setzt. Grossmann hat damit die Geburtsstunde eines globalen Protests festgehalten. Vielmehr ist sein Dokumentarfilm jedoch ein Blick hinter die Fassade einer verletzlichen Jugendlichen, der gesagt wird, es sei zu schwer mit einem UN-Sekretär zu sprechen und trotzdem zu einer Fahrt über den Ozean aufbricht. Eine Reise, das zeigt der Film ganz deutlich, die Greta Thunberg an ihre Grenzen bringt.
Denkanstoß im Corona-Themenjahr
Gemixt mit privaten Aufnahmen der Familienkamera, zeigt die deutsche TV-Premiere die prominenteste Klimaaktivistin aus einem einfühlsameren Blickwinkel, ohne sich dabei in einer Homestory zu verlieren. "Ich bin Greta" zeigt aber auch das toughe Mädchen, dass anders ihr oft vorgeworfen wird, ihrem Vater davon läuft - nicht hinterher. Am Ende gibt Greta Thunberg preis, dass sie es ganz gut finden würden, wenn jeder ein bisschen Asperger hätte. "Zumindest, wenn es ums Klima geht."
Für die ARD kommt die Themenwoche zum richtigen Zeitpunkt, weil die Pandemie unseren Blick nach vorne lenken würden. Aber ist nicht so, dass wir uns von Verordnung zu Verordnung hangeln und zwischendurch höchstens über die Vorteile des Homeoffice nachdenken? In einer Zeit, in der sich Gastronomen mit Heizpilzen und Styroporboxen durch Herbst und Winter retten müssen, haben wir eher an Weitblick verloren. Deshalb kommt die Themenwoche doch zum richtigen Zeitpunkt und sorgt für andere wichtige Denkanstöße im Themenjahr Corona.
Ab dem 15. November beschäftigt sich die ARD eine Woche lang mit Zukunftsfragen. Empfehlenswert ist Dokumentation "Expedition
Arktis", am Montag um 20.15, danach wird "Ich bin Greta" gezeigt. "Ökozid" läuft am Mittwoch um 20.15.