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Finanzskandal im sächsischen Anwaltverband

Der Schatzmeister des Vereins hat fast 170 000 Euro unterschlagen. Die Vorstände haben offenbar wenig bis gar nicht kontrolliert. Sie sind jetzt nahezu komplett zurückgetreten.

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© Symbolfoto: dpa

Ulrich Wolf und Sebastian Kositz

Dresden/Bautzen. Dem Anwaltverband Sachsen, der die Berufsinteressen von rund 1 600 Rechtsanwälten im Freistaat vertritt, droht die Selbstdemontage. Der Schatzmeister griff jahrelang in die Vereinskasse, über die Summe von 167 000 Euro legte er bereits ein Schuldanerkenntnis ab. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Sächsischen Zeitung vorliegen.

Demnach ist wegen des Skandals bei der Mitgliederversammlung im November in Leipzig nahezu der komplette Vorstand zurückgetreten. Lediglich die Rechtsanwältinnen Cornelia Süß aus Dresden sowie Denise Bartsch aus Chemnitz erklärten sich bereit, die Geschäfte zumindest bis zur nächsten Mitgliederversammlung im März 2017 weiterzuführen.

Als Schatzmeister des Verbands fungierte seit Mai 2002 der Bautzener Verkehrsrechtsspezialist Edgar Toepfer. Der 60-Jährige räumte den Unterlagen zufolge seine Schuld ein und ließ zugunsten des Verbands eine Zwangssicherungshypothek auf sein Haus eintragen. Zudem überwies er 60 000 Euro wieder zurück. Aus diversen Vorstandsschreiben des Verbands geht jedoch hervor, dass die Hypothek und die Überweisung Toepfers nahezu wertlos seien, sollte der ehemalige Schatzmeister in die Insolvenz gehen. Andere Gläubiger wie Banken hätten dann Vorrang. Von einer Strafanzeige sahen die Delegierten der sieben regionalen Anwaltsvereine auf der Versammlung in Leipzig ab. Die amtierende Verbandspräsidentin Cornelia Süß teilte dazu auf Anfrage mit, gegen Toepfer sei eine Anzeige bei der sächsischen Rechtsanwaltskammer erfolgt, „in deren Folge die strafrechtliche Aufarbeitung bereits aufgenommen wurde“. Toepfer selbst antwortete, er werde sich derzeit nicht äußern, „da es sich um eine laufende interne Angelegenheit des Anwaltverbands handelt“.

Strittig unter den Juristen ist, inwiefern bisherige Vorstände mitschuldig sind an den Vorkommnissen. Eine separate Kassenprüfung ist nach der Satzung des Anwaltsverbands nicht vorgesehen. Dabei ist der Fall Toepfer kein Novum: Bereits 2012 war der damalige Präsident des Anwaltverbands, Hans A., wegen Untreue verurteilt worden. Er hatte in die Kasse des Dresdner Anwaltvereins gegriffen.

Der Verband sagte aus Kostengründen eine Klausurtagung im Schlosshotel Gaußig ab, die Geschäftsstelle in Leipzig wurde geschlossen. Cornelia Süß betont, der Verband könne aber „glücklicherweise mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln alle Rechnungen begleichen“. Ende März sollen die Mitglieder einen neuen Vorstand wählen. Bis dahin sollen zudem extern erstellte Prüfberichte zu den Geldflüssen zwischen 2002 und 2016 vorliegen.