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Fliegendes Auge überm Balkon

Ein SZ-Artikel zu Drohnenflügen über einem Wohngebiet hat eine kontroverse Diskussion bei Facebook ausgelöst.

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© Archiv/Norbert Millauer

Von Nina Schirmer und Peter Redlich

Radebeul. Der Flug startet unterhalb der Hoflößnitz. Schnell steigt die Drohne in die Höhe, kreist über den Weinbergen, macht beeindruckende Aufnahmen. „Radebeul von oben“ nennt der Steuerer des Copters das Video, das er später bei Youtube einstellen wird. „In dem Video seht ihr das Spitzhaus, den Bismarckturm, das Schloss Hoflößnitz sowie die Spitzhaustreppe“, heißt es im Vorspann. Doch auch andere Dinge sind zu erkennen. Solche, die sonst hinter Mauern und Hecken verborgen bleiben. Wie es im Hinterhof der Wohnhäuser in Oberlößnitz aussieht, wer einen großen Pool im Garten hat, wie viele Stühle auf welcher Terrasse stehen.

Banale Sachen, könnte man sagen. Doch viele finden, dass ihre Privatsphäre durch solche Aufnahmen von oben gestört wird. Ein SZ-Artikel zu Drohnenflügen über einem Radebeuler Wohngebiet hat bei Facebook eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Anwohner aus Niederlößnitz fühlten sich gestört, weil über ihrem Haus mehrmals eine Drohne ihre Kreise zog. Von wo und von wem sie gesteuert wurde, wissen die Radebeuler nicht.

„Wird Zeit, dass das endlich unterbunden wird. Jeder Depp kann sich so ein scheiß Ding kaufen und aus der Ferne Leute beobachten oder sogar filmen“, schreibt Stephan Kohlmann bei Facebook. Editha Kirsten Wodniok sorgt sich: „Das soll ja zunehmen in Zukunft!? Und zum Alltag dann gehören!? Ich könnte mich mit dieser Vorstellung nicht anfreunden.“ Volkmar Friedrich Fischer findet: „Das ist sicher nur der Anfang. So ein Ding kann sich doch jetzt jeder kaufen. Es ist auch interessant mit so einer Drohne. Sie dürfte natürlich nur dort fliegen, wo sie niemand stört.“ Ähnlich sieht es Robert Rönsch: „Wegen solchen Leuten, die unerlaubt in Wohngebieten fliegen, wird ein Hobby so stark reglementiert, dass es immer schwieriger wird, Akzeptanz zu erfahren.“ (original Zitat) Andere schlagen vor, die Drohne einfach abzuschießen.

Auch weitere Meinungen sind vertreten. Sabine Ronny kann nicht nachvollziehen, warum sich die Radebeuler über das Summen der Drohne aufregen. Lennart Steiner erinnert daran, welche atemberaubenden Videos durch Drohnen entstehen.

Im April 2017 ist die Drohnenverordnung des Bundesverkehrsministeriums in Kraft getreten. Danach ist der Betrieb einer Drohne, die mehr als 250 Gramm wiegt, über Wohngebieten verboten. Das Gleiche gilt, wenn das Flugobjekt in der Lage ist, optische, akustische oder Funksignale zu empfangen, zu übertragen oder aufzuzeichnen. Außerdem sind Drohnen unter anderem verboten über Einsatzorten der Polizei und Rettungskräften, Industrieanlagen und Menschenansammlungen.

Sich gegen einen Drohnenflug über das eigene Grundstück zu wehren, ist allerdings nicht so leicht. Anzeigen haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Betroffenen überhaupt angeben können, von wem die Drohne gesteuert wird und Beweise, wie Fotos von den Flügen, haben.

Sieben Minuten dauert das Video, das Radebeul bei Youtube von oben zeigt. Dieses und weitere hat der Radebeuler Johannes Gerhardt eingestellt. An der Unterzeile im Video ist zu erkennen, dass der Film im vorigen Jahr aufgenommen wurde. Also zu einer Zeit, als die aktuelle Drohnenverordnung noch nicht in Kraft war. Das betont Gerhardt auch, der bekannt wurde mit dem „Kleinsten Kino der Welt“ im Bahnhof Kötzschenbroda und dafür einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde bekam.

Johannes Gerhardt: „Ja, ich lasse die Drohne auch weiterhin fliegen, aber nicht über Wohngebieten. Viele haben mich nach dem SZ-Artikel gleich gefragt, ob ich das in der Niederlößnitz war. War ich nicht.“ Die letzten Filme von ihm und seiner Drohne seien auf der Insel Rügen entstanden, etwa über Prora. Gerhardt sagt sogar, dass er die neuen Einschränkungen richtig findet. „Schließlich ist so ein Zwölf-Kilo-Teil, wenn es aus 200 Metern Höhe abstürzt, auch nicht ungefährlich“, so der Radebeuler.