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Frau Holle auf Rädern

Familie Hörmann reinigt seit Jahren mobil Betten – und schüttelt auch aus Pirnas Kissen manches Kuriose.

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© Katja Frohberg

Von Lara-Sophie Pohling

Pirna. Ein geräumiger Wohnbereich, eine moderne Dusche, ein Kräuterbeet, Kochen mit Gas und ein kleiner Rückzugsort in der Fahrerkabine: So sieht das Leben der 14-jährigen Jeanette Hörmann größtenteils aus. „Für mich ist es nichts Besonderes, es ist Normalität. Schließlich bin ich damit aufgewachsen“ erzählt sie.

In der Trommel werden die Federn durchgewirbelt und befeuchtet.
In der Trommel werden die Federn durchgewirbelt und befeuchtet. © Katja Frohberg
So gemütlich haben es sich Hörmanns im Innern des Lkws eingerichtet.
So gemütlich haben es sich Hörmanns im Innern des Lkws eingerichtet. © Katja Frohberg

Seit drei Jahren kommt Familie Hörmann nach Pirna – mit ihrer mobilen Bettfedernreinigung. Aber auch in anderen Teilen Sachsens sind sie keine Unbekannten. Vom Zittauer Gebirge über Lampertswalde, Großenhain und Riesa bis nach Liebstadt, Berggießhübel oder Struppen. Für Jeanette bedeutet das auch jedes Mal, die Schule zu wechseln. Sie kennt es nicht anders. Ihr mobiles Leben spielt sich auf dem Anhänger eines Riesen-Lkws ab.

Die aus Dillingen an der Donau stammende Familie verbringt die Hälfte des Jahres in Sachsen. Von März bis August tourt sie durch die Region. „Ich kenn mich hier fast besser aus, als in meiner eigenen Heimat“ sagt Jasmin Hörmann. Die 40-Jährige ist seit 21 Jahren im Geschäft. Es war ihr Mann, der sie ins mobile Bettfedernreinigungs-Gewerbe einsteigen ließ. Maik Hörmann ist selbst ein Schaustellerkind, und das schon in der fünften Generation. Mit der Reinigung von Federbetten begannen seine Eltern nach dem Mauerfall.

„Die Beratung ist die Hälfte unserer Arbeit“, erklärt Jasmin Hörmann zu ihrem Geschäft. Viele der Kunden sind Stammkunden, einige von ihnen sind inzwischen zu Freunden geworden. Es kommt aber auch immer wieder neue Kundschaft hinzu. Sind die Großeltern mit der Sauberkeit zufrieden, schicken sie auch gerne die Kinder zu der Schaustellerfamilie.

Jetzt in den Ferien arbeiten Mutter und Tochter auch gemeinsam. Zuerst werden die Inletts aufgeschnitten und die Federn in die Maschine gefüllt, welche mit Druck und Druckluft arbeitet. In dem elektrisch betriebenen Gerät werden die Federn in einer Trommel mit Hebeln luftig durchgewirbelt und mit Wasserdampf behandelt. Dabei entstehen Temperaturen von 80 bis 120 Grad. In einer Feinstaubfilteranlage werden Hornhautabrieb und alle anderen kleinen Dinge gesammelt. Die schweren Sachen, beispielsweise abgebrochene Kiele, transportiert das Filtersystem in einen großen roten Sack, der sich in einer Kammer befindet – die Kammer des Grauens, wie sie die Familie nennt, weil sich darin sämtlicher Unrat sammelt.

Es kommen auch immer wieder skurrile Sachen zum Vorschein, wenn Jasmin Hörmann die Kissen oder Bettdecken öffnete. Am häufigsten befanden sich Münzen oder Medaillons in den Bezügen, die früher oft in Kinderdecken eingenäht wurden, damit sie nicht verloren gehen. Des Weiteren tauchten bereits Wäscheklammern und ein Fuchsschwanz in den Inletts auf.

Endlich wieder nach Hause

Nicht nur die Federn können im großen Reinigungs-Lkw gesäubert werden, Hörmanns tauschen bei Bedarf auch die Inletts aus. Die können dann wieder mit den Federn befüllt werden – auf diese Weise bleibt die Bettdecke erhalten und muss nicht weggeworfen werden.

Bis Ende dieser Woche standen Hörmanns noch an der Rottwerndorfer Straße in Pirna gegenüber des Geibeltbades. Nun sind sie noch für zwei Wochen in Heidenau, bevor sich die Familie wieder auf den Rückweg nach Bayern begibt. „Nach der langen Zeit freue ich mich schon darauf, wieder in meinem eigenen Bett schlafen zu können“, sagt Jeanette.

Nach den sechs Monaten in Sachsen bleiben die Hörmanns vorwiegend in Bayern. „Das ist schon richtig luxuriös und es gibt wieder so viel Platz“, sagt Jasmin Hörmann lächelnd, wenn sie daran denkt, in zwei Wochen wieder in ihrem Haus zu sein. Obwohl das Wohnen im Lkw Alltag ist und sie sich wohlfühlt, ist es doch etwas anderes, wieder nach Hause zu kommen. Dann sehen sie endlich auch alle Freunde und Verwandte wieder. Aus der Welt sind sie aber auch auf Tour nicht. Hörmanns halten per Telefon Kontakt zu Freunden, von denen auch viele Schausteller sind.

Ab November, wenn keine Bettfedern mehr gereinigt werden, begibt sich die Familie auf den Weihnachtsmarkt. Im Schlepptau hat sie ein historisches Riesenrad von 1921 aus Leipzig. Im Januar und Februar steht dann der verdiente Urlaub auf dem Plan, bevor es heißt: Bettfedernreinigung Hörmann ist wieder da.