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"Viele Jugendliche sind sehr wählerisch"

Gerlinde Hildebrand leitet die Agentur für Arbeit im Landkreis. Sie beobachtet Trends bei der Berufs-Wahl und kritisiert die Vorstellungen vieler Bewerber.

Von Annett Heyse
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Gerlinde Hildebrand von der Agentur für Arbeit beobachtet seit Jahren dieselben Vorlieben bei der Berufswahl.
Gerlinde Hildebrand von der Agentur für Arbeit beobachtet seit Jahren dieselben Vorlieben bei der Berufswahl. © Karl-Ludwig Oberthür

Frau Hildebrand, welche sind die beliebtesten Berufe bei den Schulabgängern?

Es gibt seit Jahren eine Hitliste, die sich kaum verändert hat. Bei den Jungs ist es der KfZ-Mechatroniker. Die Mädchen wollen vor allem Verkäuferin im Einzelhandel werden oder streben in kaufmännische Berufe. Das ist etwas traurig, denn es gibt in Deutschland mehr als 300 Ausbildungsberufe, davon etwa 150 in unserem Landkreis.

Wie bringt man die zukünftigen Azubis dazu, sich auch für etwas anderes zu interessieren?

Das ist ganz schwierig beziehungsweise eine Herausforderung. Natürlich sind unsere Berufsberater unterwegs. Aber das eigene Erleben ist etwas ganz anderes. Eine gute Möglichkeit sind Schülerpraktika oder Ferienjobs. Beides ist wegen der Corona-Pandemie in den letzten Monaten weggefallen. Aber wir müssen die jungen Leute dafür begeistern, sich umzugucken. Wir wollen, dass möglichst viele im Landkreis bleiben und hier etwas lernen. Denn die Wirtschaft braucht diese jungen Leute.

Es gibt viele Menschen, die ihre Ausbildung abbrechen oder nach der Lehre die Branche wechseln. Ist die Idee, mit 17 oder 18 genau zu wissen, womit man im Leben sein Geld verdienen möchte, überhaupt noch zeitgemäß?

Wir beobachten tatsächlich, dass immer mehr junge Leute unentschlossen sind, wie es nach der Schule weitergehen soll. In den vergangenen 1,5 Jahren hat sich dieser Trend noch verstärkt. Und es gibt die Fälle, die dann im November oder Dezember zu uns kommen und sagen: Ich brauche etwas anderes, das war nicht das Richtige. Es ist auch gar nicht schlimm, sich auszuprobieren. Viele Firmen nehmen sogar gerne Bewerber, die schon mal etwas anderes gemacht haben. Dennoch: Viele Jugendliche sind sehr wählerisch, auch hinsichtlich der Randbedingungen.

Wie meinen Sie das?

Oft ist den Bewerbern die Arbeitszeit sehr wichtig. Geradezu unbeliebt sind Dienstleistungsberufe, bei denen man auch an Wochenenden raus muss oder unregelmäßige Arbeitszeiten hat. Da winken etliche Schüler gleich ab. Viele wollen auch nicht auf dem Lande lernen, sondern ziehen lieber in die großen Städte. Im Augenblick haben wir genauso viele Schulabgänger wie Lehrstellen, theoretisch könnte jeder eine Ausbildung anfangen. Aber die Wünsche der Schulabgänger passen oft nicht zu den Angeboten.