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Wer profitiert von den Einnahmen aus dem 9-Euro-Ticket?

Die Verkehrsunternehmen werden für das 9-Euro-Ticket entschädigt. Noch laufen dazu Gespräche. Bei der Weißeritztalbahn ist man skeptisch.

Von Maik Brückner
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Mirko Froß ist als Betriebsleiter für die Weißeritztalbahn verantwortlich. In den letzten Monaten hatte er besonders viel zu tun.
Mirko Froß ist als Betriebsleiter für die Weißeritztalbahn verantwortlich. In den letzten Monaten hatte er besonders viel zu tun. © Egbert Kamprath

Die Weißeritztalbahn erlebt in den Sommermonaten einen Ansturm. Der Grund: Auch hier konnte man mit dem 9-Euro-Ticket mitfahren. Und das nutzen viele, nicht nur Einheimische. Schließlich ließ sich mit der Bimmel ein schönes Stück Heimat zu einem Schnäppchenpreis "erfahren". Erwachsene, die sich das Billigticket nur für die komplette Hin- und Rückfahrt kauften, konnten hier 15,50 Euro gegenüber dem regulären Preis sparen. Die Kinderfahrt war um 3,30 Euro billiger.

Dieser Preisvorteil wurde ausgiebig genutzt, sagt Betriebsleiter Mirko Froß von der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft mbH (SDG), die die Strecke auf Sachsens dienstältester Bimmelbahn betreibt. In allen drei Monaten waren die Züge voll. Um den Ansturm zu bewältigen, wurden alle einsatzbereiten Wagen auf die Gleise gesetzt.

Denn gegenüber den Vorjahresmonaten beförderte die beliebte Schmalspurbahn doppelt so viele Fahrgäste zwischen Kipsdorf und Freital-Hainsberg. Dabei waren die Sommermonate bereits in den Vorjahren die umsatzstärksten Monate, sagt Mirko Froß. So zählten die Zugbegleiter in diesem Juni rund 30.000 Fahrgäste, im Juli und August waren es sogar jeweils um die 45.000.

Die Folgen: Die DSG konnte nicht direkt vom Ansturm profitieren, weil sehr viele Fahrgäste mit dem 9-Euro-Ticket fuhren, das sie bei anderen Verkehrsbetrieben - wie bei der Deutschen Bahn oder den Dresdner Verkehrsbetrieben - gekauft hatten. Im Gegenzug verursachten die hohen Fahrgastzahlen aber erhebliche Mehrkosten - die Bahn brauchte mehr Kohle, um die Loks und die gut besuchten Wagen zu bewegen. Und es kamen auch mehr Reinigungsmittel zum Einsatz, sagt Froß.

Einnahmen werden nach Schlüssel verteilt

Auf den hohen Kosten bleibt aber weder die SDG noch die anderen Verkehrsbetriebe, die nicht so viele 9-Euro-Tickets verkauft haben, sitzen. Denn alle Einnahmen aus dem Verkauf dieses Tickets fließen zum Verkehrsverbund Oberelbe (VVO), der zusammen mit den Verkehrsunternehmen den Nahverkehr in der Region organisiert. Der VVO verteilt diese Einnahmen. Grundlage sind Verkehrserhebungen. "Etwa alle fünf Jahre schwärmen Befrager aus, die im Lauf eines ganzen Jahres überall im VVO Fahrgäste nach ihren Tickets und Strecken interviewen", erklärt VVO-Sprecher Christian Schlemper.


Wer eine Wochen-, Monats- und Abo-Monatskarte besitzt, wird gefragt, wie oft er diese benutzt. "Diese Daten werden detailliert ausgewertet und bilden die Grundlage für die Aufteilung der gesamten Einnahmen der Verkehrsunternehmen", so Schlemper.

Praktisch ist es so, dass die Unternehmen ihre Einnahmen monatlich dem VVO melden. Über den Verteilschlüssel wird das Geld dann aufgeteilt: "Zuerst einmal wird berechnet, wie viel Einnahmen jedem Unternehmen zustehen. Dann gibt es Partner, die haben mehr verkauft, als ihnen zusteht, daher müssen sie etwas abgeben. Andere bekommen dann noch etwas dazu", so Schlemper. Vergleichsweise viele Tickets in der Region verkaufen die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), da sie viele Servicestellen betreiben.

Deshalb müssen die DVB regelmäßig etwas abgeben. Allerdings wird das Unternehmen für die Mehraufwendungen entschädigt, die es durch den Ticketverkauf hat. Den DVB steht ein gewisser Prozentsatz des zu viel eingenommen Geldes zu, so Schlemper.

Der Verteilschlüssel wird regelmäßig angepasst. Das passiert, wenn im VVO Unternehmen dazu kommen, Linien gestrichen werden oder der Takt ausdünnt wird.

Ausgleich aus dem Corona-Rettungsschirm

Schon vor der Einführung des 9-Euro-Tickets war absehbar, dass nicht alle Aufwendungen refinanziert werden. Deshalb erhalten die Verkehrsunternehmen einen Ausgleich aus dem Corona-Rettungsschirm, der von der Bundesregierung um 2,5 Milliarden Euro angehoben wurde, um das 9-Euro-Ticket mitzufinanzieren.

Aus diesem Fonds erhalten die Unternehmen einen Betrag, der die Mindereinnahmen ausgleichen soll. Grundlage für die Berechnung des Zuschusses ist zum einen eine errechnete Soll-Einnahme, die auf der Basis der Einnahmen des Jahres 2019 fußt und zum anderen die aktuellen Einnahmen.

Die Hilfen werden in Raten gezahlt. Die erste sei schon geflossen, so Schlemper. Zur zweiten laufen "derzeit noch Abstimmungen mit dem Freistaat Sachsen, der die Mittel auszahlt."

Für die SDG ist das Zugrundelegen der Zahlen von 2019 nicht so günstig. Denn seit jenem Jahr sind die Personal- und die Betriebskosten gestiegen. "Die höheren Energiekosten werden bei den Ausgleichszahlungen nicht berücksichtigt", sagt Betriebsleiter Mirko Froß. Die werde man aus eigener Tasche finanzieren.

Verteufeln möchte Froß das 9-Euro-Ticket nicht. Das habe gezeigt, dass man durchaus noch einige für das Fahren mit Bus und Bahn gewinnen könne, die sonst nie mit diesen Verkehrsmitteln fahren. Der Grund: Der Bestimmungen waren übersichtlich. Deshalb habe er nichts gegen das jetzt geplante Nachfolgeticket. Das könnte funktionieren, wenn es auch einfach zu handhaben ist. Denn viele schrecke der Tarifdschungel ab.

Allerdings müsste man bei einem Nachfolgeticket auch die Kosten im Blick haben. Denn für die Verkehrsunternehmen sind die Ticketverkäufe wichtige Einnahmen. Bei der Weißeritztalbahn machten sie 2019 rund ein Drittel der Einnahmen aus.