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Wilsdruff: Streit um den Denkmalschutz der Riesenantenne

Der Technikverein und seine Unterstützer möchten möglichst viele Teile dauerhaft bewahren. Die zuständige Behörde teilt die Bewertungen dazu aber nicht.

Von Maik Brückner
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Sabine Neumann vom Förderverein Funkturm Wilsdruff steht am Rest der Riesenantenne. Diese wurde am 1. August gesprengt. Im Hintergrund sind der Isolierkörper und die Stahlplatte zu sehen, auf denen der Turm stand.
Sabine Neumann vom Förderverein Funkturm Wilsdruff steht am Rest der Riesenantenne. Diese wurde am 1. August gesprengt. Im Hintergrund sind der Isolierkörper und die Stahlplatte zu sehen, auf denen der Turm stand. © Daniel Schäfer

Drei Monate nach der Sprengung des Wilsdruffer Sendemastes steht der verbliebene, untere Teil des Turmes immer noch nicht unter Denkmalschutz. Das bestätigt auch das Landratsamt Pirna als untere Denkmalschutzbehörde. Sprecher Thomas Kunz erklärt auf Nachfrage, dass es einen Antrag des Fördervereins Funkturm Wilsdruff dazu gibt.

Eine Entscheidung dazu sei noch nicht gefallen. Diese ergehe erst nach Prüfung durch das Landratsamt Pirna und das Landesamt für Denkmalpflege. "Sie erfolgt ergebnisoffen, nach fachlichen Kriterien und ist noch nicht abgeschlossen", so Kunz.

Denkmalschutz für den Fußteil des Sendemasten

Während der Förderverein bisher noch keine Stellung zum Prozess genommen hat, tut dies der Technikverein, der eine Art Partnerverein ist. Diesem steht Jürgen Juhrig vor. Der Chef des Technikvereins kann nicht verstehen, dass der Förderverein so lange warten muss. Ihm und seinen Mitstreitern liegt eine E-Mail von Dr. Michael Streetz vor. Dieser arbeitet als Referent für technische Denkmale beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und damit Sachsens Fachmann für solche Anlangen.

In einem Schreiben, das schon vor mehreren Wochen verfasst wurde, heißt es unter anderem. "Wir haben uns auch grundsätzlich darüber verständigt, dass das untere Teilstück des Mastes von etwa zehn Meter Länge, dessen Übergang in das Eigentum des Fördervereins geplant ist, die Denkmaleigenschaft behalten kann, selbst wenn es nicht vor Ort verbleibt. Es gibt dazu parallele Beispiele.

Diese drei haben bis zum Ende für den Erhalt des Sendemastes gekämpft: Jürgen Juhrig vom Technikverein, Sabine Neumann vom Förderverein Funkturm und Wolfgang Lill aus Pirna (von links).
Diese drei haben bis zum Ende für den Erhalt des Sendemastes gekämpft: Jürgen Juhrig vom Technikverein, Sabine Neumann vom Förderverein Funkturm und Wolfgang Lill aus Pirna (von links). © Sabine Neumann

Zunächst muss allerdings abgewartet werden, wie die angesprochenen Teile die Sprengung überstehen.“ Nach Ansicht des Technikvereins hat das untere Teilstück die Sprengung gut überstanden. Deshalb sollte es schnellstmöglich unter Denkmalschutz gestellt werden, sagt Juhrig. Warum wird die untere Denkmalschutzbehörde nicht tätig? Die Einschätzung von Streetz sollte dem Landratsamt bekannt sein.

Man arbeite an einer Entscheidung, versichert Kunz. Diese sollte es eigentlich schon im Oktober geben. Doch das ist offensichtlich nicht geschehen. Bei der Bewertung des Antennenteils werde nicht nur der kulturhistorische Wert berücksichtigt, sondern auch der aktuelle Zustand, erklärt Kunz. Dieser habe sich vor dem Abbruch nicht "zuverlässig prognostizieren" lassen. Auch unmittelbar nach dem Abbruch sei das nicht möglich gewesen. Deshalb gebe es noch keine Entscheidung. Die Wilsdruffer um Juhrig können nicht verstehen, warum die untere Denkmalschutzbehörde so viel Zeit braucht.

Unklar ist auch, was mit dem Keramikisolator und der Stahlplatte passiert, auf denen der Sendemast stand. "Diese Bauteile stehen unter Denkmalschutz", sagt Wolfgang Lill, der ehrenamtlich für das Internetportal radiomuseum.org arbeitet und den Technikverein unterstützt. Beide Bauteile seien nach seinen Informationen von der Media Broadcast als Eigentümer des Mastes im Zuge der Sprengung an die Deutsche Funkturm übergeben. Der wiederum gehört das Antennenhaus, das weiter unter Denkmalschutz steht. Damit gehören die beiden Teile nach Ansicht von Lill zum Antennenhaus und stehen weiter unter Denkmalschutz.

Das sei aber bisher nicht beachtet worden, sagt Lill und verweist auf Fotos, die beim Antransport der Riesenantenne gemacht wurden. Darauf ist zu sehen, dass der Keramikisolator und die Stahlplatte nicht fachgerecht gelagert werden. Darüber hinaus sei von der Eisenplatte die Kupferhülle entfernt worden. Diese müsse wieder hergestellt werden, fordert nicht nur Lill.

Doch auch hier sieht die untere Denkmalschutzbehörde es anders. Nach deren Einschätzung hat mit der Sprengung nicht nur der Antennenmast, sondern auch der Keramikisolator, die Stahlplatte und die Abstimmtechnik den Status als Kulturdenkmale im Sinne des Denkmalschutzgesetzes verloren. "Die Objekte wurden abgetragen und aus ihrem Kontext herausgelöst", so Behördensprecher Kunz.

"Ihre Integrität und Authentizität" sei "nicht mehr gegeben", ergänzt er. Es gebe auch kein "öffentliches Erhaltungsinteresse" mehr. Das werde man in den kommenden Tagen auch nachlesen können. Denn das Landesamt für Denkmalpflege werde die Denkmalliste aktualisiert. "Unabhängig davon handelt es sich sicher um Erinnerungsstücke von ideellem Wert, deren Bewahrung für Interessierte nichts im Wege steht", so Kunz.

Anderes verhält es sich mit dem Antennenhaus. Dieses bleibt - wie von den Wilsdruffern auch gefordert - als Bestandteil der Sachgesamtheit „ehemaliger Sender Wilsdruff“ weiter ein Kulturdenkmal. Der Keramikisolator und die Stahlplatte müssen nach Ansicht des Landratsamtes aber nicht aufs Dach. Die untere Denkmalbehörde werde deren Montage nicht anordnen. Beide Teil sind "keine Kulturdenkmale" mehr, so Kunz.

Die Wilsdruffer haben sich auch über das Verhalten der Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörde gewundert. Diese waren zwar bei der Sprengung vor Ort, haben diese aber nicht dokumentiert. Auch diesen Vorwurf weist der Sprecher zurück: "Die Dokumentation eines Abbruchs erfolgt üblicherweise durch den Eigentümer." So sei es auch in diesem Fall gewesen. Man hat der Media Broadcast die Genehmigung zum Abbruch erteilt und das mit der Auflage, alles zu dokumentieren, so Kunz.