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Im Pesterwitzer Weinberg brauchen die Trauben jetzt Kraft für den Endspurt

Die Zeichen für die Lese in einigen Wochen stehen gut. Trotzdem ist der tägliche Wetterbericht jetzt Pflichtlektüre.

Von Gabriele Fleischer
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Noch einmal werden im Pesterwitzer Weinberg überzählige Trieben abgeschnitten. Gutschef Daniel Folde fährt dafür mit einem Traktor durch die Reihen.
Noch einmal werden im Pesterwitzer Weinberg überzählige Trieben abgeschnitten. Gutschef Daniel Folde fährt dafür mit einem Traktor durch die Reihen. © Egbert Kamprath

Die Rebstöcke im etwa neun Hektar großen Weinberg von Gut Pesterwitz stehen wie eine Eins. Nur ab und zu ein paar braune Blätter. Vielleicht wurden dort durch Wild oder Mäuse Stamm und Wurzeln zerstört. Das sei aber nicht der Rede wert, sagt Seniorchef Lars Folde und geht durch die Reihen. Hier und da zupft er welke Blätter und Triebe über dem Boden ab.

Sein Sohn Daniel, seit einiger Zeit der Chef des Familienunternehmens, fährt mit einem kleinen Traktor, der an drei Seiten mit Messern bestückt ist, am Berg. So lassen sich hoch wachsende überschüssige Triebe leicht entfernen.

Dort, wo die Trauben besonders dicht gewachsen sind, werden sie noch etwas ausgedünnt. Wo nötig, werden Triebe in die Drahtgitter gesteckt, die die Rebstöcke stabil halten. Denn in diesen Wochen vor der Lese im September wird die Last, die die Stöcke tragen müssen, immer schwerer.

Mulchen und Pferdemist für guten Nährboden

"Die Trauben brauchen jetzt vor allem Kraft für den Endspurt", sagt Lars Folde. Ruhe und kräftige Sonnenstrahlen, etwas Regen sei auch in Ordnung. Damit sie ein paar Nährstoffe und Düngung bekommen, aber auch gegen Feuchtigkeit geschützt sind, wird zwischen den Reihen noch einmal gemulcht. Pferdemist vom gutseigenen Reiterhof liegt bereit und muss verteilt werden. Der reichert den Humus im Boden an.

Nur lang anhaltendes Nass von oben sei im Reifeprozess nicht optimal, sagt Folde. Und starker Hagel würde die Ernte zerstören. Beeinflussen könne er es nicht - nur immer wieder kontrollieren, sagt der Seniorchef. Allerdings hofft er auf einen guten Jahrgang mit etwa 50 Tonnen Erntegut.

Aber es gab auch schon andere Zeiten. Er erzählt von einem Komplettausfall 1997 und von Jahren mit nur 18 oder sogar nur zwölf Tonnen Trauben.

1.350 Rebstöcke für den Nachwuchs

Die Fülle und Größe der Trauben verspricht dem Familienunternehmen eine gute Lese. Solaris, eine der sogenannten Piwi-Weine, also pilzwiderstandsfähige Züchtungen, die auf dem Weinberg von Foldes reifen, ist am weitesten, auch der Goldriesling steht gut.

Während die Rebstöcke des Weißburgunders oben an der Besenwirtschaft schon fast 40 Jahre gedeihen und ihre ganze Blätterpracht zeigen, ist der Nachwuchs weiter unten gerade dabei, gut anzuwachsen.

Seniorchef Lars Folde zeigt die jungen Triebe der vor einigen Wochen neu gepflanzten widerstandsfähigen Sorte Muscaris. Noch schützen Kunststoffröhren die jungen Pflanzen.
Seniorchef Lars Folde zeigt die jungen Triebe der vor einigen Wochen neu gepflanzten widerstandsfähigen Sorte Muscaris. Noch schützen Kunststoffröhren die jungen Pflanzen. © Egbert Kamprath

Zu sehen sind nur reihenweise Kunststoffröhren, die die jungen Triebe vor Unwettern und allzu hungrigem Wild schützen. Gepflanzt haben Foldes die exakt 1.350 Rebstöcke der Sorte Muscaris vor etwa zwei Monaten. Später als üblich, aber die zarten Triebe scheinen gut anzuwachsen. In drei Jahren werden hier die ersten Trauben wachsen. Insgesamt ist es die elfte Weinsorte, die am Pesterwitzer Berg gedeiht beziehungsweise sich noch entwickeln soll.

Dafür werden die jungen Pflanzen besonders betreut. In den zurückliegenden trockenen Wochen bekamen sie eine Extraportion Wasser.

Piwi-Sorten für mehr Widerstandskraft

Foldes passen sich wie viele Winzer auch der Klimaentwicklung und den immer schärfer werdenden Vorschriften der Europäischen Union für die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln an. Neben Muscaris wachsen am Pesterwitzer Weinberg die Piwi-Weine Regent, Helios und Solaris, die vor allem gegen den unter Winzern gefürchteten Mehltau resistenter sind.

Im nächsten Jahr sollen auf vier Hektar noch der Rotwein Cabernet Cortis und der Weißwein Cabernet Blanc dazugekommen. Die Beantragung des Rebrechts bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung laufe, sagt Lars Folde.


Die Zeichen für eine erfolgreiche Lese in Pesterwitz stehen gut. Die Trauben entwickeln sich prächtig. Die ersten Sorten, die gelesen werden, könnten Goldriesling und Solaris sein.
Die Zeichen für eine erfolgreiche Lese in Pesterwitz stehen gut. Die Trauben entwickeln sich prächtig. Die ersten Sorten, die gelesen werden, könnten Goldriesling und Solaris sein. © Egbert Kamprath

Er ist sich sicher, dass diese widerstandsfähigeren Sorten immer mehr die Rebflächen auch in Sachsen bestimmen werden. Und auch wenn Gut Pesterwitz kein Ökosiegel für den Weinanbau hat, so werden Pflanzenschutzmittel hier nur behutsam verwendet.

Viel Handarbeit für ein gutes Gedeihen

"Wir setzen anderswo Zeichen", sagt Folde. "Seit 30 Jahren sind wir erfolgreich im Programm des kontrollierten, umweltschonenden und integrierten Obst- und Weinanbaus", sagt der Seniorchef.

Erst vor wenigen Wochen wurde das amtlich geprüft - ohne Beanstandungen. Dauerbegrünung gegen Erosion und viel Handarbeit im Weinberg seien neben dem Schutz von Nützlingen wie der Florfliege umweltschonend.

Gegen Pilzkrankheiten verwenden die Foldes Schwefelkalkbrühe - so, wie es die Mönche schon vor 500 Jahren getan haben. Auch Blühflächen für die gutseigenen Bienenvölker und Wildinsekten sowie an die 200 Vogelnistkästen gibt es verteilt auf den verschiedenen Anbauflächen zwischen Getreidefeldern, Weinberg, Obst- und Weihnachtsbaumplantagen.

Ob sich die Hoffnungen der Foldes auf eine ertragreiche Lese in einigen Wochen erfüllen, darüber wird Sächsische.de berichten. Die Regale im Hofladen jedenfalls vertragen immer wieder Nachschub auch an Rebensaft.

Besenwirtschaft öffnet im August

Ab 18. August bis in den Oktober hat die Besenwirtschaft von Gut Pesterwitz wieder Freitag bis Sonntag, jeweils 15 bis 20 Uhr, geöffnet. Am 26. und 27. August lädt die Familie zum Tag des offenen Weingutes ein, und vom 15. bis 17. September ist Pesterwitzer Weinfest.