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Früher war doch nicht mehr Lametta

Jürgen Müller über Weihnachten ohne Schnee

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© SZ

Diesmal könnte es klappen. Sagten Meteorologen noch vor ein paar Wochen. Diesmal könnte es weiße Weihnachten geben. Weil das statistisch aller vier Jahre passiert, und die sind jetzt rum. So ist das mit dem Durchschnitt. Der Dorfteich war im Durchschnitt einen halben Meter tief, und trotzdem ist die Kuh ersoffen. Die beste Aussage war: Die Wahrscheinlichkeit, weiße Weihnachten zu bekommen, liegt bei 50 Prozent. Toll. Das heißt, die Chance, dass es Schnee zu Weihnachten gibt, ist genau so groß wie die, dass es nicht klappt. Derart präzise Aussagen traue ich mir auch zu. Deshalb habe ich mich spontan entschlossen: Im nächsten Leben werde ich Meteorologe.

Klimaforscher sagen es ja bereits seit Jahren. Nie, nie wieder wird es im Flachland weiße Weihnachten geben. Kaum ausgesprochen, folgten vier kalte und schneereiche Winter. Bloß eben nicht zu Weihnachten. Da habe ich beschlossen: Im nächsten Leben werde ich Klimaforscher.

War früher alles besser? Mein Wunsch als Kind, Skier zu bekommen, wurde jedenfalls nie erfüllt. Lohnt sich nicht, wir haben ja doch keinen Schnee, sagten meinen Eltern. Die Ernüchterung kam später in der Schule, als unsere Geografielehrerin erklärte, warum wir kaum weiße Weihnachten haben. Weil nämlich immer um diese Zeit der blöde Golfstrom kommt und warme Luft bringt. Von da an habe ich jedes Jahres gehofft, dass sich der Golfstrom verspätet oder verzeitigt. Leider war er meistens pünktlich.

Weihnachten war trotzdem schön. Die Familie traf sich, der kleine Jürgen spielte auf dem Klavier Weihnachtslieder, es gab Geschenke und Gänsebraten. Und so wird es auch in diesem Jahr wieder sein: Die Familie trifft sich, der mittlerweile ganz schön große Jürgen spielt Weihnachtslieder auf dem Klavier, es gibt Geschenke und Gänsebraten. Wer braucht da noch Schnee? Lieber, hochverehrter Loriot, ich muss Ihnen in einem Punkt leider widersprechen. Früher war doch nicht mehr Lametta. In diesem Sinne schöne Weihnachten!

Email an Jürgen Müller