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Eine Woche nur Oberlausitzer Produkte essen - geht das?

Rund um Bautzen gibt es etliche Lebensmittelproduzenten. Sächsische.de-Reporter Tilo Berger hat getestet, ob man damit eine Woche lang satt wird.

Von Tilo Berger
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Viele regionale Produkte gibt es auf den Wochenmärkten in der Region, zum Beispiel in Bautzen, wo Manuela Ackermann vom Tutti-Frutti Obst- und Gemüsehandel unter anderem Blumenkohl aus Neupurschwitz anbietet.
Viele regionale Produkte gibt es auf den Wochenmärkten in der Region, zum Beispiel in Bautzen, wo Manuela Ackermann vom Tutti-Frutti Obst- und Gemüsehandel unter anderem Blumenkohl aus Neupurschwitz anbietet. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Alle - na ja, fast alle - reden von Klimaschutz. Von Nachhaltigkeit. Davon, mehr auf Regionales zu setzen. Corona hat uns doch gezeigt, was alles passieren kann. Plötzlich darf zum Beispiel der Lkw mit Nudeln nicht mehr über die italienische Grenze. Und mal ehrlich: Muss es sein, dass ein 30-Tonner-Diesel Mineralwasser aus Frankreich quer durch Europa kutschiert?

Gut, dann setzen wir doch mal voll auf Regionales. Essen und trinken wir mal ausschließlich Produkte aus der Oberlausitz. Geht das überhaupt, produzieren wir hier alles? Ich habe das eine Woche lang probiert.

FRÜHSTÜCK: Vielfalt vom Bäcker, Müsli vom Hofladen

Fangen wir an mit - nein, nicht dem Frühstück. Vorher muss die Blutdruck-Tablette runter. Mit Wasser. Womit wir beim ersten Produkt aus der Region wären: Oppacher, am liebsten Medium. Das gibt es nicht nur zur Tablette, sondern immer, wenn sich Durst einstellt. Also über den Tag verteilt immer wieder.

Zum Frühstück esse ich gern zwei Scheiben Brot oder ein Brötchen. Und da bieten unsere hiesigen Bäcker eine unglaubliche Vielfalt, für die sie Mehl und andere Zutaten aus der Region verwenden. Nur Frühstücksmargarine aus der Oberlausitz habe ich nicht gefunden. Die geografisch nächstgelegene kommt aus Gera, entdeckt bei Edeka.

Müsli zum Frühstück ist sonst nicht so meins, aber eine Kollegin hat mir einen Tipp gegeben: Fahr mal nach Zockau bei Gaußig in den Hofladen Löhnert, die machen Müsli selbst, das lässt Du nicht stehen. Gesagt, getan. Ich hab außer Müsli auch noch ein paar Wurstgläser vom Bauernhof Domanja aus Wittichenau mitgenommen. Schön, wie sich die regionalen Produzenten beim Verkauf ihrer Waren gegenseitig unterstützen. Und das Müsli: Ja, es hat geschmeckt und ist gesund, aber jeden Tag möchte ich es dann doch nicht.

Mit rein regionalem Tee sieht es schlecht aus

Ich mag es früh süß. Eine Schnitte oder Brötchenhälfte mit Konfitüre, eine mit Honig. Den kaufe ich immer beim Imker aus Oberkaina auf dem Bautzener Wochenmarkt. Konfitüre, ich gebe es zu, holte ich bisher im Supermarkt. Bis ich in der Kleenen Schänke in Cunewalde, wo es ganz viel Regionales gibt, Fruchtaufstrich von der Ersten Bautzener Marmeladen-Manufaktur entdeckte. Ich entschied mich für Schwarze Johannisbeere und Erdbeer-Rhabarber.

Sonntags gibt es zum Frühstück noch ein frisch gekochtes Ei, gekauft vom Eiermann auf dem Wochenmarkt.

Mein Frühstücksgetränk ist Tee, davon gibt es ja unendlich viele Sorten. Aber gibt es auch Tee aus der Oberlausitz? Aus meinem Facebook-Freundeskreis kommt der Tipp, mich mit dieser Frage doch mal an Kräuter-Meyer in Hoyerswerda zu wenden. Sie haben unter anderem Lausitzer Gute-Laune-Tee im Angebot.

Kräuter-Meyer-Fachfrau Beate Möller klärt mich auf: Verschiedene Teemischungen haben einen regionalen Bezug, aber die Zutaten kommen aus aller Welt. Sicher könnten hiesige Kräuter und Früchte gesammelt und getrocknet werden, das wurde ja zu Uromas Zeiten auch schon gemacht. "Wir werden", verspricht Beate Möller, "im kommenden Jahr mal versuchen, einen Tee zu kreieren, der ausschließlich aus regionalen Produkten besteht."

MITTAGESSEN: Großeinkauf auf dem Wochenmarkt

Es gibt Essen, die könnten bei mir fast jeden Tag auf dem Tisch stehen. Dazu gehört Quark mit Leinöl und Kartoffeln. Den Quark hole ich immer auf dem Bautzener Wochenmarkt, am Käsewagen der Krabat-Milchwelt Kotten. Dort bekomme ich auch das Leinöl aus der Lausitzer Ölmühle Hoyerswerda. Mehlige Kartoffeln gibt es am Marktstand unterhalb des Reichenturms. Dazu eine Scheibe Geflügelleberwurst, die gibt's am Wagen von Mario Steinert aus Diehsa bei Görlitz.

Dort bekomme ich auch frische Hähnchenschenkel, das nächste Mittagessen. Der Broiler kommt auf den Tisch wieder mit Kartoffeln vom Markt, dazu Weichaer Apfel-Rotkohl nach Lausitzer Art. Kommt aber längst nicht mehr aus Weicha bei Bautzen, sondern aus Plauen im Vogtland. Die Alternative: einen Krautkopf kaufen und selbst Rotkohl dünsten.

Sächsische.de-Reporter Tilo Berger wählt auf dem Bautzener Wochenmarkt Kartoffeln für das Mittagessen aus.
Sächsische.de-Reporter Tilo Berger wählt auf dem Bautzener Wochenmarkt Kartoffeln für das Mittagessen aus. © SZ/Uwe Soeder

Das dritte Mittagessen der Woche: eine Bratwurst von einem der Fleischer meines Vertrauens, dazu Spreewälder Sauerkraut vom Bautzener Wochenmarkt. Und Kartoffelbrei - es waren ja noch "Arbern" vom Vortag übrig. Na, und über den Senf zur Bratwurst müssen wir in Bautzen ja wohl keine Sekunde nachdenken.

Auf dem Wochenmarkt hat mich frischer, weißer Blumenkohl aus Neupurschwitz angelacht - Widerstand zwecklos. Gekocht, darüber zerlassene Butter mit Semmelbröseln und dazu eine Scheibe Brot - mehr braucht es nicht, um satt und zufrieden zu sein.

Freitags gibt's Fisch. Den nehme ich immer dort mit, wohin mich meine Recherchefahrten so führen. Im Norden des Landkreises Bautzen gehe ich gern mal in den Hofladen von Teichwirt Karsten Ringpfeil in Wartha nahe Königswartha. Jetzt hatte ich im Süden des Kreises zu tun, da hielt ich am Geschäft der Kirschauer Aquakulturen. Fürs Mittagessen ein Stück Tilapiafilet, für den Abend ein Näpfchen mit Räucherfischsalat. Zum gebratenen Tilapia schmeckt Reis, der wächst im Gegensatz zum Fisch leider nicht in der Oberlausitz.

Noch viele Ideen für eine weitere Woche

Am Sonnabendmittag wird's süß - mit Milchgrieß und Erdbeeren. Das Grießpulver kommt von Komet in Großpostwitz, die Milch vom Wagen der Krabat-Milchwelt, die Erdbeeren von Stolle-Obst aus Schirgiswalde.

Zum Sonntag will ich mir eine Roulade gönnen und fahre dafür zum Bio-Fleischer Mörl nach Diehmen bei Gaußig. Dort weiß ich, dass die Tiere gleich nebenan aufwachsen, es ihnen gut geht und sie nicht erst sonst wohin zum Schlachten gefahren werden. Zur Roulade gibt es gedünsteten Kohlrabi vom Wochenmarkt und Klöße. Oma hat dafür immer Kartoffeln gerieben. Ginge auch, aber es gibt fertige Klöße im Kochbeutel von Werner's aus Freital. So viel Faulheit darf sein.

Ein paar Gerichte fallen mir schon für nächste Woche ein: Eintopf mit Wehrsdorfer Nudeln, Hühnerfleisch von Mario Steinert und frischem Gemüse vom Markt. Hackepeter vom Biofleischer Mörl mit Pellkartoffeln. Eierkuchen mit Mehl von Komet und Apfelmus von der Lausitzer Früchteverarbeitung Sohland. Bratkartoffeln mit Spiegelei und Spreewälder Gurken.

ABENDBROT: Abwechslung mit Wurst, Käse und Fisch

Das können wir kurz machen. Da bietet die Oberlausitz frische Wurst und Käse vom Laib, aber auch abgepackte Ware, etwa von der Wurstmanufaktur Meisters in Bautzen oder von den Heinrichsthaler Milchwerken in Radeberg. Eine Kamenzer Wurst mit Bautz'ner Senf gibt es ohnehin einmal in der Woche. Fischsalat aus Kirschau hatte ich schon erwähnt. Wenn die Tomatenschwemme kommt, genügt mir manchmal abends auch eine Schüssel Tomatensalat.

Freilich, einen Rollmops oder Brathering aus der Oberlausitz gibt es nicht. Da muss dann Rügenfisch ran, zum Beispiel.

Fazit: 100 Prozent Oberlausitz geht nicht - aber fast

Zeit für ein Fazit: Wer sich ausschließlich mit Produkten aus der Oberlausitz ernähren will, findet in der Region ganz, ganz viel - allerdings nicht immer zu Discount-Preisen. Da haben wir im Text noch nicht mal den Fruchtjoghurt zum Nachmittag von Sachsenmilch erwähnt oder das Feierabendbier, für das ja hier gleich mehr als eine Handvoll Brauereien infrage kommt.

Aber einiges gibt es aus der Oberlausitz eben nicht, kann es gar nicht geben. Gewürze wie Salz zum Beispiel, eine Saline ist mir hier nicht bekannt. Die Oberlausitz ist auch nicht das Land, wo der Pfeffer wächst. Und wer Appetit auf eine Banane hat, der muss eben zu Importen greifen. Aber einen Apfel muss ich nicht aus Chile essen, den gibt es auch aus Schirgiswalde. Guten Appetit!