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Weit gereister Irrsinn: die ersten Erdbeeren

Frühe Erdbeeren locken in den Läden. Woher sie kommen und warum man sie nicht kaufen sollte, zeigt ein neues Buch.

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Sehen zwar reif aus, sind aber meist nicht aromatisch: frühe Erdbeeren.
Sehen zwar reif aus, sind aber meist nicht aromatisch: frühe Erdbeeren. © Friso Gentsch/dpa

Erdbeeren liegen auf Platz 4 der beliebtesten Früchte in Deutschland. „Kaufen sollte man sie aber besser nicht“, raten Kerstin Scheidecker und Katja Tölle in ihrem neuen Buch „Gibt’s das auch in Grün?“. Denn die ersten Erdbeeren im Regal würden meist aus Ägypten oder Marokko mit dem Flugzeug zu uns kommen. „Auch die spanischen Erdbeeren sind ökologisch bedenklich“, sagen sie. „Sie stammen meist aus der andalusischen Provinz Huelva, eine der trockensten Regionen Europas. Das macht den Anbau extrem wasserintensiv.“

Laut WWF verbraucht ein Kilo Erdbeeren im Durchschnitt rund 300 Liter Wasser und wird dann noch von Spanien rund 2.500 Kilometer per Lastwagen nach Deutschland gefahren. „Dazu kommt, dass immer mehr Landwirte vor Ort tiefe, illegale Brunnen graben, um an das Wasser für den Anbau zu kommen. Dabei rücken sie immer näher an den Nationalpark Coto de Doñana. Das einst wichtigste Feuchtgebiet Spaniens ist mittlerweile ausgetrocknet“, heißt es im Buch.

„Wasserintensive Früchte wie Erdbeeren in dermaßen trockenen Regionen anzubauen, ist ökologischer Irrsinn“, sagt Katja Tölle, stellvertretende Chefredakteurin der Zeitschrift Öko-Test. Das gelte auch für Erdbeeren aus Marokko oder Ägypten. Deren CO2-Fußabdruck ist im Vergleich zu spanischen Erdbeeren rund 5,5-mal so hoch, weil sie eingeflogen werden. Und das zu Preisen, mit den die heimischen Erdbeerbauern Ende Mai kaum mithalten können, sagt Tölle.

Besser noch bis Ende Mai warten

So hätten die günstigsten Erdbeeren beim letzten Test der Zeitschrift gerade einmal 1,94 Euro pro 500 Gramm gekostet. Ein Schnäppchen-Preis, den die Umwelt in Ägypten und Andalusien und auch die Menschen, die die Früchte dort anbauen, teuer bezahlen. So arbeiten viele Pflücker für weniger als den Mindestlohn und leben in Gettos ohne Zugang zu sauberem Wasser. Der Test zeigte im vergangenen Jahr auch, dass viele der Erdbeeren mit Pestizidrückständen belastet waren.

Also besser deutsche Früherdbeeren kaufen? Bloß nicht, sagt Scheidecker. Sie stammen aus energieintensiven Gewächshäusern und sind damit tatsächlich noch schlechter für die Umwelt als spanische Erdbeeren aus dem Freiland. Der Ratschlag der Autorinnen fällt daher einhellig aus: „Auch wenn es schwerfällt: Besser noch ein kleines bisschen bis Ende Mai warten, bis die heimischen Früchte reif sind“, rät Scheidecker. Denn: „Die schmecken auch besser.“

In Spanien werden nämlich hauptsächlich festere Sorten angebaut, die gut für den Transport sind, dafür aber auch weniger aromatisch schmecken. (rnw)