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Trinken bis zur OP: Leisnig praktiziert Nüchternheitskonzept

Wer in Leisnig einen OP-Termin hat, bekommt ab sofort eine grüne, gelbe oder rote Karte. Was diese Patienten, Pflegern und Angehörigen sagen soll und warum die Klinik neue Wege geht.

Von Heike Heisig
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Dr. Marcus Haberhauer (li.) und Dr. Herbert Kiefer vom Helios Park-Klinikum in Leipzig zeigen die Nüchternheitskarten, mit denen auch in der Helios-Klinik in Leisnig gearbeitet wird.
Dr. Marcus Haberhauer (li.) und Dr. Herbert Kiefer vom Helios Park-Klinikum in Leipzig zeigen die Nüchternheitskarten, mit denen auch in der Helios-Klinik in Leisnig gearbeitet wird. © Christian Hüller

Leisnig/Leipzig. Bisher waren Patienten dazu angehalten, ab sechs Stunden vor einer Operation nichts mehr zu essen, ab zwei Stunden vorher nichts mehr zu trinken. Das muss nicht mehr so sein, zumindest in einigen Häusern des Helios-Konzerns.

„Nach einer erfolgreichen Pilotphase setzen das Helios Park-Klinikum Leipzig, das Herzzentrum Leipzig und die Helios-Klinik Leisnig nun auf ein neues Nüchternheitskonzept“, teilt Marketing-Managerin Tina Mühlbauer mit.

Das heißt: Patienten dürfen nun bis zur Fahrt in den OP-Saal Wasser, Tee, klare Säfte oder Kaffee mit einem Schluck Milch trinken.

Gefahr von Dehydration

In der Praxis habe sich gezeigt, dass viele Menschen vorsichtshalber schon vor ihrem OP-Tag nichts mehr trinken.

„Dieses Verhalten kann gerade bei älteren Menschen zu einem instabilen Kreislauf oder Dehydration führen“, sagt Dr. Herbert Kiefer, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerzmedizin am Helios Park-Klinikum.

„Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich die gesundheitlichen Risiken nach operativen Eingriffen sogar erhöhen, wenn die Patienten im Vorfeld zu lange auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr verzichten“, erläutert er.

Auf Basis dieser Erkenntnisse führte das Helios-Klinikum Emil von Behring in Berlin als erste Klinik der Helios-Gruppe ein Ampelsystem mit grünen, gelben und roten Nüchternheitskarten ein.

Wer keine wesentlichen Vorerkrankungen hat, erhält eine grüne Karte und darf damit bis zum Abruf in den OP alle klaren Flüssigkeiten sowie Tee und Kaffee, auf Wunsch auch mit Zucker, Honig oder wenig Milch trinken.

Rote Karte bei Vorerkrankung

Anders sieht das aus, wenn jemand mit bestimmten Vorerkrankungen auf den Eingriff wartet. Auf einer gelben Nüchternheitskarte wird dann individuell festgelegt, bis wann was getrunken werden darf. In seltenen Fällen wird aber auch eine „rote Karte“ gezogen, was heißt, die Patienten dürfen nichts mehr zu sich nehmen.

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„Das Trinken bis unmittelbar vor der OP bringt gleich mehrere Vorteile mit sich“, erklärt Dr. Marcus Haberhauer, Leitender Oberarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Park-Klinikum Leipzig.

„Es verringert das Risiko postoperativer Komplikationen, reduziert das Unwohlsein durch Durst und stabilisiert den Blutdruck. Zusätzlich können venöse Zugänge leichter gelegt werden und Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen nach der OP werden deutlich reduziert.“

Im Aufklärungsgespräch werden die Patienten gezielt darauf hingewiesen, dass sie bis unmittelbar vor der OP trinken dürfen und sollen.

Wassereis weckt Lebensgeister

„Der Einsatz der Nüchternheitskarten hat den Vorteil, dass nicht nur die Patienten informiert sind, sondern auch die Pflegenden auf den Stationen und die Angehörigen zu Hause.“

Auf diese Vorteile weist Dr. Jan-Jakob Meyer, Chefarzt für Anästhesiologie an der Helios-Klinik Leisnig, hin. Denn häufig gebe es aus dem familiären Umfeld anderslautende Ratschläge. „Die Karte bestätigt die Erlaubnis zum Trinken nun schriftlich.“

Im Anschluss an die OP erhalten die Patienten übrigens ein Wassereis. Warum? Das Gefühl, etwas essen zu können und der fruchtige Geschmack wecken die Lebensgeister und machen den Aufenthalt im Aufwachraum ein wenig angenehmer.