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Sind Nagelstudios eine Gesundheitsgefahr?

Kanadische Wissenschaftler warnen vor hoher Belastung durch Chemikalien in Nagelstudios. Doch das Studien-Ergebnis ist umstritten.

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Eine Kosmetikerin trägt in einem Nagelstudio eine Gelschicht auf die Nägel einer Kundin auf.
Eine Kosmetikerin trägt in einem Nagelstudio eine Gelschicht auf die Nägel einer Kundin auf. © Symbolbild: Christin Klose/dpa

Nagelstudios sind beliebt und die Nachfrage nach professionell gestalteten Nägeln ist seit Jahren hoch. Insofern klingt es besorgniserregend, was kanadische Wissenschaftlerinnen herausgefunden haben. Sie warnen vor einer unerwartet hohen Belastung durch bestimmte Chemikalien in Nagelstudios. Menschen, die dort arbeiten, seien Stoffen ausgesetzt, die häufig als Weichmacher und Flammschutzmittel verwendet würden, so das Ergebnis ihrer Studie, die im Fachblatt „Environmental Science & Technology“ veröffentlicht wurde.

Es gibt bereits mehrere, teils widersprüchliche Analysen zu den gesundheitlichen Gefahren, die mit der Arbeit in Nagelstudios Salons verbunden sind.So sorgte eine zweiteilige Artikelserie in der New York Times 2015 für Aufruhr, die einen Zusammenhang zwischen der Arbeit dort und Fehlgeburten, Krebs, Schilddrüsenerkrankungen und anderen gesundheitlichen Problemen nahelegte.

Im Gegensatz dazu stellte eine US-amerikanische Forschungsgruppe in zwei Studien grundsätzlich weder signifikant erhöhte Krebsraten unter kalifornischen Nagelstudio-Angestellten noch ein größeres Risiko für Schwangerschaftskomplikationen fest. 2019 ergab eine Modellierung von Forschern der University von Colorado wiederum ein potenziell deutlich erhöhtes Risiko, nach 20 Jahren im Job an Lungenkrebs, Leukämie oder anderen Krebsarten zu erkranken. Ähnlich kontrovers ist der wissenschaftliche Blick auf das Hautkrebsrisiko, das von den in den Studios eingesetzten UV-A-Lampen ausgehen könnte, wie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) auf seiner Website zusammenfasst.

Mitarbeiterinnen sind Weichmachern ausgesetzt

Wissenschaftlerinnen der Universität von Toronto haben sich nun mit der Belastung durch bestimmte Chemikalien in kanadischen Nagelstudios beschäftigt. Konkret untersuchten sie die Raumluft in 18 Discount-Nagelstudios, indem sie Nageldesignerinnen sowohl aktive Luftprobensammler als auch passive Sensoren in Form von speziellen Silikon-Armbändern und -Broschen tragen ließen.

Sie stellten zum einen fest, dass die Frauen mehreren Phthalat-Weichmachern ausgesetzt waren, was angesichts derer Verwendung in Körperpflegeprodukten zu erwarten gewesen sei. Darüber hinaus wurden aber auch sogenannte Organophosphorsäureester (OPEs) gefunden, die gesundheitsschädigend wirken können.

Die spezifische Quelle dieser Stoffe in den Nagelstudios wurde in der Studie nicht ermittelt, die Autorinnen weisen aber darauf hin, dass solche OPEs als Flammschutzmittel Baumaterialien, bestimmten Isolierungen sowie Sitz- und Bettzeug zugesetzt werden. In den Nagelsalons könnten zudem schaumstoffhaltige Sitzmöbel, Handauflagen, Sandalen und Zehentrenner mögliche Quellen sein.

Schadstoffwerte sehr gering

Für die Autorinnen bietet ihre Untersuchung Anlass zur Sorge, „da die Exposition gegenüber einigen Phthalaten und OPEs und ihren Metaboliten mit einem erhöhten Risiko für papillären Schilddrüsenkrebs bei Erwachsenen, einem höheren Risiko für Endometriose, einer Zunahme des Gebärmuttervolumens, einer verringerten weiblichen Fruchtbarkeit und einer Verringerung der männlichen Samenqualität in Verbindung gebracht wurde“, wie es am Ende der Studie heißt.

Eine Warnung, die sich allerdings für Thomas Gebel, Gruppenleiter Toxikologie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), aus den Analysewerten nicht ableitet: Die Werte seien so gering, dass es sich eigentlich um eine gute Nachricht handele. Gebel erklärt seine Einordnung anhand des Weichmachers Diisobutylphthalat (DIBP), dessen Medianwert in den Nagelstudios bei 337 Nanogramm pro Kubikmeter lag.

„Dieser Wert liegt um etwa den Faktor Tausend unter dem, was am Arbeitsplatz in Deutschland für den verwandten Stoff Dibutylphthalat als Grenzwert gilt, nämlich 0,58 Milligramm oder 580 Mikrogramm pro Kubikmeter.“ Dabei sei der Arbeitsplatzgrenzwert als gesundheitsbasierter Grenzwert definiert. „Das heißt, wenn gesunde Arbeitnehmer diesen Grenzwert am Arbeitsplatz jeden Tag über acht Stunden ihr gesamtes Arbeitsleben lang ausschöpfen, erleiden sie dadurch im Generellen keine Erkrankung.“

Bei den in der Studie genannten Flammschutz-Inhibitoren lägen die Werte teils um den Faktor 10.000 unter dem, was für diese Stoffgruppe als Arbeitsplatzgrenzwert üblich sei. „Selbst, wenn die Stoffe sehr kritische Gesundheitsgefährdungseigenschaften wie zum Beispiel eine krebserregende Wirkung hätten, sind die Belastungen so niedrig, dass kein unakzeptables Risiko vorläge“, so Gebel. (dpa)