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Welche Psychotherapie passt zu mir?

Etwa 60.000 Menschen in Sachsen sind schwer psychisch krank. Von der Krankenkasse werden vier Therapien bezahlt.

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Verhaltenstherapie, Psychoanalyse oder doch psychodynamische Verfahren?
Verhaltenstherapie, Psychoanalyse oder doch psychodynamische Verfahren? © Werner Dietrich/dpa

Auch wenn Instagram, Tiktok und Google-Ergebnisse voll sind an Lösungsvorschlägen – bei mentalen oder psychischen Problemen bietet nur eine Psychotherapie echte professionelle Hilfe. Allerdings gibt es mehrere Methoden. Welche passend ist, lässt sich in einer psychotherapeutischen Sprechstunde klären. Diese Sprechstunden sind vor einer Behandlung Pflicht. Interessierte benötigen dafür keine Überweisung. Kassenpatienten können sich über die zentrale Terminvermittlungsstelle der Kassenärztlichen Vereinigungen online oder telefonisch unter 116117 einen Termin geben lassen. Sollte das innerhalb weniger Wochen nicht möglich sein, vermittelt die Terminservicestelle an eine Ambulanz.

Die obligatorische Sprechstunde bieten Ärzte und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen an. In dreimal 50 Minuten oder sechsmal 25 Minuten untersuchen sie, ob überhaupt eine psychische Störung vorliegt und eine Psychotherapie sinnvoll ist. Zudem werden Empfehlungen für ein psychotherapeutisches Verfahren ausgesprochen oder alternative Hilfs- und Behandlungsangebote abgestimmt.

Zusage von der Kasse einholen

Bevor die eigentliche Psychotherapie beginnt, können bis zu vier probatorische Sitzungen wahrgenommen, verschiedene Verfahren und damit auch Therapeuten ausprobiert werden. In dieser Zeit ist auch ein Wechsel möglich. Erst danach stellt man einen Antrag auf Bewilligung an die Krankenkasse. Bei dringendem Behandlungsbedarf und in Krisen besteht die Möglichkeit einer Akutbehandlung, die aus bis zu zwölf Therapieeinheiten zu je 50 Minuten besteht – ohne Antrag bei der Krankenkasse und ohne probatorische Sitzungen.

Grundsätzlich gibt es noch die Möglichkeit, die Therapie selbst zu zahlen und sich später erstatten zu lassen. Dafür können Patienten eine Privatpraxis aufsuchen. „Allerdings sollten sie bei ihrer Wahl darauf achten, dass der Therapeut eine Approbation hat, entweder als Arzt oder Psychologe“, sagt Susanne Berwanger, Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Allerdings sollte man sich unbedingt vorher eine Zusage von der Kasse einholen. Manche Kassen verlangen eine Bescheinigung von mehreren Therapeuten, dass sie nicht behandeln können oder eine Dokumentation über eine Wartezeit von mehr als sechs Wochen. Zudem werden nur diese vier Verfahren bezahlt:

Verhaltenstherapie:

Die Verhaltenstherapie ist gut geeignet zur Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen. Verhalten bezieht sich in diesem Fall auf das Denken, Fühlen und das praktische Verhalten. „Hier kommt man relativ rasch zu Ergebnissen“, sagt Neurologin Christa Roth-Sackenheim. Bei Phobien etwa wird der Patient oder die Patientin mit der Angst oder dem Ort der Angst konfrontiert. Anschließend besprechen sie mit dem Arzt oder der Therapeutin die Reaktionen, machen sich ihre Gedanken bewusst und versuchen, sie zu ändern. „Die Verhaltenstherapie arbeitet viel mit Übungen an konkreten Symptomen“, sagt Psychotherapeut Gebhard Hentschel. Dabei stehen auch Entspannungsübungen auf dem Programm.

Psychodynamische Verfahren:

Grundlage der psychodynamischen Verfahren ist immer das Gespräch. „In der Tiefenpsychologie geht man vom aktuellen Konflikt aus und schaut sich an, ob es einen Zusammenhang zu bereits Erlebtem gibt“, sagt Hentschel, der tiefenpsychologisch fundierte Therapie anbietet. Wiederholen sich hier beispielsweise erlernte Muster? Gibt es unbewältigte Konflikte in der Vergangenheit, die eine Bewältigung im Hier und Jetzt erschweren? Wer sich etwa im Job nicht abgrenzen kann, viel Verantwortung übernimmt und dadurch ein Burn-out oder eine Depression entwickelt, könnte bereits im Elternhaus gelernt haben, (zu früh) zu viel Verantwortung für Aufgaben in der Familie zu übernehmen, aus welchen Gründen auch immer. Praktische Elemente können hier auch enthalten sein.

Psychoanalyse:

Bei der analytischen Therapie stehen konflikthafte Beziehungserfahrungen im Fokus. Man arbeitet mit dem Unbewussten. „Es wird davon ausgegangen, dass sich in der aktuellen Beziehung zum Therapeuten die alten kindlichen Beziehungserfahrungen und Konflikte zeigen und aufgelöst werden“, so Berwanger. Diese Therapie findet heutzutage nicht mehr unbedingt im Liegen statt wie zu Sigmund Freuds Zeiten.

Systemische Therapie:

Die systemische Therapie bezieht die unmittelbare Umgebung wie die Familie mit ein. „Es geht um Beziehungsstrukturen. Eine Sitzung kann also mit mehreren Personen stattfinden – entweder real oder indem man sie sich vorstellt“, sagt Hentschel. Die Familienaufstellung ist eine typische Variante der systemischen Therapie.

Fazit:

Das Verfahren kann noch so gut geeignet sein: Wenn es zwischen Patient und Therapeutin nicht stimmt, dann wird es nicht zum Ziel führen. (dpa)