Altstadtfest: Görlitzer Gastronomen sauer über Standmieten

"Man muss die Kirche im Dorf lassen", sagt Christoph Zschornack, der auf dem Görlitzer Untermarkt das "Ratscafé" betreibt. Zum Altstadtfest wird er Außengastronomie anbieten. Eigentlich hatte die Stadt Görlitz in der Coronazeit den Wirten die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Außenflächen erlassen, auch dieses Jahr, hatte der Stadtrat entschieden. Doch bei Festen wie dem Altstadtfest sollen sie eine Standmiete bezahlen. Deren Höhe sorgt für den Frust.
Es gibt zwei Modelle, eines für Wirte, die einfach Tische, Stühle, Schirme draußen aufbauen. Und es gibt ein Modell für Wirte, die draußen zusätzlich zum Beispiel einen Grill, einen Getränkeausschank aufbauen. Für Christoph Zschornack gilt das zweite Modell - mit insgesamt um die 1.300 Euro Standmiete. Dabei nutze er den Strom und alles, was er für seinen Stand brauche, aus dem Café. "Ich würde auf jeden Fall einen Beitrag bezahlen", sagt er. Aber eben nicht in dieser Höhe.
"Bisschen unglücklich mit Blick darauf, was uns bevorsteht"
Zumal er aus seiner Erfahrung nicht annimmt, dass das Altstadtfest hohen Gewinn einbringt. "Es sind ja sehr viele andere Angebote um einen herum", schildert er. Ein Untermarkt-Gastronom, der aber in der SZ nicht genannt werden möchte, hat ob der Standmieten einen Brief an den städtischen Kulturservice, der das Fest veranstaltet, geschrieben, mehrere Untermarkt-Wirte haben unterschrieben. Im Herbst soll es nun ein Gespräch geben, erzählt Christoph Zschornack. "Viele sind wirklich sauer."
Matthias Holfert betreibt am Untermarkt das "Patrizierhaus St. Jonathan" und das "Café Gloria". Von dem Ärger hat er gehört, betroffen ist er aber nicht. Die Außenfläche vom "Café Gloria" ist keine öffentliche Fläche, sondern gehört dem Vermieter. "Für uns wird es ein normales Wochenende". An einem der Tage feiert eine Hochzeitsgesellschaft bei ihm, "da hätten wir auch nicht die Kapazitäten für mehr", erklärt er.
Holfert ist zwiegespalten zu den Standmieten seiner Kollegen. Einerseits, sagt er, kann jeder selbst entscheiden, ob er sich beim Altstadtfest beteiligt, Flächen und damit die Konditionen nutzen möchte. Andererseits hat auch Holfert von der Höhe der Mieten gehört. "Das ist vielleicht schon ein bisschen unglücklich, wenn man bedenkt, was uns bevorsteht." Die Personalkosten werden steigen, schildert er. Und Energiepreise steigen auch für Restaurants.
Experiment für das "Horschel"
Es wird ein Experiment, sagt Bas Dankers, Mitinhaber und Geschäftsführer des "Horschel" am Untermarkt. 2020 und 2021 fiel das Altstadtfest aus, 2019 war das "Horschel" noch nicht geöffnet. "Wir standen damals kurz vor der Öffnung und haben das Altstadtfest genutzt, um auf uns aufmerksam zu machen", erzählt er. Mit einer Weinbar schloss er sich dem Stand eines anderen Gastronomen, Ralf Richter, an. "Manche derer, die wir damals kennengelernt haben, gehören bis heute zu unseren Gästen", erzählt Bas Dankers.
Für das kommende Wochenende hat er die Fläche vorm "Horschel", die er auch sonst als Terrasse nutzt, zu der Standmiete des Kulturservice angemietet. Ob es eine Marge bringt, "das ist schwer einzuschätzen." Vor drei Jahren war das eher nicht der Fall, "aber es war viel los, es war schön, wir konnten auf uns aufmerksam machen." Von daher lässt er es auf das Experiment ankommen. Ein weiterer Punkt: Das "Horschel" gehört mit zum Hotel Emmerich. Dass Hotelgäste beim Frühstück womöglich direkten Blick in einen Bierstand statt den Untermarkt haben, lässt sich vermeiden, wenn man selbst die Fläche gestaltet.
Generell: Nutzen Wirte öffentliche Außenflächen, haben sie für die jeweilige Nutzungszeit eine Sondernutzungserlaubnis, erklärt die Stadtverwaltung Görlitz. Ende 2021 entschied der Stadtrat, die Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie auch dieses Jahr zu erlassen. Allerdings gilt die Sondererlaubnis nicht für Feste wie das Altstadtfest. Dann hat der Veranstalter, in dem Fall der Kulturservice, die Sondernutzungserlaubnis für das Festgelände inne. „Das wurde den Gastronomen mit den jeweiligen Bescheiden so bekannt gegeben.“
Veranstalter: Gleichbehandlung für alle Händler
"Wir organisieren das Fest", erklärt Gerd Weise vom städtischen Kulturservice, "Händler und Gastronomen bewerben sich, am Fest teilzunehmen, um ihre Waren feilzubieten." Eine Entgeltordnung regelt, wie hoch die Standmieten sind. Es gelte das Prinzip der Gleichbehandlung, sagt Gerd Weise. "Das heißt, alle Standplatzbetreiber und Flächennutzer bekommen die durch Quadratmeter, Produkt und Standort errechnete Standmiete", unabhängig, ob es anreisende Händler und Wirte sind oder ansässige.
Zur Deckung aller Veranstaltungskosten seien die Mieten auch unabdingbar. "Daher sollten diese auch für alle gelten, die an dem Fest teilnehmen und damit ebenso ihr Geschäft machen." Dennoch, dass die Mieten für ansässige Wirte ebenso hoch ausfallen, findet Christoph Zschornack, nicht in Ordnung. "Wir sind immer für die Gäste da, auch außerhalb der Tourismus-Hochzeiten."
Keine ganz neue Debatte
Für die Außenfläche der Restaurants geht es um ungefähr fünf Euro pro Quadratmeter. Bei dem ersten, einfachen Modell, sei die Miete nicht erhöht worden, sagt Gerd Weise. "Bei dem zweiten Modell haben wir sie um zehn Prozent angehoben." Die Veranstaltungskosten für den Kulturservice seien dabei aber dieses Jahr um 20 bis 30 Prozent gestiegen. "Wir haben uns aber entschieden, das nicht sofort umzulegen."
Ganz neu ist die Debatte nicht. Vor einigen Jahren gab es etwa eine Zusammenkunft zwischen Wirten und Kulturservice im Görlitzer Rathaus. Der Kulturservice ist eine städtische Gesellschaft, das Altstadtfest wird auch mit öffentlichen Mitteln unterstützt, etwa mit 130.000 Euro aus der Kulturstiftung des Freistaates - aber nur für nicht-kommerzielle Bereiche. So gilt auch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Im Grunde: Als städtische Gesellschaft darf der Kulturservice nicht auf Gelder verzichten und damit andere, Steuerzahler letztlich, mehr belasten. Gerd Weise bestätigt, dass Kulturservice und Gastronomen sich nach dem Fest zusammen setzen wollen. „Wir kennen uns zumeist alle seit vielen Jahren und sind auf jeden Fall gesprächsbereit.“