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Erst ein lauter Knall - und jetzt ein leiser Rückzug

Katja Knauthe hatte als Gleichstellungsbeauftragte einen großen Auftritt vor dem Görlitzer Stadtrat. Der wirkt noch immer nach.

Von Sebastian Beutler
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Katja Knauthe ist nicht mehr Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Görlitz.
Katja Knauthe ist nicht mehr Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Görlitz. ©  Archivfoto: Nikolai Schmidt

Ihr Arbeitsplatz im Görlitzer Rathaus ist seit Montag verwaist. Eine Gleichstellungsbeauftragte gibt es momentan nicht. Katja Knauthe, die diese Funktion von 2020 bis zum Freitag vergangener Woche ausübte, hat die Stadtverwaltung verlassen.

Sie zog es zurück an die Hochschule Zittau/Görlitz, wo sie schon zuvor als Wissenschaftlerin, Dozentin und Gleichstellungsbeauftragte tätig war. Seitdem hat sie auch noch promoviert, verteidigt hat sie ihre Arbeit bereits, im Herbst hofft sie auf deren Veröffentlichung.

Die Vereinbarkeit der familiären Situation mit dem Beruf in allen Lebenslagen ist ihr Spezialgebiet. "Wir haben kein Gleichstellungsproblem, sondern ein Vereinbarkeitsproblem", erklärte sie zu Beginn ihrer Arbeit im Rathaus gegenüber der SZ. Besonders Menschen, die sich um Kinder oder um pflegebedürftige Eltern kümmern, seien benachteiligt. Und so leitet sie nun nicht zufälligerweise am Institut für Gesundheit, Altern, Arbeit und Technik (GAT) der Hochschule ein internationales Forschungsprojekt, bei dem es in Zusammenarbeit mit einer schwedischen Universität um Resilienz in der Pflege geht.

In ihrer vierjährigen Amtszeit hat sie am meisten für Aufsehen mit ihrem ersten Gleichstellungsbericht im Mai 2023 gesorgt. Der stieß auf ein geteiltes Echo unter den Stadträten. Während Vertreter der Linkspartei, aber auch von der Bürgerfraktion und Motor Görlitz den Bericht als Anstoß für mehr Gleichberechtigung im Rathaus verstanden, hielten die CDU und die AfD, aber auch OB Ursu, den Bericht für fehlerhaft, zogen auch die Methodik in Zweifel und warfen der Autorin politische Einseitigkeit vor. Daraufhin sollte die Gleichstellungsbeauftragte das Papier nochmals überarbeiten. Das war das letzte Mal, dass man von diesem Bericht öffentlich gehört hat. Über ein Jahr ist das nun her.

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Zwar soll es nach Angaben von Frau Knauthe eine überarbeitete Endfassung geben. Öffentlich im Stadtrat vorgestellt worden, ist sie noch nicht, auch auf der städtischen Internetseite ist sie nicht zu finden.

Ihre Stelle kann nicht so still und leise entsorgt werden. Der Gemeindeordnung zufolge ist es eine Pflichtaufgabe. "In Gemeinden mit mehr als 17.000 Einwohnern soll diese Aufgabe hauptamtlich erfüllt werden", heißt es in dem Gesetz. CDU, Bürger für Görlitz, Motor Görlitz, Linke und Grüne stellen die Aufgabe nicht infrage. Als OB Octavian Ursu die scheidende Beauftragte jetzt im Stadtrat verabschiedete, war aber nichts davon zu hören, wie die Stelle demnächst ausgeschrieben wird. Versöhnlich verabschiedete sich die AfD von der Gleichstellungsbeauftragten. Noch im Mai vergangenen Jahres hatte die AfD eine solche Stelle als überflüssig angesehen. Nun hatte auch Fraktionschef Lutz Jankus einen Blumenstrauß für Katja Knauthe im Gepäck. Er fiel sogar einen Tick größer aus als der vom OB.

Hinweis: Wie die Parteien - außer der AfD - zu wichtigen Fragen auf den Gebieten Soziales und Kultur in Görlitz stehen, ist der Broschüre "Perspektiven für Görlitz - Kandidierende für die Wahl des Görlitzer Stadtrates beantworten Fragen aus den Bereichen Soziales und Kultur" zu entnehmen. Sie wurde vom Projekt "Partnerschaft für Demokratie Stadt Görlitz" herausgegeben. Und ist im Internet zu finden unter www.goerlitz.neisse-pfd.de