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Kreis Görlitz: Wie ein 30-Jähriger den Oberlausitzer Champion züchtet

Der Görlitzer Tierpark-Mitarbeiter Philipp Kießlich hat sich schon einige Träume erfüllt, zum Beispiel in Schönbach. Zum Glück fehlt ihm aber noch das Wichtigste.

Von Constanze Junghanß
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Philipp Kießlich züchtet Mini-Enten im schneeweißen Federkleid.
Philipp Kießlich züchtet Mini-Enten im schneeweißen Federkleid. © Constanze Junghanß

Bauernhofidylle in Markersdorf. Auf der Wiese schnattert Federvieh, in Badewannen planschen die Enten, andere watscheln auf dem Rasen, wühlen mit dem gelben Schnabel im Erdreich auf der Suche nach Regenwürmern. Darunter befindet sich ein Enten-Star.

„Nummer 359 ist das“, sagt Philipp Kießlich. Einen Namen hat die weiße Zwergente, die keine 1.000 Gramm auf die Waage bringt, nicht. Das ist in Züchterkreisen wohl weniger üblich. Der Minivogel hat Philipp Kießlich den Titel „Oberlausitzer Champion 2023/24“ bei der 69. Oberlausitzer Rassegeflügelschau zum Jahresanfang in Schönbach eingebracht. Da waren fast 100 Aussteller mit rund 1.800 Tieren vertreten. „Eine solche Auszeichnung zu bekommen, war schon immer mein großer Traum“, freut sich der 30-Jährige. Nun hat das geklappt, die Auszeichnung in Form einer Fahne aus Samt in den Farben der Oberlausitz wird einen Sonderplatz in der Wohnung einnehmen.

Eine besondere Auszeichnung für den Zuchterfolg, über die sich der 30-Jährige sehr freut.
Eine besondere Auszeichnung für den Zuchterfolg, über die sich der 30-Jährige sehr freut. © Constanze Junghanß

33 Zwergenten, dazu Hühner und Kaninchen haben auf dem 2.500 Quadratmeter großen Grundstück in Markersdorf viel Bewegungsfreiheit. Den Tieren geht es richtig gut mit Wannen, Unterkünften und Gras. Der Platz wird nur nach oben eingeschränkt, damit die Enten nicht stiften gehen. Die sind zwar standorttreu, können aber fliegen. Und eingezäunt sind die Abteilungen gleichfalls. Durch den Fuchs hatte Philipp Riedel vor längerer Zeit viele Tiere eingebüßt. Seitdem ist der Zaun bis ins Erdreich eingegraben.

Das Züchten habe ihm offenbar der Großvater in die Wiege gelegt, sagt er. Auch wenn Philipp Kießlich den Opa nicht kennenlernen konnte, zeugen dessen Zuchterfolge und Auszeichnungen von der Familientradition. Vater Andreas Kießlich, der viele Jahre im Dorfmuseum und jetzt auf dem Markersdorfer Friedhof arbeitet, verschrieb sich gleichfalls der Geflügelzucht.

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Sohn Philipp schnupperte so von klein auf Ausstellungsluft, fand „das immer faszinierend.“ Vor 18 Jahren kamen dann die weißen Zwergenten ins Spiel. Mit den quirligen Zwergen begann die Zucht und kurz darauf die Mitgliedschaft im Reichenbacher Rassegeflügelzüchterverein, wo ihn der Vereinsvorsitzende Heiner Riedewald fördert. Riedewald verrät gegenüber der Sächsischen Zeitung, dass er hofft, dass Philipp irgendwann sein Nachfolger wird.

Ob der junge Züchter dazu die Zeit hat? Denn auch sein Beruf „ist gleichzeitig mein Hobby“, sagt Philipp Kießlich. Tierwirt hat er gelernt, dazu Wirtschafter für die Landwirtschaft und früher auf der Geflügelfarm in Strahwalde gearbeitet.

Wellness in der Badewanne: Der Züchter hat mehrere Wannen für seine Tiere aufgestellt.
Wellness in der Badewanne: Der Züchter hat mehrere Wannen für seine Tiere aufgestellt. © Constanze Junghanß

Verwirklichen kann er seinen Berufstraum seit sechs Jahren beim Tierpark in Görlitz als Revierleiter des Bauernhofbereichs. „Wir selbst hatten früher neben dem Geflügel auch Schafe und Ziegen, ich bin mit den Tieren aufgewachsen“, erzählt der Markersdorfer. Die Zucht führte er auch im Görlitzer Tierpark ein. Da sind es die Sachsenhühner, die in der Roten Liste der „Gesellschaft alter und gefährdeter Haustierrassen“ vor einigen Jahren noch als „extrem gefährdet“ im Bestand eingestuft wurden.

Bestand an Sachsenhühnern erholt sich wieder

Mittlerweile konnte sich der Bestand ein wenig erholen. Die Sachsenhühner, von denen unter Betreuung von Philipp Kießlich im Tierpark aktuell ein Hahn und vier Hennen sowie Küken leben, wurde 2023 in der Roten Liste heruntergestuft als „stark gefährdete“ Art. Die Erhaltung alter Nutztierrassen trägt zu deren Arterhaltung bei. Durch die Sachsenhühner wurde der Tierpark Mitglied im Reichenbacher Rassegeflügelzuchtverein.

Während Beruf und Hobby für den jungen Mann von Erfolg gekrönt sind, fehlt ihm zum ganz großen Glück noch die richtige Partnerin an seiner Seite. Schön wäre natürlich, wenn eine Frau Verständnis für seine Arbeit, die Freizeitbeschäftigung und Vereinsarbeit mitbringe. Aber selbst in die Geflügelzucht einsteigen brauche sie keinesfalls, sagt er. Für den engagierten Tierfreund würde ein großer Wunsch in Erfüllung gehen, wenn sich in absehbarer Zeit die Richtige an seiner Seite findet.

Ein großer Wunsch ist bereits beim Oberlausitzer Geflügelzüchterverband Wirklichkeit geworden. Dem Verband gehören sieben Kreisverbände mit 63 Vereinen an. Es gebe verstärkten Zulauf, sagt René Hoffmann, der für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Immer mehr Menschen halten vor allem im ländlichen Raum Hühner und Enten zur Selbstversorgung“, hat René Hoffmann beobachtet. Und immer mehr von ihnen zeigten Interesse an der Verbandsarbeit. Neben den Ausstellungen veranstaltet der Verband zum Beispiel das Hähnewettkrähen in Herwigsdorf und führt Züchterwerkstätten mit Wissenswertem rund ums Geflügel durch.

Nächste Termine: 19. Mai, ab 8 Uhr, Herwigsdorf, Blockhütte, Hähnekrähwettbewerb; 2. Juni, ab 10 Uhr, Vereinsheim Herwigsdorf, Thema Rote Liste, Entstehung und Informationen zu verschiedenen Rassen.