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Hitlergruß in Görlitzer Restaurant

Der Staatsschutz ermittelt wegen eines Fotos, das in einem Görlitzer Restaurant entstand. Es ist nur ein Beispiel, wie verfassungswidrige Symbole in den Alltag Einzug halten.

Von Susanne Sodan
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Wegen eines Fotos im Internt ermittelt die Polizei. Rechte Symbolik findet man in Görlitz aber auch auf der Straße.
Wegen eines Fotos im Internt ermittelt die Polizei. Rechte Symbolik findet man in Görlitz aber auch auf der Straße. © Paul Glaser

Die Polizei ermittelt in Görlitz wegen eines Fotos, auf dem ein junger Mann den Hitlergruß zeigt. Entstanden ist das Bild in einem Görlitzer Restaurant.

Zu dem Foto habe das Staatsschutzdezernat der Kriminalpolizeiinspektion Görlitz eine Strafanzeige aufgenommen, teilt Kai Siebenäuger, Sprecher der Polizeidirektion Görlitz mit. Ermittelt wird nun wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Sind die Ermittlungen abgeschlossen, gehen sie zur weiteren Entscheidung an die Staatsanwaltschaft, erklärt Siebenäuger.

Polizei: Kein Kavaliersdelikt

Dabei war der Gegenstand der Ermittlung bislang nur einer begrenzten Zahl von Instagram-Nutzern bekannt. Das Foto wurde SZ-Informationen nach in einer geschlossenen Gruppe veröffentlicht. Aber offenbar nimmt die Polizei die Verbreitung von verfassungswidrigen Inhalten in sozialen Netzwerken ernst. "Das ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn man sich in einer geschlossenen Gruppe wähnt", sagt Kai Siebenäuger. "Erlangen wir Kenntnis von solchen Inhalten, dann wird auch ermittelt und wir gehen entschieden dagegen vor."

Wirt gibt keine Auskunft

Das Bild wurde in einer Görlitzer Gaststätte aufgenommen, es zeigt eine Gruppe junger Männer offenbar in Feierlaune, einer von ihnen zeigt den Hitlergruß. Der Wirt dementiert nichts, bestätigt aber auch nichts - eine Anfrage der SZ, um was für eine Veranstaltung es sich handelte, ob er mitbekam, dass in seinem Restaurant der Hitlergruß gezeigt wurde und wie er sich dazu positioniert, bleibt unbeantwortet.

Hinweise auf rechtes Gedankengut finden sich teils auf den Social-Media-Kanälen der fotografierten Männer. "Es gibt nur noch eines, bestehen und die Treue halten", lautet beispielsweise das Motto von einem von ihnen auf Instagram, geschrieben in einer an die Fraktur angelehnten Schriftform. Nachdem dieser SZ-Beitrag am Dienstagmorgen auf sächsische.de erschienen war, verschwand dieser Spruch. Bei einer anderen Person findet sich auf dem Facebook-Account ein Foto von vor reichlich zwei Jahren mit dem Schriftzug "Blutzeugen 2019". Bei "Blutzeugen" handelt es sich zum einen um eine Rechtsrock-Gruppe, die etwa bei Rechtsrock-Konzerten im thüringischen Themar auftrat. Zum anderen ist es ein Begriff aus der NS-Propaganda, um Nationalsozialisten, die in Zusammenhang mit der Machtergreifung Hitlers umgekommen waren, als Märtyrer darzustellen.

Über das Restaurant, in dem sich der Vorfall zugetragen hat, hatte die SZ zuletzt vorigen Herbst berichtet. Wegen der Frage, warum in dem Restaurant eine Konföderieren-Flagge hängt. Diese stammt aus den USA - und ist auch dort höchst umstritten. Manche sehen sie als Zeichen der Südstaaten-Tradition, manche als Symbol für Rebellentum, der größere Teil aber als Zeichen für Rassismus, spätestens nachdem der Ku-Klux-Klan die Flagge zu einem seiner Symbole gemacht hatte.

Rechtsextreme zog es am Sonntag nach Görlitz

Das Foto zählt zu den vielen Beispielen, wie weit verfassungswidrige Symbole in den Alltag Einzug gehalten haben. Das ist auch bei den Demonstrationen gegen die Corona-Politik in Görlitz festzustellen. So waren bei der Demo am Sonntag beispielsweise wieder Banner und Flaggen der "Freien Sachsen" zu sehen, die Ende voriger Woche vom bundesweiten Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wurden.

Aufgefallen war einigen Beobachtern auch eine Gruppe vermummter junger Männer, die ein Banner mit "Das System ist das Virus" trugen. Dabei handelte es sich um die "Aktionsgruppe Zittau", die bis vor Kurzem zum Beispiel auf ihrem Telegram-Kanal auch Bilder ihrer "Grenzgänge" veröffentlichte. Dabei ging es darum, die Grenze eigenmächtig zu überwachen, als im Winter viele Flüchtlinge über Belarus und Polen nach Deutschland kamen. Auf dem Twitter-Kanal der "Aktionsgruppe Zittau" finden sich zum Beispiel auch Inhalte der "Jungen Nationalisten". So konnte man fast schon das Paar mit seinen Schals in den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot übersehen, das unter anderem eine Flagge mit "Lieber stehend sterben als kniend leben" trug. Die Reichsfarben an sich sind nicht verboten, werden damit aber seit Jahren immer stärker genutzt im rechtsextremen Spektrum.

Auch Querdenker waren am Sonntag vertreten. So etwa Marcus Fuchs, Kopf der Dresdner Gruppe Querdenken 351, ebenso weitere Akteure aus der überregionalen Szene der Corona-Gegner.

Selbst in USA ist das Protest-Klientel bekannt

Viele dieser rechtspopulistischen oder sogar rechtsextremen Protagonisten sind der Mehrheit der Demo-Teilnehmer nicht bekannt, sodass sie sich im Nachhinein gegen Presseveröffentlichungen wehren, dass sie mit Rechtsextremisten zusammen auf die Straße gegangen seien. Doch zeigt der Sonntag in Görlitz, wie leicht das eben tatsächlich der Fall ist.

Unter der Überschrift "Democracy dies in Darkness" - "Die Demokratie stirbt in Dunkelheit" berichtet die Wahington Post über die Unterwanderung der Corona-Protste durch Rechtsextreme.
Unter der Überschrift "Democracy dies in Darkness" - "Die Demokratie stirbt in Dunkelheit" berichtet die Wahington Post über die Unterwanderung der Corona-Protste durch Rechtsextreme. © Screenshot Washington Post

Auf der anderen Seite ist längst über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt, welches Klientel sich unter die Corona-Protestler in Ostsachsen gemischt hat. Stolz teilte Frank Liske, Anmelder der Görlitzer Montagsdemos, am vorigen Montag seinen Anhängern mit, Görlitz sei jetzt auch in den USA bekannt. Weil die US-Tageszeitung Washington Post über die Montagsdemos berichtet habe. Tatsächlich geht es im Beitrag um Bautzen, allerdings auch um die "Freien Sachsen". Schmeichelhaft ist das Bild nicht, das die Washington Post zeichnet. Die Überschrift lautet: "Im Osten Deutschlands fassen Rechtsextremisten bei eskalierenden Anti-Impf-Protesten Fuß".